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Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball in der Heimstätte der Dortmunder Borussia
Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball in der Heimstätte der Dortmunder Borussia

"Wir wollen die Nummer Drei in Europa werden!"

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Dr. Reinhard Rauball ist Präsident des Ligaverbandes und Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFL. Im Interview spricht er über die aktuelle Saison und die Zukunft der Liga.

Frage: Herr Rauball, wie ist Ihr grundsätzliches Fazit der jetzt ablaufenden Bundesliga-Saison?

Dr. Reinhard Rauball: Ich bin lange dabei, aber ich kann mich nicht an eine solch spannende Saison erinnern. Drei Clubs können am letzten Spieltag noch Meister werden, und das kann theoretisch in der 95. Minute entschieden werden. Zwei Mannschaften kämpfen noch um einen Platz in der Europa League. Und noch ist niemand definitiv abgestiegen. Mehr Spannung geht nicht.

Frage: Noch ist niemand abgestiegen, weil die Relegationsspiele wieder eingeführt wurden. Aus sportlichen oder aus wirtschaftlichen Gründen?

Rauball: Über allem steht der Sport. Wir wollen national und international starken deutschen Ligafußball. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass sich der Dritte der unteren Liga mit dem 16. der oberen noch einmal messen muss. Dass dieses auch die Massen elektrisiert und damit das Fernsehen, ist ein erwünschter Nebeneffekt. Aber noch einmal: Der Sport steht über allem. Und die Spannung! Lassen Sie mich ausnahmsweise als Präsident von Borussia Dortmund sprechen. Ich erinnere mich immer noch an 1986. Als 'Kobra' Jürgen Wegmann uns in der Nachspielzeit das dritte Spiel gegen Fortuna Köln ermöglicht hat - das war Emotion pur. Das bietet nur der Fußball.

Frage: Nach ihrer Wahl zum Liga-Präsidenten sagten Sie, ihr Ziel sei es, innerhalb Europas den vierten Platz zu konsolidieren. Das hat die Liga ja nun prächtig erreicht. Lehnen Sie sich jetzt bequem zurück?

Rauball: Ganz gewiss nicht. Aber wir können feststellen, dass wir aufgeholt haben. Wir haben Frankreich auf Distanz gehalten, wir haben - vor dem Werder-Finale - 1,3 Punkte auf Italien gut gemacht, Italien verliert durch das Streichen der Ergebnisse 2004/05 in der Fünf-Jahres-Wertung fast 3,5 Punkte auf uns. Wir wollen in Europa wieder Dritter werden, um den vierten Champions-League-Startplatz für die Bundesliga zurückzuerobern.

Frage: Die Bundesliga ist eine Erfolgsgeschichte, obwohl ihre Entwicklung im Vergleich zu anderen Ländern unglaublich behindert wird. Zu den einzelnen Baustellen kommen wir später. Wie aber erklären Sie sich die Erfolgsgeschichte?

Rauball: Ein wesentlicher Faktor ist dabei unser Modell des Ausgleichs, das für Stabilität und Spannung gleichermaßen sorgt. Wir haben ein strenges Lizenzierungssystem, das finanzielle Abenteuer verbietet und die Voraussetzung für einen ausgeglichenen Wettbewerb ist. Auch die Verteilung der TV-Gelder folgt einem Verteilerschlüssel, der sowohl auf Solidarität als auch auf Leistung beruht. In anderen Top-Ligen ist das wirtschaftliche Gefälle meist deutlich größer, der Wettbewerb langweiliger und der Schuldenstand höher. Wenn Sie sich nur vorstellen, dass der FC Valencia mehr Schulden hat als die gesamte Bundesliga!

Frage: Jetzt sind wir bei den Baustellen. FIFA-Präsident Joseph S. Blatter will 6+5, um dem Nachwuchs eine Chance zu geben. Mindestens sechs Spieler in der Anfangsformation, die zum Beispiel für Deutschland spielen dürfen.

Rauball: Ich habe keine Lust, mir wissentlich eine blutige Nase zu holen. So lange die Lissabonner Verträge mit einer Sonderstellung des Sports nicht unterzeichnet sind, würde eine solche Regelung gegen EU-Recht verstoßen. Der andere Weg ist richtig: verstärkt auf freiwilliger Basis investieren. Von den 30 Spielern, die zum Kader der U17-Europameister gehörten, wurden 25 in Bundesliga-Zentren ausgebildet, drei in Zweitliga-Zentren und zwei im Ausland. Rund 70 Millionen Euro zahlt die Liga jährlich für die Ausbildung in den Nachwuchsleistungszentren. Und es ist schön, dass sich das jetzt auszahlt.

