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Willi Orban geht als Führungsspieler bei RB Leipzig vorweg - © © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Boris Streubel
Willi Orban geht als Führungsspieler bei RB Leipzig vorweg - © © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Boris Streubel

Willi Orban von RB Leipzig im Interview: "Mir war sehr früh bewusst, was ich möchte"

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Leipzig - Andere mögen mehr im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Tatsächlich aber ist die Bedeutung von Mannschaftskapitän Willi Orban für den Erfolg von RB Leipzig kaum hoch genug einzuschätzen.

Im Exklusiv-Interview mit bundesliga.de spricht Orban über vermeintliche Mentalitätsprobleme bei RB, über seine persönliche Karriereplanung und über seine Teamkollegen Timo Werner, Naby Keita und Dayot Upamecano.

bundesliga.de: Herr Orban, Ihr Teamkollege Yussuf Poulsen hat nach dem 1:2 gegen den 1. FC Köln von einem Mentalitätsproblem gesprochen. Hat er Recht?

Willi Orban: So würde ich es nicht nennen, auch wenn ich weiß, was und wie Yussuf das meint. Wenn ich aber unsere aktuelle Situation betrachte – drei Punkte hinter dem Tabellenzweiten und Achtelfinal-Teilnahme in der Europa League – würde ich sagen, dass andere Vereine solch geartete Mentalitätsprobleme wohl gerne hätten. Und wer gesehen hat, was für eine erste Halbzeit wir gegen den FC gespielt haben, der wird bestätigen, dass der einzige wirklich zu bemängelnde Punkt war, dass wir uns nicht belohnt haben für diese Leistung. Wären wir effizienter gewesen, hätten wir zur Halbzeit 3:0 oder vielleicht 4:0 geführt. Das haben wir aber nicht, das müssen wir uns vorwerfen.

"Es ist ein Reifeprozess, den wir angesichts dieser Doppelbelastung durchlaufen."

Willi Orban gibt in der Abwehr von RB Leipzig den Takt vor - © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Sebastian Widmann

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bundesliga.de: Zuletzt folgten auf drei Siege drei Niederlagen, zwei davon zuhause. Fehlt nach den zusätzlichen Belastungen in Champions und Europa League mittlerweile dennoch etwas die Frische?

Orban: Mit diesen letzten Ergebnissen sind wir natürlich nicht zufrieden. Bei zum Teil nur zwei Tagen Pause zwischen zwei Spielen kann es durchaus sein, dass am Ende der 90 Minuten die Frische nicht mehr in dem Maße vorhanden ist, wie Mitte der Saison – körperlich wie auch mental. Es ist ein Reifeprozess, den wir angesichts dieser Doppelbelastung durchlaufen. Dass das so kommen könnte, war uns aber immer bewusst. Und ich würde sagen, dass wir diesen Prozess trotz der vergangenen drei Niederlagen bisher absolut zufriedenstellend bewältigt haben.

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bundesliga.de: Tatsächlich hat Ihre Mannschaft in den vergangenen zwei, drei Jahren einen ständigen Reifeprozess in enormer Geschwindigkeit durchlaufen. Wohin kann der noch führen?

Orban: Wir sind sehr stolz darauf, dass wir auch in unserer zweiten Bundesliga-Saison in der Spitzengruppe der Bundesliga dran sind. Und ich denke, die aktuelle Saison bestätigt, dass die vergangene alles andere als eine Eintagsfliege war. Es wird in den kommenden Jahren vermutlich unser Anspruch sein, um die internationalen Plätze mitzuspielen. Das traue ich der Mannschaft auch zu. Wir sind noch so jung und hungrig, dass wir – jeder Einzelne wie auch das Team – uns weiter verbessern können, wenn wir nicht ganz viel verkehrt machen in der täglichen Arbeit.

bundesliga.de: Kann ein Klub mit den Möglichkeiten von RB auch Titel planen?

