Taktik-Check: So könnte die Strategie des FC Bayern München für den Klassiker aussehen
Am 27. Spieltag kommt es wieder zum Klassiker in der Bundesliga. Der FC Bayern München trifft auf Borussia Dortmund. Im Voraus blicken wir auf die taktischen Ausrichtungen beider Teams. Wie funktioniert das Spiel von Thomas Tuchels FCB?
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Der FC Bayern München hatte gegen den Sport-Club Freiburg große Probleme mit dem gewohnten Aufbau aus einer Viererkette und stellte daher zur Pause um - fortan ließ sich Leon Goretzka im Spielaufbau links in eine Dreierkette fallen. Das funktionierte nicht nur gegen die Breisgauer gut, sondern entwickelte sich in den vergangenen Spielen zur Standard-Variante des Spielaufbaus der Mannschaft von Thomas Tuchel. Dabei glänzte vor allem Goretzka in dieser neuen Rolle, da er immer wieder andribbeln darf und aus der Tiefe das Spiel eröffnen kann.
Derweil glänzte Youngster Aleksandar Pavlović durch seine starke Zentrumsbesetzung - mit einer Leistung unter Gegnerdruck von 70 Prozent behaupteten Bällen ist er der beste Spieler der Bayern und auch besser als jeder Spieler von Klassiker-Gegner Borussia Dortmund. Der 19-Jährige ist wichtig für diese Struktur - und behauptet sich stark im Sechser-Raum.
In der Offensive schieben beide Außenverteidiger weit hoch. Dabei agieren die Defensvispieler meist als Breitengeber auf dem Flügel und lassen sich situativ in den Aufbau zurückfallen. Der nominelle Zehner, zuletzt immer Thomas Müller, rückt neben Stürmer Harry Kane in einen Doppelangriff.
Die beiden nominellen Flügel Jamal Musiala und Leroy Sané - beide gelernte Zehner - agieren gerne vom Flügel ins Zentrum und kommen somit perfekt in die Halbräume. Benötigen die Bayern zudem die Besetzung des zentralen Spielfeldbereichs, können sich Kane oder Müller fallenlassen. Dadurch entsteht eine sehr gute Besetzung des Angriffs - und jeweils Trios auf den Flügeln, die hervorragend miteinander kombinieren können.
Deshalb ist das 3-1-4-2 so stark
Der Vorteil diese Aufbaus ist deutlich: Presst der Gegner mit einer Doppelspitze, haben die Münchner trotzdem die personelle Oberhand und können sich rauskombinieren. Zieht sich der Gegner jedoch zurück und attackiert nur mit einer Spitze, wie es der Sport-Club getan hat, kann einer der Halbverteidiger mit dem Ball andribbeln und das Spiel eröffnen.
Die Wunsch-Situation lässt sich beispielsweise im vergangenen Bundesliga-Spiel des FCB gegen den SV Darmstadt 98 hervorragend beobachten: Goretzka dribbelt halblinks an, überläuft einen Verteidiger und kreiert eine Situation, in der niemand ihn anlaufen kann, weil er durch die Dreiecksbildung vor ihm - mit Goretzka ergibt es eine Raute - immer eine Anspielstation zum Kombinieren findet. Will der Lilien-Verteidiger den Pass steil durch die Mitte abfangen, den Goretzka am Ende spielt, müsste er vor den Angreifer - dadurch eröffnet sich Goretzka der tiefe Pass.
Schafft es Goretzka nicht, seinen Gegenspieler zu überlaufen, kommt der Außenverteidiger entgegen - und es entsteht viel Bewegung im Offensivspiel der Bayern. Kommt der Linksverteidiger entgegen, zieht er den gegnerischen Außenverteidiger aus der Kette. Dann kann der linke Stürmer - im untenstehenden Beispiel Kane - den Innenverteidiger zur Seite herausziehen und der linke Zehner bekommt viel Raum für einen Lauf in die Tiefe.