Frage: Wir beurteiligen Sie als Jurist, die Forderungen der Deutschen Polizei-Gewerkschaft und mancher Politiker nach Ausgleichszahlungen für Polizei-Einsätze?

Rauball: Ich kann diesen Populismus nicht mehr hören. Ich bin schon zu Beginn meines Studiums mit diesem Thema konfrontiert worden - und seitdem hat sich nichts geändert. Die Kernthese ist: Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist die Polizei zuständig. Um es plakativ zu erläutern: Wenn in München der Sicherheitsgipfel stattfindet, stellt man dann den USA, Frankreich, Großbritannien und den anderen Teilnehmer-Nationen die Polizeikosten in Rechnung? Nein. Von daher bin ich es leid, vergebens Argumente gegen Polemik vortragen zu müssen.

Frage: Stichwort: Kartellamt…

Rauball: Wir haben beim Oberlandesgericht Düsseldorf Klage gegen die Beschränkung unserer Vermarktungsmöglichkeiten durch das Kartellamt eingereicht. Diesen Prozess müssen wir zur Klärung bringen, auch wenn es Jahre dauern kann und der Ausgang ungewiss ist. Dieser Prozess erfordert viel Sorgfältigkeit und große Geduld. Aber wir können uns nicht alles gefallen lassen. Wir brauchen Klarheit und Planbarkeit.

Frage: Auch das Verbot für private Wettanbieter belastet die Liga.

Rauball: Man muss schon ein Gemütsmensch sein, wenn Sie als Ligapräsident den deutschen Vereinen sagen müssen, dass sie ihre Verträge mit bwin und anderen lösen müssen, weil sie sich sonst strafbar machen. Und dann treten Milan und Real in Deutschland mit der entsprechenden Trikotreklame bundesweit auch im TV auf. Auch darum ist die Erfolgsgeschichte der Bundesliga um so bewundernswerter, weil sie trotz fehlender Unterstützung in diesen Bereichen erfolgreich ist.

Frage: Die Bundesliga beklagt auch ein Ungleichgewicht in den internationalen Finanzströmen und -gesetzgebungen.

Rauball: Die Bundesliga ist gegen jede Art von Finanzdoping, auf welche Art auch immer. Wir haben mit Franz Beckenbauer in der FIFA-Exekutive, mit Theo Zwanziger in der UEFA-Exekutive und mit Karl-Heinz Rummenigge als Präsident der europäischen Club-Vereiningung ECA kompetente, akzeptierte Vertreter in allen wichtigen Gremien. Zudem vertritt der Ligapräsident den Profi-Fußball in der EPFL, dem Zusammenschluss aller Profi-Ligen in Europa. Wir haben in Michel Platini als UEFA-Präsidenten einen Verbündeten, der den Sport über den totalen Kommerz stellt. Ich traue mich, die Behauptung zu wagen, dass wir bis zum Ende der Amtszeit Platinis als UEFA-Präsident ein europäisches Lizenzierungsverfahren haben werden, das Deutschland wieder mehr Chancengleichheit in Europa einräumen wird.

Frage: Weltwirtschaftskrise. Leidet die Bundesliga oder ist sie nach dem Motto Brot und Spiele Krisengewinner?

Rauball: Es wäre unlogisch zu behaupten, wir wären mit der Weltwirtschaftskrise nicht konfrontiert. Nach meinem Wissensstand haben mehrere Vereine noch keinen Trikotsponsor für die kommende Saison. Wir leben nicht auf einer Insel der Seligen. Wir werden Einschränkungen hinnehmen müssen. Aber international werden wir auf der Gewinnerseite sein. Auch ein Luca Toni oder Franck Ribery wissen, von wem sie pünktlich und regelmäßig ihr Geld bekommen...

Frage: Wann gewinnt die Bundesliga wieder die Champions League?

Rauball: Borussia Dortmund hat es 1997 gegen Juventus Turin geschafft, die Bayern 2001 gegen den FC Valencia, Bayer Leverkusen stand 2002 gegen Real Madrid im Finale. Trotz aller Nachteile. Wir werden in der Liga fleißig daran arbeiten, folgenden Dreiklang hinzubekommen: Sport, Selbstbewusstsein und Finanzen. Die jetzt ablaufende Saison gibt uns die Kraft, den Mut und die Lust, das zu versuchen. Das verspreche ich im Namen der Liga allen Fans, die im Übrigen durch ihr Engagement einen tollen Rahmen gegeben haben.