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BVB-Coach Jürgen Klopp kann auf eine fast perfekte Hinrunde zurückblicken
BVB-Coach Jürgen Klopp kann auf eine fast perfekte Hinrunde zurückblicken

"Wir wollen konsequent unseren Weg weitergehen"

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Jerez - Er ist der Macher des Dortmunder Erfolgs: Jürgen Klopp. Der Trainer dominierte mit dem BVB in der Hinrunde die Bundesliga.

Im Interview spricht "Kloppo" über seinen Plan für die Rückrunde, die Schlüsselbegegnung mit Leverkusen und seine Zukunftsplanungen in Dortmund.

Frage: Als souveräner Bundesliga-Tabellenführer und mit zehn Punkten Vorsprung fährt die Borussia zum Rückrunden-Auftakt am Freitag zum Zweiten nach Leverkusen, wo Bayer-Sportdirektor Rudi Völler behauptet: Der BVB kann sich auf dem Weg zur Meisterschaft nur selbst schlagen. Wie lautet Ihr Konter?

Jürgen Klopp: Es ist im Fußball alles schon mal gesagt und erlebt worden, und es werden immer wieder Aussagen vor und nach Spielen getroffen. Das hat keine Relevanz für das tatsächliche Spiel. Das sind alles Dinge, die mich ein Leben lang amüsieren werden.

Frage: In Leverkusen wird die Meisterschaft sicherlich nicht entschieden oder vorentschieden. Aber das ist ein Auftaktspiel, in dem man schon einmal ein Zeichen setzen kann...

Klopp: Sicherlich. Man kann sich dort zeigen und vielleicht sogar gewinnen. Aber eine Woche später kommt der VfB Stuttgart mit großen Zielen, auch da müssen wir uns zeigen. Das müssen wir jede Woche. Es geht nicht darum, Ausrufezeichen zu setzen. Wir wollen konsequent unseren Weg weitergehen, das haben wir jetzt zwei Jahre gut gemacht. Ich sehe also keinen Grund, warum wir uns aus der Ruhe bringen lassen sollten. Was passiert, wird passieren, und wir werden darauf reagieren müssen.

Frage: Der Druck auf die junge Mannschaft wird in der Rückrunde wachsen...

Klopp: Das ist doch jedes Jahr das Gleiche. In der Hinrunde legt man die Basis, und in der Rückrunde fallen die Entscheidungen. Dementsprechend wächst der Druck - und zwar in allen Kategorien. Es geht um den Klassenerhalt, um die Champions League und Meisterschaft. Für alle Mannschaften geht es darum, ihre Ziele zu verwirklichen. Und wenn wir das Trainingslager in Jerez verlassen haben, steht Leverkusen im Fokus. Der Druck ist für uns nicht größer als in der Hinrunde, aber er ist zweifellos da. Es ist schließlich nicht die erste Rückrunde, in der wir uns Ziele setzen. Folglich sind wir gut vorbereitet.

Frage: Bevor das Trainingslager in Andalusien begann, haben Sie eine Ansprache an die Mannschaft gehalten. Was haben Sie den Spielern gesagt?

Klopp: Ich habe versucht, alle Eventualitäten kurz anzusprechen und unsere Herangehensweise festzulegen. Denn es gibt die unterschiedlichen Möglichkeiten der Störfeuer, das ist doch klar. Wir werden unseren eingeschlagenen Weg weitergehen. Das klingt nicht nach wahnsinnig viel Substanz, aber der bisherige Weg ist ja kein Zufall.

Frage: Wie stellt man eine Mannschaft, die derart souverän führt, auf die Verfolger ein?

Klopp: Es gibt ja keine Erfahrungswerte. Noch nie war eine junge Mannschaft wie wir in einer vergleichbaren Situation. Man stelle sich einfach vor, Bayern München hätte zehn Punkte Vorsprung. Sie würden sagen: Wir wollen mit 20 Punkten Vorsprung Meister werden, aber wir wollen auch noch die Champions League und den DFB-Pokal gewinnen. Jetzt sind eben wir Tabellenführer. Das ist eine völlig neue Konstellation. Unser Thema ist ja ein völlig anderes: Die Weiterentwicklung, um alles stabil und konstant auf den Platz zu bringen. Und dann müssen wir sehen, was es dafür gibt.

Frage: Wenn die Rückrunde nicht gut laufen sollte, wird vermutlich Spott und Häme über den BVB ausgeschüttet...

Klopp: Das kann passieren. Ich kann aber nicht aus Angst vor einem Misserfolg nicht erfolgreich sein wollen. Natürlich sind wir extrem positiv beurteilt worden. Das ist ja auch nachvollziehbar, wir haben immerhin zehn Punkte Vorsprung. Die Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, hat mich ja selbst teilweise beeindruckt. Wenn am Anfang nicht alles rund läuft, dann heißt das jedoch nicht, dass wir nicht zurück in die Spur finden können. Ich habe den Jungs gesagt: Wenn wir es wirklich schaffen, unter die Hinrunde einen Strich zu ziehen, das Selbstvertrauen mitzunehmen und unsere Qualität auf den Platz zu bringen, sind wir super unangenehm zu spielen. Und wir werden unser Saisonziel erreichen. Was es ist, weiß ich heute noch nicht.

Frage: Der Umgang mit der neuen wie speziellen Situation einer souveränen Tabellenführung, beinhaltet das auch einen Lernprozess für einen Trainer?

