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Lars Ricken bestritt in seiner aktiven Laufbahn 301 Bundesligaspiele für den BVB und erzielte dabei 49 Tore
Lars Ricken bestritt in seiner aktiven Laufbahn 301 Bundesligaspiele für den BVB und erzielte dabei 49 Tore

"Von solchen emotionalen Spielen lebt die Bundesliga"

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Er ist gebürtiger Dortmunder, hat fast 20 Jahre das schwarz-gelbe Trikot getragen und hält dem BVB als Nachwuchskoordinator nach wie vor die Treue - Lars Ricken.

Ein Revierderby gegen Schalke war auch für den 33-Jährigen immer etwas Besonderes. Über den Reiz dieser Partie und den Respekt vor Magaths Arbeit, über gesunde Rivalität und schlotternde Knie in der Großraumdisco spricht Ricken im Interview mit bundesliga.de.

bundesliga.de: Lars Ricken, was machen Sie am Freitagabend gegen 22:15 Uhr?

Lars Ricken: Wahrscheinlich schaue ich mir im TV das Derby an. Und dann werde ich gegen viertel nach Zehn hoffentlich zufrieden den Fernseher ausschalten.

bundesliga.de: Sie sind nicht im Stadion?

Ricken: Ich war noch nie dort im Stadion, seit ich nicht mehr selbst auf dem Rasen stehe. Zum Teil aus Prinzip, weil mir dort zu viele Schalker herumlaufen. Aber auch, weil ich auf Schalke kein unbekanntes Gesicht bin. Die Worte, die man mir da entgegen wirft, muss ich mir nicht antun. Dann sitze ich lieber gemütlich auf der Couch und freue mich über drei Punkte.

bundesliga.de: Sind Sie auch der Meinung, dass es mal wieder Zeit wird für einen Auswärtssieg des BVB auf Schalke?

Ricken: Der letzte Sieg auf Schalke liegt fünf Jahre zurück. Damals habe ich noch selbst das Siegtor zum 2:1-Erfolg gemacht, vorher hatte schon Sebastian Kehl getroffen. Es wäre wirklich mal wieder ganz schön, und die Chancen stehen nicht schlecht. Der BVB spielt eine gute Saison. Aber Felix Magath ist andererseits alles zuzutrauen. Ich bin schon sehr überrascht, was er aus der Schalker Mannschaft gemacht hat.

bundesliga.de: Erstaunt Sie die Entwicklung der Schalker, die sich in der Tabellenspitze festgesetzt haben?

Ricken: Ja, auf jeden Fall. Joel Matip habe ich mir noch im letzten Jahr zwei Mal angeschaut, einmal als Manndecker, einmal als Stürmer. Jetzt spielt er unter Magath plötzlich eine richtig gute Saison auf der Sechser-Position im defensiven Mittelfeld. So gut, dass kaum noch jemand nach Jermaine Jones fragt. Oder wenn man Spieler aus der 4. Liga wie Moritz und Schmitz einbaut und dann um die oberen Tabellenplätze mitspielt, dann muss man dem schon Respekt zollen.

bundesliga.de: Spielerisch konnte Schalke allerdings noch nicht oft überzeugen.

Ricken: Schalke spielt ein wenig die Rolle, die Hertha BSC in der vergangenen Saison hatte. Sie spielen nicht wirklich überragend, aber sie sind unheimlich effizient. Ein Mann wie Kuranyi, der auch bei den Fans schon in Ungnade gefallen war, hat eine erstaunliche Entwicklung genommen. Auch andere wie Farfan, Bordon oder Sanchez haben sich unter Felix Magath von Problemfällen zu Leistungsträgern gewandelt. Mit Magath ist Ruhe eingekehrt bei Schalke.

bundesliga.de: Wie kann man Schalke denn erstmals seit fünf Monaten zuhause wieder schlagen?

Ricken: Wir müssen das einbringen, was uns stark macht: 100 Prozent Einsatz, Laufbereitschaft, Kampf und absoluten Willen. Der war oft beim BVB größer als beim Gegner. Defensiv arbeiten wir sehr gut gegen den Ball. Und offensiv haben wir einige Spieler, die für ein Highlight sorgen können. Schade, dass Lucas Barrios gerade jetzt seine Gelbsperre absitzen muss. Aber wir haben auch andere wie Valdez, Zidan, Kuba. Und auch Kevin Großkreutz wird von Spiel zu Spiel stärker.

bundesliga.de: Um Kevin Großkreutz als gebürtigen Dortmunder und bekennenden BVB-Fan gab es im Vorfeld wieder einigen Wirbel. Ist er dem Druck gewachsen?

Ricken: Bei einigen Spielern könnte ich mir vorstellen, dass der Druck zu einem Problem wird. Aber bei Kevin ist das gelebte Rivalität. Vielleicht war manche Aussage nicht ganz so klug, aber sie kommt aus dem Herzen. So, wie ich ihn kenne, wird er nicht mit schlotternden Knien in diese Großraumdisco in Gelsenkirchen einlaufen. Er wird voll motiviert in das Spiel gehen, um es den Schalkern zu zeigen.

bundesliga.de: Apropos Großkreutz: Kommt Dein Sohn eigentlich auch ins Heim, wenn er Schalker wird?

