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2002 vs. 2024: "Vizekusen" und Bayer Leverkusen von heute im Vergleich

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Bayer 04 Leverkusen steht 2024 nicht das erste Mal dicht am Rande des lange erträumten Erfolgs: der Deutschen Meisterschaft. 2002 reichte es am Ende gleich dreifach nicht zum Erfolg. Doch heute hat Leverkusen die Chance, aus dem Vize-Triple ein echtes Triple zu machen. Am 25. Spieltag siegte die Werkself mit 1:0 gegen Wolfsburg.

Xabi Alonso hat Bayer 04 Leverkusen 22 Jahre nach den dramatischen Ereignissen von 2002 auf den Weg gebracht, das "Vizekusen"-Image endlich abzuschütteln und die langersehnte Meisterschale in die Luft zu strecken. Zehn Punkte Vorsprung hat in der Geschichte der Bundesliga an den letzten neun Spieltagen einer Saison noch nie ein Team verspielt.

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2002 war die Situation eine ganz andere: Mit einem überragenden 4:0-Sieg im direkten Duell gegen Tabellenführer Borussia Dortmund hat sich die Werkself am 24. Spieltag gerade erst mit einem Punkt Vorsprung an die Spitze der Tabelle gekämpft, nach Unentschieden von Leverkusen und BVB veränderte sich der Zwischenstand am 25. Spieltag nicht.. Am 29. Spieltag konnte sich Leverkusen dann auf vier Punkte absetzen, kam nach einem Unentschieden und einer BVB-Niederlage am 31. Spieltag sogar auf fünf Zähler weg. Doch Niederlagen am 32. und 33. Spieltag gegen den SV Werder Bremen und beim 1. FC Nürnberg kosteten Bayer 04 die Meisterschaft.

DFB-Pokal und Europa-Wettbewerb

Doch der Begriff "Vizekusen" prägte sich vor allem deshalb, weil Bayer 04 gleich in allen drei Wettbewerben nur zweiter Sieger wurde. Im DFB-Pokal hatte sich die Werkself im Viertelfinale gegen den TSV 1860 München durchgesetzt - damals noch Bundesligist und ein harter Gegner. Das ähnelt dem Sieg in diesem Jahr über den VfB Stuttgart. 2002 wie heute gab es im Halbfinale ein Duell gegen ein Team aus dem Rheinland: Damals siegte die Werkself mit 3:1 nach Verlängerung über den 1. FC Köln, 2024 kämpfen sie gegen Fortuna Düsseldorf um den Einzug ins Endspiel - beide Partien in der BayArena. Im Pokalfinale verlor Leverkusen 2002 mit 2:4 gegen FC Schalke 04.

Während Leverkusen dieses Jahr in der Europa League durchstartet, spielten sie 2002 eine Klasse höher in der Champions League. Über eine Gruppenphase ging es ins Viertelfinale gegen den FC Liverpool, im Halbfinale schlugen sie Manchester United und unterlagen schließlich Real Madrid im Finale mit 1:2.

Während ManUtd und Real auf keinen Fall auf die Werkself warten, könnte es zu einem erneuten Viertelfinale gegen die Reds kommen.

Wichtige Linksaußen, Wucht im Abwehrzentrum

Auch die wichtigen Stützen des heutigen Erfolgsteams erinnern an 2002. Damals beackerte Zé Roberto die linke Seite. Zu Saisonbeginn noch als Dreierketten-Flügelspieler eingesetzt, spielte Leverkusen in der Saison meist mit einer Viererkette und der Brasilianer agierte links in der Mittelfeldraute. Alejandro Grimaldo spielte bisher zwar die gesamte Saison hindurch als linker Flügelverteidiger zu einer Dreierkette (mit Ausnahme des Spiels gegen die Bayern), jedoch zieht er gerne nach vorne und ins Zentrum, sorgt dort für Action und spielerische Akzente.

Zé Roberto wurde damals mit starken 17 Assists Topvorlagengeber der Bundesliga-Saison. Grimaldo steht dem in Nichts nach. Zwar liegt der Spanier mit neun zehn derzeit nur auf Rang zwei (hinter Leroy Sané mit elf Assists, gleichauf mit Teamkollege Wirtz), dafür erzielte er bereits neun weitere Treffer selbst. Zé Roberto kam 2002 mit vier eigenen Toren auf 21 direkte Torbeteiligungen - Grimaldo ist mit seinen 19 also total im Soll.

Ein weiterer Brasilianer stand im Abwehrzentrum im Fokus: Lúcio hielt die Defensive zusammen. Der kampfstarke Innenverteidiger sorgte immer wieder mit wichtigen Grätschen dafür, dass sein Team Siege über die Zeit brachte. Doch auch mit dem Ball war er für damalige Zeiten ein echter Ballkünstler - und torgefährlich. Vier Treffer steuerte er in der Bundesliga bei, fünf weitere in den Pokalwettbewerben. Der Abwehrchef der aktuellen Werkself, Jonathan Tah, hat den Fokus etwas mehr auf die defensive Stärke gerichtet, unterstützt aber immer wieder im Spielaufbau und ist eine echte Waffe bei ruhenden Bällen. Viermal netzte der Vize-Kapitän in der Bundesliga, zweimal im Pokal - alle Tore entstanden aus Standardsituationen.