Klopp: Ich habe nicht das Gefühl, dass ich viel lerne. Der Unterschied ist verschwindend gering. Wir wurden auch schon negativ beurteilt und gefragt: Woran liegt es? Am Ende sind es immer fußballerische Erklärungen. Ich habe noch nie ein Problem damit gehabt, gewonnene Spiele zu bewerten. Das bereitet mir viel Spaß. Es gibt schlimmere Dinge, als Tabellenführer zu sein. Ich werde auch nicht glauben, ich müsste jetzt abheben, oder jetzt geht alles von alleine. Dafür bin ich dann doch nicht naiv genug.

Frage: Sie haben Ihren Vertrag bereits bis 2014 verlängert. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke glaubt, dass das noch nicht das Ende ihrer Ära beim BVB ist.

Klopp: Das ist zu weit in die Zukunft gedacht. Natürlich wissen wir nicht, was 2014 ist. Es gibt Menschen, die überall unzufrieden sind, weil sie glauben, dass woanders alles besser ist. Zu der Kategorie gehöre ich nicht. Das Einzige, was ich in Dortmund nicht liebe, ist das Wetter. Aber wenn ich dahin gehe, wo das Wetter schön ist, verstehen mich die Leute vermutlich nicht mehr. Wir wollen hier beim BVB die Entwicklung vorantreiben. Und wenn wir 2013 oder 2014 sagen: Das ist so geil, wir machen noch ein paar Jahre, dann wird es dafür Gründe geben - außer das Wetter wird noch schlechter.

Frage: Wann wäre der Zeitpunkt gekommen, um die Mission Dortmund freiwillig zu beenden?

Klopp: Dafür fehlt mir komplett die Cleverness, den richtigen Moment zu erwischen. Das habe ich nicht in mir. In Mainz zum Beispiel hätte ich nach dem Abstieg relativ leicht wechseln können, um in der ersten Liga zu bleiben. Danach sind wir nicht aufgestiegen, dann war es allerdings ein logischer Zeitpunkt, weil auch der Vertrag ausgelaufen war.

Frage: In den letzten zwei Jahren hat sich das Gesicht der Mannschaft kontinuierlich verändert. Haben Sie jetzt die richtige Mischung gefunden?

Klopp: Das Problem des Fußballs ist, wenn man eine gute Konstellation hat, möchte man sie festhalten und in die nächsten zehn Jahre tragen. Das ist aber mehr als naiv, deshalb muss man Dinge verändern. Manche werden verändert von außen, durch Transfers usw. Aktuell haben wir das Gefühl nicht. Zumindest diese und die nächste Saison können wir das ohne große Veränderungen durchziehen. Ich bin gekommen und habe nicht bewusst die Mannschaft ausgetauscht. Wir haben keinen Schnitt gemacht. Wenn man die Mannschaft jetzt sieht im Vergleich zu dem Zeitpunkt, als ich gekommen bin, ist der Unterschied dennoch gewaltig. Wenn wir noch einmal zweieinhalb Jahre in die Zukunft sehen könnten - ich wäre selbst gespannt, was dann los ist.

Frage: Mit dem Erfolg steigen doch auch die Begehrlichkeiten anderer Clubs. Wie werden Sie damit umgehen?

Klopp: Ich kann mich doch nicht hinstellen und klagen: Andere Vereine holen uns Spieler weg. Wenn wir es schaffen, die Perspektive so darzustellen, dass unsere Spieler sagen: Hier möchte ich dabei sein, hier möchte ich unter die ersten Elf und nicht dort unter die ersten 19, dann haben wir eine relativ gute Chance, die Jungs zu halten und andere Wege zu gehen. Wenn sich große Vereine mit mehr Geld auf Spieler von uns stürzen, dann bedeutet das, sie schauen nicht nach anderen. Dann holen wir eben die anderen. Aber aktuell ist das kein Thema.

Frage: Die Chancen sind groß, dass der BVB in der kommenden Saison in der Champions League spielen wird. Werden Sie das mit dem derzeitigen Personal angehen?

Klopp: Wenn wir eine erfolgreiche Saison und dann in einem europäischen Wettbewerb spielen, werden wir mit den Jungs und mit ein oder zwei Verpflichtungen, die wir ohnehin tätigen werden, in den Wettbewerb gehen - wie auch immer er heißen würde. Dort nehmen wir Geld ein, das wir auch wieder ausgeben können. Unser Geschäftsführer wird es dann nicht aufs Festgeldkonto einzahlen und sagen: Der Etat bleibt gleich. Es wird Veränderungen geben. Kurz gesagt: Das, was wir einnehmen, investieren wir in den Kader. Bisher haben wir jedoch noch nicht viel eingenommen.

Frage: Außer dem BVB stehen überraschend auch Mainz, Hannover und auch Freiburg oben in der Tabelle. Ist das Zufall oder ein Indiz für die Ausgeglichenheit der Bundesliga?

Klopp: Dahinter steckt ein klarer Plan der Trainer, eine super Umsetzung, und dazu kommt: Bremen schwächelt, Hamburg schwächelt, Stuttgart schwächelt, und Wolfsburg schwächelt. Es gibt immer Schlüsselmomente in der Saison. Die einen wurden für ihre Herangehensweise in der Hinrunde belohnt, andere für Unruhe bestraft. Die qualitativen Abstände sind so eng. Die Bayern sind schon häufiger nicht perfekt in die Saison gestartet. Aber sie haben dann ihre Spiele halt knapper gewonnen, statt zu verlieren. Das ist dann der Unterschied.