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Philipp Lutz (l.) und Leif Tönnies (r.) lieferten am 33. Spieltag der 2. Bundesliga eine großartige Reportage ab
Philipp Lutz (l.) und Leif Tönnies (r.) lieferten am 33. Spieltag der 2. Bundesliga eine großartige Reportage ab

Gelungenes Reportage-Experiment bei St. Pauli - Fürth

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Fürth - Seit Jahren gibt es eine treue Gemeinde blinder oder sehbehinderter Fußballfans, die regelmäßig ins Stadion gehen. Wie sehende Menschen lieben sie es, Fußball live zu erleben. Das Gänsehautgefühl, wenn die Fans der Heimmannschaft die Namen ihrer Spieler im Zusammenwirken mit dem Stadionsprecher skandieren, das Bewusstsein, sich mit Menschen zu treffen, die die gleiche Leidenschaft teilen oder auch den Geruch von Bratwurst und Bier, der in der Luft liegt.

Feuerprobe für Reportage nach Ballbesitz

Um Menschen mit Sehbehinderung und blinden Menschen dieses Erlebnis zu ermöglichen gibt es - unterstützt von der DFL - die Blindenreporterinnen und Blindenreporter, die das Geschehen auf dem Rasen und im Stadion live beschreiben. Dabei haben die Reporterinnen und Reporter die Aufgabe, das Geschehen möglichst bildhaft zu beschreiben, so dass bei den Nutzerinnen und Nutzern ein "Kino im Kopf" entsteht. Diese Bilder sollen ihnen ermöglichen, sich selbst ein Urteil zu bilden, was gerade im Stadion geboten wird. Entwickelt sich ein spannendes, temporeiches Spiel, gibt es eine tolle Choreografie oder wird es hitzig und es kommt zu Rudelbildungen auf dem Platz? All dies muss ein Blindenreporter facettenreich schildern.

Einmal im Jahr lädt die DFL zu einem gemeinsamen Seminar aller Sehbehindertenreporter. Auf diesem Seminar stellte Wolf Schmidt – langjähriger Blinden- und Fanradioreporter des FC St. Pauli - auch seine Idee der "Reportage nach Ballbesitz" vor. Dabei wechseln sich die Reporter nicht nach einem festgelegten Zeitfenster oder Spielunterbrechungen ab, sondern der Wechsel am Mikrofon wird durch die Mannschaft bestimmt, die gerade im Ballbesitz ist. Bei dieser Methode ist es natürlich hilfreich, wenn man einen Reporter der gegnerischen Mannschaft an seiner Seite hat.

Diese Gelegenheit ergab sich beim letzten Heimspiel des FC St. Pauli gegen die SpVgg Greuther Fürth. Da Auswärtsspiele bei St. Pauli immer eine Reise wert sind, begleitete eine Gruppe blinder und sehbehinderter Fans ihr Team nach Hamburg, um das Spiel gemeinsam mit blinden und sehbehinderten Anhängern des FC St. Pauli live im am Millerntor zu verfolgen. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit den sehbehinderten Fans von St. Pauli ging es dann ins Stadion, wo ein weiterer Höhepunkt auf die Fans wartete: die ballbesitzorientierte Reportage. Dabei liefen die beiden jüngsten Reporter der Liga zu hochform auf. Philip Lutz (16) aus Fürth und Leif Tönnies (17) vom FC St. Pauli zauberten den Hörern eine Reportage aufs Ohr, die es in sich hatte.

Das von Wolf Schmitt entwickelte Prinzip der Reportage nach Ballbesitz war genau ihr Ding. Die anfangs befürchteten Schwierigkeiten durch die bei Fehlpassstafetten oder Mittelfeldgeplänkel nicht klar abzugrenzenden Übergänge meisterten sie mit Bravour, denn nur bei klarem Ballbesitzwechsel übernahm der Partner die Reportage. Für den Hörer bekam das Spiel eine unglaubliche Dynamik und Tiefe.

Gemeinsame Rückfahrt mit der Mannschaft

Durch die Nennung des Namens des jeweils ballführenden Spielers in der Kombination mit der Verortung des Balls auf dem Spielfeld waren die Hörer bestens im Bilde über das Geschehen auf dem Rasen. Durch die leichte Sprachfärbung der Beiden, Leif als Nordlicht und Philipp als Franke, waren die Stimmen auch sehr gut voneinander zu unterscheiden.

Ein rundum gelungenes Treffen von sehbehinderten und blinden Fußballfans aus zwei entgegengesetzten Ecken Deutschlands, mit einer faszinierenden Reportage zweier Spielbeschreiber, die die Idee der Reportage nach Ballbesitz eindrucksvoll umsetzten. Für die Fürther Fans gab es nach dem Spiel übrigens noch einen weiteren Höhepunkt. Der Bus der Fürther Mannschaft hatte einen Defekt und so musste der Profikader die Heimreise gemeinsam mit den Anhängern im Zug antreten. Fünf Stunden Zeit für die blinden und sehbehinderten Fans, endlich mal alle Fragen an die Spieler zu stellen, die ihnen schon immer auf dem Herzen lagen. Und die Spieler beantworteten alle Fragen geduldig und sorgten für den perfekten Ausklang einer fantastischen Auswärtsfahrt.

Klaus Lutz, Blindenreporter SpVgg Greuther Fürth

Die Reportage ist im Netz nachhörbar auf http://www.fcstpauli-afm.de/afm-radio