
Hamburg siegt im Nordderby: Glück auf den ersten Kontakt
Ein gebürtiger Hamburger gewinnt sein erstes Nordderby als Cheftrainer, ein Innenverteidiger sorgt mit einem skorpionartigen Hacken-Tor für einen der Momente der Saison – und ein Joker schießt den HSV zum Sieg: Das 3:2 gegen Werder Bremen war für den HSV mehr als nur ein Erfolg. Es war ein emotionaler Befreiungsschlag, ein Statement und ein Abend, den Fans und Mannschaft nicht so schnell vergessen werden.
Für Merlin Polzin war dieses Nordderby ein persönliches Kapitel in Blau-Weiß-Schwarz. Ein Hamburger, an der Seitenlinie seines Herzensvereins – und dann direkt ein Sieg gegen den Erzrivalen. "Absolut unfassbar, was hier heute passiert ist", sagte Polzin, "nicht nur die Leistung meiner Mannschaft, sondern auch das Drumherum. Das war definitiv ein Tag, den wir noch sehr lange in Erinnerung behalten werden."
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Sein Hamburger SV zeigte im Volkspark eine leidenschaftliche Performance, lief zwei Kilometer mehr, gewann 59 Prozent der Zweikämpfe, hatte mehr Ballbesitz und die besseren Chancen. Polzin sah in der Leistung auf und neben dem Platz etwas ganz besonderes: "Wir haben gezeigt, dass wir zuhause eine Energie schaffen können, die uns über schwere Phasen hinwegträgt."
Dabei stand für ihn aber nicht nur das Erbenis im Vordergrund: "Es geht darum, diese Emotionen zuzulassen. Es ist etwas Besonderes, so ein Derby zu spielen – und dann auch zu gewinnen." Der Empfang der Fans, die Choreografie vor Anpfiff, die Wucht – all das war Teil des Erfolgsrezepts im Volksparkstadion. Besonders die gezeigte Euphorie der Fans weit vor dem Spiel sei etwas gewesen, "was nochmal den Extra-Push geben kann", so Polzin.
Der gebürtiger Hamburger gewinnt sein erstes Nordderby
Dass Polzin gerade dieses Spiel gewann, machte es für den Cheftrainer besonders. Seit sieben Jahren hatte der HSV kein Bundesliga-Nordderby mehr gewonnen – jetzt gelang es ausgerechnet einem Trainer, der den Verein aus seiner Kindheit kennt. "Wir haben uns gesagt: Wir wollen den HSV in der Liga halten – und dafür brauchen wir unser Volksparkstadion", beschwor Polzin die Heimstärke seines Teams
Auch Werders Trainer Horst Steffen musste so letztlich die Leistung des großen Rivalen anerkennen: "Der HSV hatte mehr Ballbesitz und mehr vom Spiel. Am Ende haben sie verdient gewonnen."
"Ich freue mich riesig"
Der Moment des Abends gehörte Luka Vušković. Der erst 18 Jahre junge Innenverteidiger verwandelte eine Freistoßflanke von Fábio Vieira per Skorpion-Kick - ein Tor, das es in der Bundesliga so zuletzt von Valentino Lazaro gab. "Das war unglaublich – vor allem hier zuhause vor unseren Fans." Seine Familie war im Stadion, auch sein Bruder Mario Vušković. "Es war ein großartiges Gefühl für mich – und auch für meinen Bruder."
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Mario Vušković, der noch bis September 2026 dopinggesperrt fehlt und vor seiner Sperre ebenfalls die Nummer 44 trug, jubelte auf der Tribüne mit seinem jüngeren Bruder. Polzin erklärte, warum der Treffer emotional noch größer war: "Mario Vušković wird immer ein Teil des HSV bleiben. Umso schöner, dass Luka ihm heute diesen Moment bereiten konnte."
Bei seinem technischen komplizierten Treffer könnte Teqball - Fußball-Tischtennis auf einer gewölbten Platte - eine Rolle gespielt haben, glaubt Luka: "Ich spiele fast jeden Tag mit Remberg – vielleicht liegt es daran." Der wiederum war sprachlos: "Ich konnte gar nicht jubeln, weil ich es nicht fassen konnte. Der ist gezüchtet", meinte Nicolai Remberg scherzhaft über das mögliche Top-Tor der Saison von seinem Teamkollegen.

Kapitän, Joker, Siegtorschütze
Weil Werder durch den gebürtigen Hamburger Justin Njinmah unmittelbar nach dem Vušković-Tor ausgeglichen hatte, benötigte der HSV noch einmal das hervorragende Händchen von Polzin, der Yussuf Poulsen nach seinen muskulären Problemen in der Vergangenheit erst in der 82. Minute einwechselte. Zwei Minuten später erzielte er mit seinem ersten Kontakt den Siegtreffer.
"Es konnte gar nicht besser laufen", sagte Poulsen. "Gestern hat mir der Video-Analyst gesagt, dass Bremen die einzige Bundesliga-Mannschaft ist, gegen die ich noch nicht getroffen habe – deswegen war es heute Zeit." Gegen seinen Ex-Club RB Leipzig traf er übrigens auch noch nicht, könnte das aber am 24. Spieltag noch ändern.
Miro Muheim, der die Vorlage zum Siegtreffer gegeben hatte, hatte ebenfalls zunächst auf der Bank Platz genommen, weil "ein, zwei Dinge vorgefallen sind, die nicht so passend waren", wie Polzin erklärte. Umso erfreuter war Polzin, wie Muheim mit der Situation umgegangen ist: "Er hat eine sehr gute Reaktion vor dem Spiel gezeigt und auf dem Platz heute eine umso bessere."
"Die Spiele, warum du als kleiner Junge angefangen hast"
Für den HSV war es ein Sieg, der trägt, der Mut macht, der zeigt, dass die Mannschaft bedingungslos an einem Strang zieht und dass auf die HSV-Fans Verlass ist. Remberg brachte es auf den Punkt: "Genau das sind die Spiele, warum du als kleiner Junge angefangen hast."
Der HSV hat das Nordderby nicht nur gewonnen – er hat es erlebt. Und mit Polzin, Vušković und Poulsen gleich drei neue Derby-Helden hervorgebracht.
Friedemann Goertz
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