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Der VAR im Fußball – was er kann und was er darf

Schöne neue Welt – seit der Einführung des VAR im Fußball kann der Schiedsrichter seine Entscheidungen mit Hilfe modernster Videotechnik untermauern. Aber was bedeutet VAR überhaupt? Die Abkürzung steht für Video Assistant Referee oder auf Deutsch: Video-Schiedsrichterassistent. Er soll den Sport gerechter machen – denn das menschliche Auge ist weniger genau als eine Kamera. Bei vielen Fußballfans herrscht jedoch Unsicherheit darüber, was der VAR eigentlich darf und wann er ins Spiel eingreifen kann. Dieser Beitrag klärt auf!

Was ist der VAR und wie arbeitet er mit dem Schiedsrichter zusammen?

Der Job des Video-Assistenten (VAR) im Fußball wurde geschaffen, um die Schiedsrichter auf dem Fußballplatz bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Dem VAR wiederum stehen bei seiner Arbeit ein eigener Assistent (AVA) und ein Operator (bei Bundesliga-Spielen sind es zwei) zur Seite, die im Video-Assist-Center tätig sind.

Gerade in unübersichtlichen Situationen, die sich oft im Bruchteil einer Sekunde abspielen, kann es passieren, dass der Schiedsrichter ein Vorkommnis falsch einschätzt. Der Video-Assistent sieht sich die Situation auf dem Bildschirm in der Wiederholung an und macht den Schiedsrichter per Funk darauf aufmerksam, dass die auf dem Platz getroffene Entscheidung nicht die richtige war. Der VAR hat die Möglichkeit, sich das Ereignis aus vier unterschiedlichen Kameraperspektiven anzuschauen und das Bild zu vergrößern. So kann er knifflige Momente häufig besser beurteilen.

In manchen Situationen sieht sich der Schiedsrichter die jeweilige Szene selbst noch mal am Spielfeldrand an und trifft erst dann eine Entscheidung. Anschließend informiert er die Fans per Handzeichen darüber.

- Simon Hofmann/Bundesliga/Bundesliga Collection via Getty Images

Wie die Überprüfung durch den VAR am Beispiel Abseits funktioniert

Beim Abseits geht es häufig um Millimeter – und die sind eine Frage der Perspektive. Je nachdem, aus welchem Blickwinkel die Situation betrachtet wird, nimmt das menschliche Auge sie unterschiedlich wahr. Das Schiedsrichterteam muss also eine Entscheidung treffen, die auf einem Sekundenbruchteil des Spiels basiert, der nicht für jeden gleich aussah.

Dem VAR stehen für die Beurteilung dieser Situation im Fußball verschiedene Tools zur Verfügung. Das wichtigste Instrument ist die kalibrierte Abseitslinie, die ein Computer generiert. Diese Abseitslinie wird auf das Übertragungsbild des Spielfeldes projiziert. Dabei berücksichtigt die Computersoftware den Betrachtungswinkel, die Linsenverzerrung und die Feldkrümmung. So kann die Software eine präzise, auf den Millimeter genaue Abseitsstellung bestimmen.

Ein genauer Blick auf den Videomonitor, bevor die Entscheidung fällt - Boris Streubel/Bundesliga/Bundesliga Collection via Getty Images

Wann darf der VAR beim Fußball eingreifen?

Der Video-Assistent kann nicht einfach so ins Spiel eingreifen, wenn er etwas gesehen hat, das der Schiedsrichter auf dem Feld falsch oder gar nicht bewertet hat. Er darf nur in vier Fällen einschreiten und den Kontakt mit dem Schiedsrichter auch nur dann aufnehmen, wenn der auf dem Feld schon eine eigene Entscheidung getroffen hat, die als deutliche Fehleinschätzung zu deuten ist.

Auch der Schiedsrichter darf mit dem VAR Kontakt aufnehmen, wenn er sich Gewissheit über die jeweilige Situation verschaffen möchte.

Die vier Kategorien, bei denen sich der Video-Assistent zu Wort melden darf, sind:

1. Tor

  • Die angreifende Mannschaft begeht vor dem Erzielen des Tores ein Vergehen (z. B. Foul oder Handspiel), oder vor dem Tor lag eine Abseitsstellung vor.
  • Es war ein Tor oder eben kein Tor (je nachdem, welche Falschentscheidung der Schiedsrichter getroffen hat).
  • Der Ball war vor dem erzielten Tor im Aus.
  • Torhüter oder Schütze machen sich bei einem Elfmeter eines Vergehens schuldig.

2. Elfmeter

  • Die angreifende Mannschaft, die einen Elfmeter zugesprochen bekommt, hat vorher selbst ein Vergehen begangen.
  • Der Ball war vor dem Elfmeterpfiff bereits im Aus.
  • Ein Elfmeter wurde zu Unrecht gegeben.
  • Der Schiedsrichter hat einen berechtigten Elfmeter nicht gegeben.

