Werder feiert in Hannover bereits den dritten Sieg in Serie - © nordphoto GmbH / Kokenge via www.imago-images.de/imago images/Nordphoto
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2. Bundesliga

Ole Werner und der SV Werder Bremen: Plötzlich wieder obenauf!

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Nach dem Abpfiff des 4:1-Sieges bei Hannover 96 tanzten die Bremer Spieler ausgelassen wie lange nicht mehr über den Rasen. Zum ersten Mal seit dem Abstieg im Sommer konnten sich die Werderaner über drei Erfolge in Serie freuen. Dementsprechend laut wurde die Musik in der Gästekabine aufgedreht und ein vielstimmiger Männerchor stimmte den Weihnachtsklassiker "Last Christmas" an.

Der SVW überwintert zwar nur auf Platz 7, hat aber dank des Zwischenspurts unter Ole Werner nur noch einen Punkt Rückstand auf den Relegationsplatz. Der neue Trainer hat die Hanseaten aus dem Stand zurück ins Aufstiegsrennen befördert.

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Als gebürtiges Nordlicht gab es von Beginn an eigentlich kaum einen Zweifel, ob Werner menschlich zum Club passen würden. Die spannendere Frage war, wie schnell er die Leistungen der Mannschaft nach den chaotischen Tagen des unrühmlichen Abgangs von Markus Anfang stabilisieren könnte. Die erste Antwort nach drei absolvierten Partien: erstaunlich schnell. Drei Spiele, drei Siege, elf Tore, nur drei Gegentore - besser hätte es eigentlich nicht laufen können. Und besser lief es bislang in der Bremer Historie auch noch nie. Ole Werner ist der dritte Werder-Coach seit der Einführung der Bundesliga 1963, der mit drei Siegen in eine Amtszeit startete.

Zuletzt gelang dies Thomas Schaaf, als er Werder Bremen in der Schlussphase der Saison 1998/99 übernahm und vor dem Abstieg bewahrte. Kuriose Randnotiz: Der erste Sieg unter Schaaf war ein 1:0-Erfolg gegen den FC Schalke 04. Torschütze war damals Christoph Dabrowski, der am Sonntag bei Werners dritten Erfolg in Serie auf Hannovers Trainerbank saß. Nach dem Klassenerhalt gab es dann sogar noch den DFB-Pokal zu feiern. Im Finale wurde der FC Bayern München im Elfmeterschießen bezwungen.

Traumstart und Feierlichkeiten im Sommer

Vor Werner und Schaaf startete nur König Otto mit drei Erfolgen als Bremer Coach. Als Rehhagel in der ersten Bremer Zweitliga-Saison 1980/81 das Werder-Team von Kuno Klötzer übernahm, gab es sogar gleich acht Siege in Serie. Wie schon bei Schaaf gab es auch bei Rehhagel kurze Zeit nach Amtsübernahme etwas zu feiern: Rehhagel führte Werder als Meister der 2. Bundesliga Nord souverän zurück in die Bundesliga. Bis zu den ersten Feierlichkeiten am Bremer Rathaus seit dem Pokalsieg 2009 ist es zwar noch ein weiter Weg, aber der direkte Wiederaufstieg erscheint nicht mehr als Träumerei, wie es noch vor einigen Wochen der Fall war.

Aber wie groß ist überhaupt der Anteil des Trainers an diesen neun Punkten? Wenn man die fragt, die es am besten wissen müssen, ziemlich hoch. "Man sieht in jeder Phase des Spiels, dass wir einen Plan haben", gab Werder-Topscorer Marvin Ducksch nach dem Hannover-Sieg zu Protokoll. "Wie wir hinten rausspielen und kicken - da hat der Trainer schon einen großen Anteil hat", lobte auch Romano Schmid, der unter Ole Werner in drei Partien zwei Mal getroffen hat.

Der Österreicher machte zuletzt einen großen Sprung. Vor der Werner-Premiere hatte er in dieser Saison 39 Mal erfolglos aufs Tor geschossen, seit der neue Trainer da ist, hat er es nur noch drei Mal versucht - zwei Mal zappelte der Ball aber anschließend im Netz. "Jetzt sieht man, dass ich es wirklich kann. Das habe ich vorher schon häufiger gezeigt", erklärte Schmid in den Hannoveraner Katakomben, um dann durchaus selbstironisch zu präzisieren: "Also nicht hier, aber im Nationalteam."

Agu treibt über den Flügel an

Schmid ist nicht der einzige Werderaner, der unter Werner aufblüht. Ein weiteres Beispiel ist Felix Agu, der ein Schlüsselspieler im nominellen 3-5-2-System der Bremer ist. Während der ehemalige U21-Nationalspieler im Vorwärtsgang fast als Rechtsaußen agiert, dosiert Anthony Jung auf der linken Flanke seine Läufe deutlich bedachter. So ist der Werner-Fußball zwar asymmetrisch, aber trotzdem gut ausbalanciert. Schon vor der Amtsübernahme des neuen Coachs kam Agu aufgrund seiner Schnelligkeit immer wieder in gute Situation, aber es mangelte häufiger an der Präzision und der richtigen Entscheidungsfindung. Zwölf Torschüsse bereitete der 22-Jährige an den ersten 15 Spieltagen vor, sieben sind es schon in den drei Partien unter Ole Werner. Vor der Amtsübernahme war der gebürtige Osnabrücker an keinem Treffer direkt beteiligt, in den letzten drei Partien bereitete er dann zwei Tore vor.

Jetzt gilt es für die Bremer, den Aufwärtstrend über einen längeren Zeitraum zu bestätigen. Das weiß auch Ole Werner, der mit Holstein Kiel in der vergangenen Saison den Aufstieg erst in der Relegation verpasste. "Wer diesen Wahnsinn in dieser Liga kennt, der weiß: Richtig zur Sache geht es dann meistens erst Ende April und im Mai, wo sich nochmal viele Dinge verschieben", so der Werder-Coach. Ob sich diese Dinge dann wirklich in die Bremer Richtung entwickeln, wird sich erst zeigen, aber zumindest kurzfristig gehen alle Bremer wieder etwas beschwingter durchs Leben. Die freie Interpretation von "Last Christmas" in der Auswärtskabine in Hannover war dafür das beste Beispiel.

Florian Reinecke