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xGoals machen deutlich: Robert Lewandowski ist sehr effizient vor dem Tor - © Frank Hoermann/SVEN SIMON via www.imago-images.de/imago images/Sven Simon
xGoals machen deutlich: Robert Lewandowski ist sehr effizient vor dem Tor - © Frank Hoermann/SVEN SIMON via www.imago-images.de/imago images/Sven Simon
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xGoals und Torwahrscheinlichkeit: Was ist das eigentlich?

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Simon Rolfes ist Direktor Sport bei Bayer 04 Leverkusen, hat zwischen 2005 und 2015 insgesamt 288 Bundesliga-Spiele bestritten und trug 26 Mal das Trikot der deutschen Nationalmannschaft. An dieser Stelle schreibt er wöchentlich über die neuen, innovativen Bundesliga Match Facts powered by AWS, die ihr während der Spiele sehen könnt.

Von Simon Rolfes

Fans und Zuschauer der Bundesliga sind erstmals am 28. Spieltag der vergangenen Saison mit dem Thema "Expected Goals", kurz auch "xGoals", konfrontiert worden. Während der Spiele im TV und in den Livetickern werden x-Goals-Werte errechnet und nach Toren auch immer eine dazu gehörige Torwahrscheinlichkeit gezeigt. Für viele Zuschauer – das habe ich schnell bemerkt – ist das erst einmal ungewöhnlich und auf den ersten Blick vielleicht auch ein wenig kompliziert. Also: Welchen Mehrwert bieten mir diese xGoals überhaupt?

Kurz gesagt lässt sich damit die Effizienz eines Spielers oder einer Mannschaft beim Torabschluss messen. xGoals können aber auch den Spielverlauf und die Torchancen einer Mannschaft sehr gut widerspiegeln.

Was ist der Unterschied zwischen Torwahrscheinlichkeit und xGoals?

Zunächst einmal müssen wir zwischen Torwahrscheinlichkeit und xGoals unterscheiden: Dabei ist die Torwahrscheinlichkeit die Basis für die xGoals. Sie wird neuerdings bei jedem Torschuss in der Bundesliga als prozentualer Wert errechnet. Viele Faktoren fließen in die Berechnung mit ein: Wie weit ist der Abstand zum Tor? Wie ist der Winkel beim Schuss? Wie viele Gegenspieler üben Druck auf den Schützen aus? Wie hat sich der Torhüter positioniert? Mit welcher Geschwindigkeit ist der Schütze unterwegs? Schließt er mit dem Fuß oder per Kopf ab?

Die Qualität des Spielers hat übrigens keinerlei Einfluss darauf. Ob es sich bei dem Schützen um Robert Lewandowski oder um einen Hobbykicker handelt, spielt für die Torwahrscheinlichkeit überhaupt keine Rolle. Erst bei der Verwertung der Chancen spielt die individuelle Klasse der Spieler dann eine Rolle.

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Logisch: Ein Distanztreffer aus spitzem Winkel unter Gegnerdruck hat eine deutlich geringere Torwahrscheinlichkeit als ein Abstauber vor leerem Gehäuse. Das einfachste Beispiel ist der Strafstoß, weil er exakt unter gleichen Bedingungen immer wieder vorkommt. Hier beträgt die Torwahrscheinlichkeit immer 77 Prozent: Bei einem Torschuss aus elf Metern ohne Gegnerdruck und einem Winkel von 37 Grad zum Pfosten landen erfahrungsgemäß 77 von 100 Versuchen im Tor. Berechnet wird dieser Wert übrigens von einem "Machine Learning Algorithmus", also einer künstlichen Intelligenz, die auf der Erfahrung von über 40.000 Torschüssen aufbaut.

Bayern ist mit Abstand die effizienteste Mannschaft vor dem Tor

Im Vergleich zur Torwahrscheinlichkeit wird der xGoals-Wert nicht in Prozent angegeben, sondern liegt immer zwischen 0 und 1 – bei einem Elfmeter beträgt er also 0,77. Die xGoals-Werte einer Mannschaft oder eines einzelnen Spielers werden nun zusammengerechnet. Aus dieser Summe lässt sich dann eine statistische Aussage treffen, wie viele Tore eine Mannschaft oder ein Spieler – gemessen an den Torabschlüssen – hätte schießen müssen. xGoals-Werte lassen sich übrigens für Teams und Spieler innerhalb einer Partie berechnen, aber auch für die bisherige Saison.

Ein Beispiel: Der FC Bayern München kommt in der laufenden Bundesliga-Spielzeit auf einen xGoals-Wert von 20,2. Die Mannschaft von Hansi Flick hat aber schon 34 Treffer erzielt und damit fast 14 Tore mehr, als durch ihre Abschlüsse zu erwarten gewesen wären. Diese hohe positive Diskrepanz zwischen xGoals und tatsächlichen Toren ist mit großem Abstand Bestwert in der Bundesliga. Oder mit anderen Worten: Die Bayern treffen auch aus nahezu unmöglichen Situationen.

xGoals: Hier wird die Klasse von Lewandowski deutlich

Und natürlich lässt sich dieses Phänomen auch personalisieren: Robert Lewandowski steht 2020/21 aktuell bei 6,8 xGoals – knapp sieben Tore wären demnach von ihm zu erwarten gewesen. Getroffen hat der Pole aber schon zwölf Mal. Kein Wunder, steht er einmal mehr an der Spitze der Torjägerliste. Aber auch unser Leverkusener Mittelstürmer Lucas Alario hat sich in Sachen Effizienz zuletzt in den Fokus gespielt. Auf 2,8 xGoals kommen bei ihm sieben Treffer. Das ist ligaweit immerhin der zweitbeste Wert in Sachen Effizienz. Mich überrascht das eigentlich nicht, denn man sieht in jedem Training, was für eine Maschine Lucas vor dem Tor ist.

Übrigens: Auch wir bei Bayer Leverkusen schauen uns immer unsere xGoals an. Die Werte lassen gute Rückschlüsse auf unsere Entwicklung im Offensivspiel zu. Für uns ist es grundsätzlich erst einmal gut, im Vergleich zum Gegner einen hohen xGoals-Wert zu haben. Denn das bedeutet: Wir haben uns viele Chancen herausgespielt. Wenn wir dabei auch noch sehr effizient waren und öfter getroffen haben, als es der Wert angibt, umso besser! Aber auch für Fans und Zuschauer spiegeln die xGoals ziemlich gut den Spielverlauf einer Partie wider, was sich mit anderen Statistiken wie Ballbesitz, Torschüsse oder Zweikampfverhalten vielleicht nicht immer so gut abbilden lässt.

Dass wir im Moment mit Leverkusen auf dem 2. Tabellenplatz stehen, liegt zu einem großen Teil an unseren Qualitäten vor dem Tor: 14,2 Treffer wären laut xGoals in dieser Saison von uns zu erwarten gewesen – 19 haben wir geschossen. Wenn wir diese Effizienz auf Dauer halten können, wird es sicher noch eine spannende Saison.

Leverkusens Lucas Alario hat mehr Tore geschossen, als von ihm laut xGoals zu erwarten war - Simon Hofmann/Bundesliga/Bundesliga Collection via Getty Images