
Hamburger SV: Außenseiter mit ungebrochener Moral
Der Hamburger SV zeigt Moral und stoppt den Dortmund-Minimalismus, während Chukwuemeka sich als Impulsgeber für den BVB anbietet.
Struktur und Härte in den Zweikämpfen
Als Aufsteiger ging der Hamburger SV gegen Borussia Dortmund klar als Underdog ins Rennen – und trat genau wie ein solcher auf: kompakt, diszipliniert und mit klaren Spielideen für Umschaltmomente. Der späte Punktgewinn ist weniger ein Zufallserfolg als der Ausdruck einer Mannschaft, die ihre taktische Ordnung gefunden hat und in Druckphasen reagiert statt in Panik zu verfallen.
Entscheidend war die Konstanz in Laufbereitschaft und die Bereitschaft, einfache, vertikale Lösungen zu wählen. "Die Jungs haben eine Energie-Leistung abgeliefert", lobte Merlin Polzin sein Team. Das macht den HSV in engen Begegnungen unangenehm für favorisierte Teams – und stärkt die Moral des Aufsteigers weiter.
Gegen die Borussia gewannen die Hanseaten fast zwei Drittel der Luftzweikämpfe (61,5 Prozent) und meldeten damit Serhou Guirassy & Co. bei Flanken ab. Generell war die Zweikampfquote mit etwas mehr als 50 Prozent die leicht bessere in diesem Spiel.
Individuelle Klasse auch beim HSV
Auf individueller Ebene zeigt sich, dass der Kader inzwischen über Spieler verfügt, die Verantwortung übernehmen und auch in Druckphasen klare Entscheidungen treffen. Der HSV ergab sich nicht einfach seinem Schicksal, sondern suchte aktiv die Momente im Spiel.
Jordan Torunarigha gewann die meisten Zweikämpfe aller Spieler auf dem Feld (61 Prozent) und auch Nicolas Capaldo war im Mittelfeld mit 22 Sprints einer der Aktivposten bei den "Rothosen". Solche Meriten stärken die Mannschaft langfristig: Für einen Aufsteiger ist es entscheidend, seine Nerven in Schlüsselphasen zu behalten — genau das demonstrierte Hamburg eindrucksvoll.
"Ein unglaublich geiles Gefühl, dass wir so spät noch den Ausgleich erzielt haben. Es war ein richtig schweres Spiel, aber wir haben es angenommen und hinten alles wegverteidigt", analysierte ein sich freuender Miro Muheim nach dem 1:1.

Dortmunds Lichtblick
Dortmund blieb auf dem Papier das nominell stärkere Team, agierte aber phasenweise minimalistisch: risikolose Ballzirkulation und das Ausspielen von Standardsituationen statt überhasteter, ungenauer Pässe. Diese Herangehensweise konserviert Ergebnisse, birgt aber die Gefahr, in entscheidenden Momenten an Durchschlagskraft zu verlieren — gegen ein hartnäckiges Team wie Hamburg kann das zum Problem werden.
Ein wichtiger Aspekt aus Dortmunder Sicht ist Carney Chukwuemeka: Er meldet sich mehr und mehr als variabler Offensivimpuls an. Chukwuemeka suchte bewusst den Weg in die Tiefe, provozierte Duelle und war an mehreren Abschlussaktionen beteiligt.
In seinen 57 Ballbesitzphasen schoss er viermal aufs Tor und erzielte das zwischenzeitliche 1:0. Seine Passquote von 79 Prozent war für einen Offensivspieler ein ebenfalls ordentlicher Wert.
Seine Umtriebigkeit macht den BVB unausrechenbarer und macht ihn schwerer zu verteidigen. Gerade gegen Teams, die auf Kompaktheit setzen, können Spieler wie er das Spiel zugunsten Dortmunds öffnen — vorausgesetzt, das Team ist im letzten Drittel entschlossener.