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Jung und wild im Angriff

In vorderster Reihe entwickelte sich neben Routinier Ulf Kirsten ein junger, wilder Mittelstürmer zum wichtigen Baustein des Erfolgs: Dimitar Berbatov. In der Hinrunde war der damals 20-jährige Bulgare noch Rotationsspieler, kam nur vereinzelt zum Einsatz. Doch dabei erzielte er schon zwei Tore. Ab Dezember 2001 startete Berbatov dann richtig durch, stand in jedem Spiel auf dem Feld und begann achtmal. Dabei erzielte er insgesamt acht Treffer, legte zudem eine Torvorlage obendrauf. Im DFB-Pokal brachte er starke sechs Treffer in sechs Partien ein, in der Champions League traf Berbatov doppelt.

Die Ähnlichkeiten zu Victor Boniface sind da. Anders als Berbatov startete der Nigerianer allerdings mit seinen 22 Jahren im vergangenen Sommer direkt durch, spielte eine herausragende Hinrunde mit zehn Treffern und sieben Vorlagen - und nun fehlt er bislang in der Rückrunde häufiger, allerdings verletzungsbedingt (Verletzung an den Adduktoren). 2002 leitete auch Berbatovs Torserie (sechs Tore in acht Spielen, davon vier direkt in Folge) die starke Aufholjagd in der Bundesliga ein.

Unter Xabi Alonso legte die Werkself in der Hinrunde schon mächtig vor, schwächelte offensiv allerdings ohne Boniface in der Rückrunde etwas. Passend zu den etwas gespiegelten Saisonverläufen lieferten also auch die jungen, wilden Stürmer quasi spiegelverkehrt ab. Um Berbatovs frühe Saisontreffer zu spiegeln, hat Boniface nach seiner Genesung diese Saison vermutlich noch Zeit. Der Torjäger soll "voraussichtlich Anfang April" wieder eingreifen, erklärte Alonso kürzlich.

Spielfreudige Schaltzentrale

Ein großer Unterschied zwischen damals und heute: die Position des Mittelfeldregisseurs. Im Team von 2002 war der emotionale Anführer eher offensiver im Zentrum zu finden. Michael Ballack strahlte damals diese positive Arroganz aus, diesen absoluten Siegeswillen und zeigte in jedem Spiel 100 Prozent kämpferischen Einsatz. Dazu war er Spielgestalter und Taktgeber des Leverkusener Spiels. Bitter: Ballack brachte das "Vizekusen"-Gen im Sommer selbst mit in die Nationalmannschaft. Er war Deutschlands Stamm-Zehner bei der WM 2002 und - obwohl er im Finale fehlte -  verlor das DFB-Team gegen Brasilien und Ballack war erneut nur Vize.

Das kann bei der Heim-EM 2024 nicht passieren, zumindest nicht dem DFB. Denn Xabi Alonsos Metronom heißt Granit Xhaka. Das Schweizer Uhrwerk läuft und läuft, Xhaka ist kaum klein zu kriegen. Immer wieder kämpft er sich in die wichtigen Zweikämpfe und räumt im Mittelfeld auf. Mit dem Ball bestimmt er das Tempo der Werkself und sorgt neben spielberuhigenden Momenten auch für die schnellen Pässe ins Angriffsdrittel - niemand spielt in der Bundesliga mehr Bälle in den Angriff als Alonsos Mittelfeldregisseur. Anders als Ballack startet Xhaka jedoch auf der Doppelsechs und nicht als Zehner.

Geändert hat sich auch die Rolle des genialen Offensivgeists - und hier gibt es wohl die größten Unterschiede zwischen 2002 und 2024. Ist heute Florian Wirtz der Zauberfuß der Werkself, war es damals Bernd "Schnix" Schneider. Der "weiße Brasilianer" war der Mann für die magischen Momente, der Meister der Pässe in die gefährlichen Zonen - der Vorlagenkönig von Bayer 04 Leverkusen.

Elf Torvorlagen gab der damals 28-jährige Schneider in der Bundesliga-Saison 2001/02 auf dem Weg zum Fast-Meistertitel. Zudem legte er fünf Treffer obendrauf. In den Pokalwettbewerben waren es vier Tore und fünf Assists. Glänzte "Schnix" vor allem durch seine große Erfahrung, sind es bei Wirtz die Unbekümmertheit und Frische, die ihn zu einem ganz besonderen Fußballer machen. Der Super-Youngster steht Schneider allerdings in Nichts nach: Mit zehn Torvorlagen und sechs eigenen Treffern ist Wirtz schon auf einem Level, hat aber noch einige Spiele vor sich. Vielleicht ist Wirtz der entscheidende Faktor, dass es dieses Jahr zu Titeln reicht.