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Taktik-Check: Was macht Bayer 04 Leverkusen unter Xabi Alonso so stark?

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Bayer 04 Leverkusen geht auch in die dritte Länderspielpause dieser Saison als Tabellenführer, befindet sich nach elf Spieltagen zwei Punkte vor dem FC Bayern München – das einzige Team, gegen das es in dieser Spielzeit "nur" remis gespielt hat. bundesliga.de analysiert in seinem Taktik-Check diesmal, was Trainer Xabi Alonso richtig macht.

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Alonso hatte im Oktober 2022 die Nachfolge von Gerardo Seoane angetreten, es handelt sich also um seine erste volle Saison als Leverkusener Trainer. In der letzten Transferperiode baute der Spanier seine Mannschaft mit Sportdirektor Simon Rolfes seinen Wünschen entsprechend um: mit den Neuzugängen Granit Xhaka, Alejandro Grimaldo, Victor Boniface und Jonas Hofmann, die sich alle ohne Anlaufzeit perfekt in seine bevorzugte 3-4-2-1-Formation einfügen konnten.

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Ein System, in dem jeder weiß, was er zu tun hat

Auf diese Formation setzte Alonso in diesem Spieljahr bislang in jeder Bundesliga-Partie. Vor Torwart Lukáš Hrádecký verteidigen drei Spieler im Abwehrzentrum, unterstützt von zwei zentralen Mittelfeldakteuren mit Xhaka und Argentiniens Weltmeister Exequiel Palacios.

Grimaldo besetzt den linken Flügel und Jeremie Frimpong den rechten, wobei das Duo auf den Seiten sowohl die defensiven als auch die offensiven Aufgaben übernimmt. Hofmann und Florian Wirtz machen als Doppelzehn hinter Torjäger Boniface das Spiel.

Dynamisch mit und ohne Ball

Die Realformationen von Bayer 04 beim 4:0 gegen den 1. FC Union Berlin am vergangenen Spieltag zeigen, dass die Außenbahnspieler bei Ballbesitz der Werkself weit aufrücken. Grimaldo fiel dabei erneut mit einem Treffer auf.

Wenn Leverkusen die Kugel aber verliert, ziehen sich die Flügelmänner Richtung Mittellinie zurück.

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Kontinuität beim Personal

Was den Sommertransfers den Einstieg erleichtert haben dürfte: Sie gehören in der Liga bisher ausnahmslos zum Startpersonal. Tatsächlich nahm Alonso dort erst sieben Wechsel in seiner ersten Elf vor, was mit Abstand die wenigsten in der Bundesliga bedeutet. Den zweiten Rang in dieser Kategorie belegen der VfL Bochum und der 1. FC Heidenheim mit je 15.

Mit seinen typischen Startern ging der frühere Weltklasse-Mann auf dem Platz acht der elf Ligaspiele an. Sieben Spieler standen dabei immer in der Anfangself, drei neunmal.

Torgefährliches Kollektiv

Trotz Bonifaces beeindruckender Ankunft bei den Schwarz-Roten mit sieben Treffern und fünf Torvorlagen weist die Werkself keinen Akteur auf, der seinen xGoals-Wert wie Harry Kane beim FC Bayern oder Serhou Guirassy beim VfB Stuttgart deutlich übertrifft. Stattdessen sorgen viele verschiedene Spieler für die vielen Tore. Gegen Union trafen Odilon Kossounou und Nathan Tella zum ersten Mal überhaupt in der Bundesliga, was heißt, dass bereits elf unterschiedliche Leverkusener in der Liga eingenetzt haben – Bestwert!

Alles in allem übertreffen die Alonso-Mannen jedoch auch in Sachen Tore die Erwartungen: Nur Kanes Bayern mit 33,5 sowie Guirassys Stuttgart mit 28,3 verfügen über höhere xGoals-Werte als die Werkself mit 26,7 und lediglich RB Leipzig mit 9,5 sowie der FCB mit 8,5 kommen mit einer besseren Abschlusseffizienz als Leverkusen mit 7,3 daher.

Taktische Disziplin ebenfalls in der Defensive

So sehr B04 vorne auftrumpft, auch hinten liefert es ab: Nur der Rekordmeister musste einen Gegentreffer weniger hinnehmen als die Werkself mit ihren neun, wobei es vier Weiße Westen gab.

Taktisch diszipliniert kassierten die Leverkusener als eins von lediglich zwei Teams noch kein Tor bei einem Konter – unglaublich bei einer so offensiv denkenden Mannschaft. Nur 105 gegnerische Torschüsse machen zudem die zweitwenigsten hinter dem FC Bayern aus und lediglich elf zugelassene Großchancen die zweitwenigsten hinter Eintracht Frankfurt.

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Ausgeglichene Angriffszonen, Treffer durch das Zentrum

Ihre Angriffszonen verteilen die Rheinländer ausgeglichener als alle anderen Teams: In 29 Prozent der Fälle attackieren sie über links, in 20 über halblinks, in 18 über halbrechts und in 33 über rechts. Dadurch können sich die Kontrahenten nicht darauf konzentrieren, vor allem eine Zone zu verteidigen.

Die Werkself-Tore fallen aber meistens über die Mitte, wo Wirtz, Hofmann, Xhaka und Palacios die Fäden ziehen und gut darin sind, sich vor ihnen öffnende Räume auszunutzen. 22 der 34 Leverkusener Treffer wurden durch das Zentrum initiiert, also 65 Prozent.

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Standardexperten

Alonso kann sich zwar auf die Dynamik seiner Schützlinge aus dem Spiel verlassen, bei ruhenden Bällen wissen diese allerdings ebenfalls zu überzeugen. Der einstige defensive Mittelfeldmann der Bayern, von Real Madrid, dem FC Liverpool und Real Sociedad hatte selbst als Experte bei Standardsituationen überzeugt und kann dies anscheinend auch auf sein Team übertragen.

Bayer erzielte bereits acht Tore nach Standards: vier nach Ecken, zwei nach Freistößen und zwei per Elfmeter – eine weitere ligaweite Bestmarke!

Passsicher

Was Alonso als Aktiver noch besser konnte als ruhende Bälle? Bälle verteilen! Und auch das hat er seiner Mannschaft beigebracht. Leverkusen hat durchschnittlich 58 Prozent Ballbesitz – nur der FC Bayern mehr – und sogar die meisten Zuspiele in der Bundesliga kommen mit 90 Prozent an.

Möglicherweise noch beeindruckender: 89 Prozent der Pässe im letzten Drittel kommen an.

Gewachsen – Herausforderung Afrikacup

Das System, das Alonso beim derzeitigen Primus des Tableaus entwickelt hat, stellt seine Gegner vor eine Riesenaufgabe. Einer Aufgabe muss sich auch Alonso stellen, wenn er Anfang des nächsten Jahres wegen des Afrika Cup of Nations einige Leistungsträger ersetzen muss. Mit Patrik Schick, Josip Stanišić und Piero Hincapie kann der Coach dann aber auf starke Spieler setzen, um das Fehlen von Boniface, Kossounou und Edmond Tapsoba zu kompensieren.

Die Werkself befindet sich auf einem außergewöhnlichen Weg. Noch nie hatte ein Verein zu diesem Zeitpunkt des Spieljahres mehr als 31 Zähler und die 34 Leverkusener Saisontore sorgen für einen Teamrekord. Die Spielzeit dauert noch lange – Alonso und Co. jedoch könnten bald dafür sorgen, dass der ungeliebte Terminus "Vizekusen" bald der Vergangenheit angehört.