Orban: Hier wird vieles sehr gut gemacht und natürlich auch geplant. Aber in einer Liga, in der Bayern München vertreten ist, kannst du zumindest momentan keinen Titel planen. In der Europa League mit ihren K.O.-Spielen wollen wir noch viel investieren und so weit kommen wie möglich. Aber auch hier ist es wohl nicht so einfach einen Titel zu planen – wie ich das im komplexen Mannschaftssport, der Fußball heute ist, ohnehin für schwierig halte.

bundesliga.de: Zumindest Ihre eigene Karriere scheinen Sie durchaus sehr genau geplant zu haben. Gerade einmal 18-jährig, soll Ihnen schon klar gewesen sein, dass Sie die richtige Einstellung mitbringen...

Orban: Das stimmt. Mir war sehr früh bewusst, was ich möchte. Gerade mit 16, 17 Jahren stürmen so viele Einflüsse von außen auf dich ein. Da ist es wichtig, dass du fokussiert bleibst. Und das war ich damals schon. Ich finde aber, dass heute all die jungen Spieler in der Bundesliga diese Mentalität mitbringen. Sonst schaffst du es auch nicht in diesem harten Geschäft.

"Jeder Kapitän hat wohl sein eigenes Naturell und seine eigene Art und Weise, mit den Dingen umzugehen. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass ich diese Aufgabe hier erfüllen darf."

bundesliga.de: Sie waren in Kaiserslautern Mannschaftskapitän und sind es seit dieser Saison auch bei RB. Was macht einen guten Kapitän aus?

Orban: In erster Linie, dass er konstant gute Leistungen bringt. Natürlich hilfst du auch dabei, dass es innerhalb der Mannschaft reibungslos läuft. Du bringst den neuen Spielen die Abläufe näher, bist Bindeglied zwischen Trainerteam und Mannschaft. All diese Aufgaben versuche ich zu erfüllen, wobei jeder Kapitän wohl sein eigenes Naturell und seine eigene Art und Weise hat, mit den Dingen umzugehen. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass ich diese Aufgabe hier erfüllen darf.

Das spricht für Leipzig und Dortmund im Spitzenspiel

bundesliga.de: In einem Interview haben Sie gesagt, dass Sie wie ein Spartaner essen und leben würden, was zwei Rückschlüsse zulässt. Zum einen, dass Ihre Einstellung tatsächlich stimmt, zum anderen, dass Sie irgendwann mal Geschichtsunterricht genossen haben...

Orban: Stimmt. (lacht)

bundesliga.de: War Ihren Eltern wichtig, dass Sie Abitur machen?

Orban: Ja. Meine Eltern haben gesagt: "Es ist völlig okay, dass du so viel Spaß am Fußball hast. Mach’ dein Ding, aber schau’ auch, dass du die Schule ordentlich beendest." Daran habe ich mich gehalten. Auch, weil mir das selbst ebenfalls sehr wichtig war. Denn damals war längst noch nicht sicher, ob es wirklich etwas werden würde mit dem Profi-Fußball. Am Ende war die Doppelbelastung mit Schule hier, Fußball dort zwar etwas anstrengend, aber ich denke, dass es sich gelohnt hat.

bundesliga.de: Auch heute noch greifen Sie gerne mal zu einem Buch, zuletzt, wie zu lesen war, zur Autobiographie des ehemaligen Bayern-Torhüters Bobby Dekeyser, der später als Möbel-Hersteller und Stiftungsgründer von sich reden machte...

Orban: Sehr inspirierend, dieses Buch! Faszinierend, wie er seinen Weg gegangen ist und bis heute immer an seinen Werten festgehalten hat. Das ist schon außergewöhnlich. Ein richtig guter Typ!

"Dayot hat ohne Frage die Qualitäten, um ein sehr guter Spieler zu werden. Vor allem körperlich bringt er sehr viel mit, um absolutes Spitzenniveau zu erreichen."

bundesliga.de: Lassen Sie uns noch über einige andere gute Typen, über einige Ihrer Team-Kollegen sprechen. Wie lässt sich die deutsch-französische Partnerschaft in der Innenverteidigung mit Dayot Upemecano an?

