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Jubel vor leeren Rängen: Die Spieler des VfL Bochum feiern einen Treffer - © Christof Koepsel/Getty Images
Jubel vor leeren Rängen: Die Spieler des VfL Bochum feiern einen Treffer - © Christof Koepsel/Getty Images
2. Bundesliga

Nach elf Jahren: Der VfL Bochum 1848 steht vor der Rückkehr in die Bundesliga

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Nach elf Jahren Abstinenz steht der VfL Bochum 1848 vor der Rückkehr in die Bundesliga. In der Ruhrgebiets-Stadt löst das Euphorie aus.

Wer den VfL Bochum kennt, ist mit dem Umfeld des Traditionsvereins gemeinhin vertraut. Rund um die Castroper Straße geht es zuweilen familiär zu. Im Schatten der Revier-Giganten Borussia Dortmund und Schalke 04 fristet der Verein ein weitaus persönlicheres, dafür aber nicht minder emotionales Dasein.

Und wer den VfL Bochum kennt, der kennt außerdem - spätestens seit dem 29. Spieltag - auch die Stimme von Günther Pohl, dem höchst emotionalen und dem VfL eher stark zugewandten Kommentator des lokalen Radios. Dessen Gefühls-Explosion nach dem 4:3 der Bochumer in der Nachspielzeit der dramatischen Partie gegen Hannover 96 war nicht nur amüsant mitzuhören, sie verdeutlichte darüber hinaus in besonderer Weise die grenzenlose Euphorie, die die wohl bevorstehende Rückkehr in die Bundesliga bei einem nicht unerheblichen Teil der gut 360.000 Einwohner auslöst. Auch bei denen, deren Trumpf für gewöhnlich die Neutralität ist.

„Mein Puls ist auf 200! Sag mal zwei Sätze, damit ich Luft holen kann“, japste Günther Pohl, ans Studio gerichtet, in sein Mikrophon, während Torschütze Robert Tesche (33) nach seinem späten Tor einen Salto drehte. Der Routinier hatte zwei Treffer beigesteuert - und wohl einen ganz besonders wichtigen Sieg ermöglicht.

Das Restprogramm aller Clubs

Beim souveränen 2:0-Erfolg in Heidenheim war Tesche übrigens gleich wieder als Torschütze erfolgreich, der VfL festigte den Platz an der Spitze.

Ein Macher des Erfolgs: VfL-Trainer Thomas Reis - TEAM2sportphoto/Weis via www.imago-images.de/imago images/Team 2

Elf Jahre nach dem Abstieg aus der Bundesliga und zehn Jahre nach dem bisher letzten Versuch, ins Oberhaus des deutschen Fußballs zurückzukehren, ist der VfL wieder da und hat als Tabellenführer nun beste Chancen auf den Aufstieg. Unverhofft, aber dafür mit den Tugenden, die eine Spitzenmannschaft ausmachen.

Etwas verklausuliert drückte es Trainer Thomas Reis, Architekt dieses Erfolges, nach dem dramatischen Ende des Hannover-Spiels aus: „Wenn man in der Tabelle oben steht, gewinnt man eben auch mal solche Spiele. Für die Zuschauer war es sicherlich interessant, ich bräuchte es aber nicht jede Woche.“ Einen Meilenstein auf dem Weg zum Aufstieg wollte Reis in der Partie nicht erkannt haben.

Die Rekorde der 2. Bundesliga

Die Bochumer haben jedoch mehrmals bewiesen, dass sie in der Lage sind, solche Spiele zu gewinnen. Zur Wahrheit gehört jedoch auch: In den Spielzeiten zuvor fehlte es an eben dieser Qualität. Doch in der Corona-Zwangspause muss etwas passiert sein, das aus dem einstigen Sorgenkind einen veritablen Aufstiegsaspiranten gemacht hat.

Das Team fand stets Antworten und Lösungen, wenn es mal nicht so lief wie gewünscht. Und das aus eigener Kraft, denn das sonst unterstützende Publikum konnte dem VfL in schwierigen Situationen nicht helfen. „Zur Not“ trafen die Bochumer nach ruhenden Bällen, nach Rückständen kämpften sie sich zurück ins Spiel. Und wenn es turbulent, eng oder gefährlich wurde, spielten Routiniers wie Tesche, Kapitän Anthony Losilla oder die bundesligaerfahrenen Offensivkräfte Danny Blum und Simon Zoller ihre Fähigkeiten aus.

Einen erheblichen Unterschied im Vergleich zu den Vorjahren aber war die Konstellation des Teams, und auch die des Teams um die Fußballer herum. Tauschte der VfL in den vorangegangenen Spielzeiten mit verlässlicher Regelmäßigkeit seinen halben Kader aus und ließ auch Stammkräfte ziehen, konnte im Sommer des vergangenen Jahres nahezu das komplette Personal gehalten werden. Auch der bei einigen Bundesligisten begehrte Linksverteidiger Danilo Soares entschied sich für einen Verbleib an der Castroper Straße. Und das, obwohl sein Vertrag eigentlich ausgelaufen war. Die Spieler, die die Bochumer zuvor geholt hatten, konnten sich in Ruhe etablieren, fanden ihre jeweilige Rolle und machten aus dem Revierclub ein Spitzenteam.

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In der Bundesliga, das dürfte einleuchten, würde die Rückkehr des einst als „Graue Maus“ betitelten Vereins für große Freude sorgen. Insbesondere bei den nordrhein-westfälischen Teams, die sich nach dem wahrscheinlichen Abstieg des FC Schalke 04 nicht zwingend auf längere Fahrtzeiten einstellen müssen.

Doch das ist zunächst einmal Zukunftsmusik. Noch ist der Aufstieg nicht in trockenen Tüchern, Konkurrenten wie Holstein Kiel oder der Hamburger SV haben noch ausstehende Nachholspiele zu absolvieren und könnten dem VfL genauso wie der derzeitige Tabellenzweite SpVgg Greuther Fürth noch einmal gefährlich nah kommen.

Die aktuelle Tabelle der 2. Bundesliga

Für den Augenblick darf die Ruhrgebiets-Stadt genießen, auch wenn – sollte es dann wirklich so weit sein – eine große Aufstiegsparty nicht möglich ist. Und so gab Radio-Mann Günther Pohl einen Ratschlag für eine corona-konforme Feier. Als sich sein Puls wieder im gemäßigten dreistelligen Bereich eingependelt hatte, kündigte er euphorisch an: „Die einzige Kontaktperson, die ich heute in meiner Wohnung habe, wird eine teure Flasche Weißwein sein.“

Routinier Robert Tesche feiert sein Tor zum 4:3 gegen Hannover - Christof Koepsel/Getty Images