3. Direkte rote Karte

  • Eine klare Torchance wurde durch ein Vergehen vereitelt.
  • Ein Spieler hat eine Tätlichkeit begangen.
  • Ein Spieler hat sich eines groben Fouls schuldig gemacht.

4. Spielerverwechslung (bei einer gelben oder roten Karte)

Auch das kommt vor: Ein Spieler soll eine rote Karte oder eine gelbe Karte erhalten, doch der Schiedsrichter vergibt sie im Eifer des Gefechts an einen anderen Spieler. Nun darf sich der Fußball-VAR melden und den Videobeweis für den richtigen Spieler liefern. Dabei wird aber nur bestimmt, welcher Spieler die Karte bekommt und nicht, ob die Karte selbst berechtigt war.

VAR-Beispiel aus der Fußballpraxis: Elfmeter

Beim Thema Elfmeter und VAR kam es in der Bundesliga schon zu kuriosen Situationen: Beim Spiel Mainz gegen Freiburg im April 2018 zieht der Mainzer Daniel Brosinski kurz vor der Halbzeit den Ball vors Tor. Freiburgs Marc-Oliver Kempf fälscht diesen dann mit der Hand ab. Es kommt zu keinen Protesten, und Schiri Winkmann pfeift kurz darauf zur Pause. Zeit zum Ausruhen für die Spieler. Oder doch nicht?

Nach dem Pfiff meldet sich Video-Assistentin Bibiana Steinhaus und weist auf das Handspiel hin. Winkmann pfeift daraufhin den berechtigten Elfmeter für Mainz. Die Freiburger befinden sich aber schon in der Kabine und müssen nun wieder zurück aufs Feld. Mainz – vertreten durch Elfmeterschütze Pablo de Blasis – bleibt in der Situation cool und verwandelt den Strafstoß.

Ein wenig Geschichte: die Einführung des VAR im Fußball

Auf die große Bühne ging es für den VAR im Fußball erstmals beim Pokalspiel von Ajax Amsterdam gegen Willem 2 im September 2016. Die neue Technik wurde somit – mit Zustimmung der FIFA – erstmals bei einer offiziellen Begegnung eingesetzt. Leidtragender dieser Weltpremiere war Willem-Spieler Anouar Kali, der vom Schiedsrichter auf dem Platz nur mit einer gelben Karte verwarnt worden war, nach dem Eingreifen des VAR jedoch mit roter Karte das Feld verlassen musste.

Als erste Liga der Welt und nach diversen Testläufen führte die australische A-Liga den Fußball-VAR im Ligabetrieb am 7. April 2017 ein. Nur einen Tag später kam er auch schon zum Einsatz. Der Video Assistant Referee entschied auf Elfmeter für den Sydney FC, nachdem der VAR-Check ein Handspiel der gegnerischen Mannschaft offenbart hatte.

Auf den Video-Leinwänden wird die Entscheidung kommuniziert - Alexander Scheuber/Bundesliga/Bundesliga Collection via Getty Images

Und der VAR in der Bundesliga?

Nachdem der Videobeweis beim Fußball in Testphasen und anderen Ligen bereits ausgiebig getestet worden war, startete die erste Bundesliga zur Saison 2017/2018 ebenfalls mit dem VAR. Die zweite Bundesliga musste sich noch ein wenig gedulden, bis alle Stadien die nötigen Voraussetzungen für den Einsatz des Video-Assistenten geschaffen hatten. Das hatte vor allem technische Gründe: Um eine reibungslose Übertragung der Bilder zu ermöglichen, brauchten die Stadien Glasfaserkabel, die noch verlegt werden mussten. Zur Saison 2019/2020 wurde der Video-Assistent dann in der zweiten Bundesliga genutzt.

Umstellen müssen sich die Vereine der obersten beiden Ligen, wenn sie im DFB-Pokal antreten. In den ersten beiden Runden des DFB-Pokals wird der VAR nämlich nicht eingesetzt. Das liegt zum einen natürlich daran, dass in diesen beiden Runden zahlreiche kleine Vereine vertreten sind, die nicht über die nötige Infrastruktur für den VAR-Check verfügen, zum anderen aber auch ganz profan am Personalmangel. Allein in der ersten Runde des DFB-Pokals werden 32 Spiele ausgetragen, bei denen Schiedsrichter und Assistenten antreten müssen. Bräuchte man nun auch noch Video-Assistenten, so stieße das Schiedsrichterwesen des DFB an seine Kapazitätsgrenzen.

Warum eigentlich "Kölner Keller"?

In Fernsehübertragungen heißt es häufig, es melde sich der "Kölner Keller", wenn der Video-Assistent eingreift. Dieses Synonym für den VAR ist ganz einfach zu erklären: Der VAR für Bundesliga-Spiele sitzt im so genannten Video Assist Center (VAC) der DFL im Keller des Cologne Broadcasting Center im Kölner Stadtteil Deutz.

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