Der FC Bayern bestraft defensives Verlagern
Die logische Antwort der Verteidiger scheint zu sein, Spieler zu verlagern - wird die eine Hälfte des Spielfelds attackiert, müssen dort mehr Spieler aushelfen. Doch dann kommt Pavlović ins Spiel: Der Sechser ist so gut darin, anspielbar zu sein und dem Druck standzuhalten, dass er die perfekte Verbindung für beide Spielfeldhälften darstellt. Die Bayern attackieren den Flügel und verlagern auf die andere Seite.
Ein tolles Beispiel, wie schon der kleinste Fehler der Verteidigung ausgenutzt werden kann, zeigte sich direkt gegen Freiburg: Eric Dier, in diesem Spiel als rechter Innenverteidiger aufgestellt, dribbelte auf dem Flügel an und zog dadurch den gegnerischen Mittelstürmer aus der Position. Der sollte jedoch eigentlich Bayerns Sechser decken, weshalb der nächste Spieler auf Pavlović verschieben musste. Der 19-Jährige behauptete den Ball und legte den Ball zurück in die Innenverteidigung zu Goretzka (hier noch übergangsweise als zentraler Dreierketten-Aufbauspieler unterwegs). Ein Foulspiel von Freiburgs Roland Sallai an Pavlović sollte das Spiel aufhalten, doch Goretzka führte den Freistoß schnell aus, verlagerte auf den linken Flügel und dort entstand der Raum, den Musiala für sein starkes Dribbling zum 2:1-Führungstor nutzte.
Gegen den Ball: Kompaktes 4-4-2
Doch auch in der Arbeit gegen den Ball hat Thomas Tuchel zuletzt etwas umgestellt. Immer häufiger ziehen sich Spitzenteams gegen den Ball in ein 4-4-2 zurück, machen die Räume eng und kompakt und pressen aus diesem System heraus. Das war auch beim FCB schon in der Hinrunde immer häufiger zu sehen, mittlerweile ist es aber die bevorzugte Art, gegen den Ball zu spielen.
Der Vorteil dieses Systems für den FCB, unabhängig von der neu gewonnenen Kompaktheit, die zuletzt immer wieder etwas fehlte, ist vor allem die Position von Thomas Müller. Der Routinier ist sehr gut in der Arbeit gegen den Ball und agiert häufig als Pressing-Koordinator in vorderster Reihe. Dort kann sowohl Kane neben als auch Musiala und Sané hinter ihm die Signale sehen, während er aus zurückgezogener Position immer über Worte kommunizieren musste. Das funktioniert in lauten Stadien oft nur schlecht - und dürfte auch im Klassiker schwer durchzusetzen sein.
Herausforderungen durch Borussia Dortmund
Der BVB wird voraussichtlich ebenfalls aus einem 4-2-3-1 starten, agiert mit Ball aber aus einem 4-1- oder einem 3-2-Aufbau. Spielt Dortmund den 4-1-Aufbau, dürfte das flache 4-4-2 dagegen hervorragend funktionieren und das Mittel der Wahl sein. Dabei rücken die Flügelspieler auf Dortmunds Außenverteidiger.
Taktik-Check: So will der BVB den Klassiker gewinnen
Wechselt der BVB jedoch zum 3-2-Aufbau, ist das Zentrum der Bayern zu schwach und die doppelte Besetzung des Flügels gegen einzelne Flügel der Dortmunder nicht notwendig. Thomas Tuchel muss sich also einen Plan überlegen, wer das Zentrum füllt. Möglich wäre, dass der ballferne Flügelspieler immer einrücken soll. Der ballnahe Flügelspieler unterstützt dann im Anlaufen der Dreierkette. Doch das ist nur eine von vielen Möglichkeiten, um auf die bekannten Herausforderungen durch die Taktik von Edin Terzić zu reagieren. Dann kommt es darauf an, welcher Trainer mehr Ideen hat - und wie gut die Spieler sie umsetzen.
Niklas Staiger
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