Ricken:(lacht) Die Frage stellt sich bei mir nicht. Mein Vater ist Dortmunder und hat mich mit der Liebe zum BVB erzogen. Diesen Einfluss würde ich bei meinem Kind auch geltend machen. Also ist es wirklich eine Frage von sehr theoretischer Natur.

bundesliga.de: Gehören diese Sticheleien und dieses Geplänkel im Vorfeld eines Derbys, das von beiden Seiten gepflegt wird, zu einem solchen Spiel einfach dazu?

Ricken: Das ist ein Stück gelebte Rivalität, aber harmlos. Natürlich gehören da auch Provokationen und Frotzeleien dazu. Da werden die verbalen Bälle wie beim Tischtennis gerne hin und her gespielt. Auch von solchen emotionalen Spielen lebt die Bundesliga. Wichtig ist nur, dass es nicht in Gewalt oder Diskriminierung ausartet. Es darf auch nicht sein, dass gegnerische Fan-Utensilien gestohlen und verbrannt werden. Da sagen beide Vereine zurecht, dass es so weit nicht gehen darf.

bundesliga.de: Können Sie einem neutralen Fan erklären, was dieses Spiel bedeutet und woher diese innige Rivalität stammt?

Ricken: Das hat eine lange Tradition und geht zurück in die Geschichte, als die Schalker zunächst die Vorherrschaft hatten im Ruhrgebiet und dann der BVB anfing, diese Vorherrschaft aufzubrechen und die Schalker zu überholen. Von Generation zu Generation wird das weitergegeben und verstärkt sich. Es gibt eben nicht nur Fan-Freundschaften. (lacht)

bundesliga.de: Glauben Sie, dass in der aktuellen Dortmunder Mannschaft neben Kevin Großkreutz auch jeder andere Spieler weiß, was dieses Derby bedeutet?

Ricken: Wenn man einem Brasilianer oder Argentinier vom Derby nur erzählt, kann er es vielleicht noch nicht einordnen. Aber in der Woche vor einem Derby spürt und erlebt man, dass etwas Besonderes ansteht. Es sind mehr Zuschauer beim Training, es sind mehr Medienvertreter da, manchmal bringen die Fans noch spezielle Spruchbänder am Trainingsgelände an. Da wird man als Spieler schon sehr stark sensibilisiert. Und wenn man dann ins Stadion einläuft, liegt tatsächlich ein Kribbeln in der Luft. Davon kann man sich als Spieler gar nicht frei machen.

bundesliga.de: Sind die Tore und Siege gegen Schalke deswegen auch nach dem Ende der aktiven Karriere auch für Sie etwas ganz Besonderes?

Ricken: Auf jeden Fall! Natürlich werde ich oft auf mein Tor aus dem Champions-League-Endspiel 1997 angesprochen. Aber direkt danach rangieren Derbysiege und Derbytore. Und für mich selbst war das vielleicht schönste Tor meiner Karriere auch nicht der Treffer aus dem Endspiel, sondern ein Tor 1995 gegen Schalke. Ruben Sosa hat mir den Ball zugespielt, ich stand halbrechts 16 Meter vor dem Tor. Ich wollte den Ball flach unten links hineinschießen. Der Ball rutscht mir über den Spann und schlägt rechts oben ein. Jens Lehmann im Schalker Tor hat völlig verdutzt geguckt.

bundesliga.de: Siege sind das eine, Niederlagen das andere. Was macht man denn, wenn man ein Derby verloren hat - so wie der BVB das Hinspiel in dieser Saison?

Ricken: Man lässt sich erstmal nicht in einer Bar oder Disco in Dortmund blicken. Und man muss ganz schnell das nächste Spiel gewinnen, damit wieder eine einigermaßen positive Grundstimmung herrscht. Das Gute an so einer Hinspiel-Niederlage ist ja, dass man sich immer zwei Mal in einer Saison trifft. Und da lässt sich jetzt eine Menge wieder gut machen.

bundesliga.de: Glauben Sie, dass Schalke in der Tabelle noch einzuholen ist?

Ricken: Wenn wir das Derby gewinnen, wären wir wieder sehr nah herangekommen. Aber das ist nicht unser primäres Ziel. Für uns zählt vor allem, den Abstand zu Platz 6 zu halten oder sogar zu vergrößern.

bundesliga.de: Nach momentanem Stand würden beide Clubs in der nächsten Saison international spielen. Sind beide reif für Europa?

Ricken: Wenn zwei Drittel einer Saison gespielt sind und man so weit oben in der Tabelle steht, dann sicher aus gutem Grund. Gerade für den BVB wäre eine Qualifikation für den Europapokal sehr wichtig, weil man so noch ein paar Euro zusätzlich einnehmen könnte. Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Wenn man mit zusätzlichen Einnahmen noch zwei, drei erfahrene Spieler verpflichten könnten, mit denen diese junge Mannschaft weiter wachsen kann, wäre das hilfreich. So kann der BVB auch langfristig in dieser Tabellenregion verbleiben. Und es wäre auch sehr schön, wieder sagen zu können, dass der BVB im wahrsten Sinne des Wortes eine Mannschaft von internationalem Format ist.

bundesliga.de: Wagen Sie noch einen Tipp für das Spiel?

Ricken: Das Derby endet mit einem klaren 1:0 für Borussia! Und das Tor erzielt Nelson Valdez!

Das Gespräch führte Dietmar Nolte