Orban: (lacht) Super! Dayot versteht sehr gut Deutsch, er kickt ja schon seit 2015 im deutschsprachigen Raum. Man muss sehen, dass wir uns im Vergleich zur Hinrunde gerade hinten stabilisiert haben, und dass wir beide sehr gut harmonieren. Überhaupt ist die Innenverteidigung die Konstante in unserer Abwehr. Während auf den Außenverteidiger-Positionen die Rotation häufiger ist, bleibt die Innenverteidigung in den aller meisten Fällen bestehen.

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bundesliga.de: Ralf Rangnick soll ihn für einen der besten Innenverteidiger überhaupt halten. Hat Rangnick Sie übersehen?

Orban: Keine Ahnung, ob Ralf Rangnick das so formuliert hat. Dayot hat ohne Frage die Qualitäten, um ein sehr guter Spieler zu werden. Vor allem körperlich bringt er sehr viel mit, um absolutes Spitzenniveau zu erreichen. Aber in ein paar Bereichen kann er sicher auch noch etwas dazu lernen.

bundesliga.de: Wie geht Naby Keita mit seiner Transferentscheidung um, und welchen Einfluss hat die auf den Teamgeist?

Orban: Es ist gut, dass Naby Klarheit hat, für ihn und für alle anderen Beteiligten. Naby wird noch einmal alles reinhauen für RB. Ich halte es für wichtig, dass beide Seiten dann mit einem sehr guten Gefühl auseinandergehen können. Naby hatte hier vergangene Saison ein überragendes Jahr mit uns, und hat sich diesen Transfer verdient.

bundesliga.de: Noch weiter vorne im Mannschaftsgefüge ruhen nicht nur in Leipzig, sondern in ganz Deutschland die Hoffnungen auf Timo Werner. Wie geht er damit um?

Orban: Mit den Hoffnungen und Erwartungen, gerade in Bezug auf die WM, geht Timo sehr professionell um. Er hat einen Riesenschritt gemacht, nicht nur als Fußballer, sondern auch als Persönlichkeit. Gerade dadurch, dass er viel in der Öffentlichkeit stand, ist er daran auch als Mensch und Persönlichkeit gewachsen, denke ich.

bundesliga.de: Wie ist es, als Abwehrspieler im Training gegen Werner bestehen zu müssen – oder müsste die Frage lauten, wie es für Werner ist, sich im Trainingsspiel gegen Sie durchsetzen zu müssen?

Orban: Sie können ihn ja mal fragen. (lacht)

"Jeder ist anders, und Timo Werner alleine kann nichts gewinnen."

bundesliga.de: Ist Werner aktuell der beste deutsche Stürmer?

Orban: Das wird man von mir nie hören, dass einer in diesem oder jenem Bereich der Beste ist. Jeder ist anders, und Timo Werner alleine kann nichts gewinnen. Er braucht die Pässe aus dem starken Mittelfeld, um seine Qualitäten einbringen zu können. Dass diese Qualitäten herausragend sind und dass er ein herausragender Spieler ist – das ist unbestritten und definitiv so.

bundesliga.de: Wie gesagt, ganz Deutschland schaut auf Timo Werner. Aber was ist mit Ihnen, wer schaut in Zukunft auf Sie, ganz Deutschland, ganz Ungarn oder ganz Polen?

Orban: Darüber mache ich mir zurzeit keine Gedanken und lasse das alles auf mich zukommen. Ich habe mir auch kein zeitliches Limit für eine Entscheidung gesetzt, sondern fokussiere mich darauf, mit RB Leipzig erfolgreich zu sein. Natürlich werde ich irgendwann eine Entscheidung treffen. Noch ist aber alles offen.

Das Gespräch führte Andreas Kötter