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Der FC Bayern war nach dem 1. FC Nürnberg Stefan Reuters zweite Station als Spieler. Von 1988 bis 1991 stand er in den Diensten des Rekordmeisters und wurde 1989 und 1990 mit der Mannschaft Deutscher Meister
Der FC Bayern war nach dem 1. FC Nürnberg Stefan Reuters zweite Station als Spieler. Von 1988 bis 1991 stand er in den Diensten des Rekordmeisters und wurde 1989 und 1990 mit der Mannschaft Deutscher Meister

"Von sich überzeugt sein"

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München - Die Deutsche Meisterschaft zu verteidigen ist ein außerordentlich seltenes Kunststück. Genau genommen ist der FC Bayern München seit 15 Jahren der einzige Verein, der es geschafft hat, zwei Jahre in Folge auf den Bundesliga-Thron zu steigen.

Die anderen Titelträger taten sich deutlich schwerer. Wolfsburg wurde beispielsweise 2009 Meister - im Folgejahr jedoch nur Achter. Die letzte Ausnahme außer den Bayern bildete Borussia Dortmund, die in den Spielzeiten 1994/95 und 1995/96 die Schale holte.

Beide Male stand Stefan Reuter im Kader. Der ehemalige Welt- und Europameister kennt die Schwierigkeiten im Jahr nach dem Titelgewinn. Dennoch prophezeit der 44-Jährige dem BVB eine erfolgreiche aktuelle Saison und kündigt gegenüber bundesliga.de ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Meisterschaft 2012 an.

bundesliga.de: Herr Reuter, Sie wurden mit Borussia Dortmund und Bayern München jeweils zwei Jahre in Folge Deutscher Meister. Wie haben Sie die Erwartungshaltung im Jahr nach dem Titelgewinn wahrgenommen?

Stefan Reuter: Ich bin als junger Spieler von Nürnberg zum FC Bayern gekommen. Damals war die Erwartungshaltung, dass man um den Titel mitspielt. Glücklicherweise haben wir ihn im ersten Jahr direkt gewonnen, obwohl mit Lothar Matthäus und Andreas Brehme erfahrene Spieler den Verein verlassen hatten. Danach war ganz klar das Ziel, im nächsten Jahr wieder Meister zu werden, weil die Mannschaft sich gefunden und an Erfahrung dazugewonnen hatte, auch international. Dazu standen viele Nationalspieler im Kader.

bundesliga.de: Ging man bei Borussia Dortmund mit den gewachsenen Ansprüchen anders um als bei den Bayern?

Reuter: Das war ein Riesenunterschied. Für Borussia Dortmund war es die erste Meisterschaft nach 32 Jahren, das war für viele ein Traum. Der Trainerstab um Ottmar Hitzfeld hat Jahr für Jahr die Mannschaft immer wieder punktuell verstärkt. Es gab also nie einen ganz großen Umbruch. Das wurde dann 1995 mit der Meisterschaft belohnt. Damals hatten wir viele deutsche Nationalspieler, zusätzlich einige hervorragende Spieler aus dem Ausland. So war es dann auch möglich, im Folgejahr die Meisterschaft zu verteidigen und ein weiteres Jahr später die Champions League zu gewinnen.

bundesliga.de: Was war damals das Geheimnis Ihrer überragenden Form in der Champions League 1996/97, die im Titelgewinn gipfelte?

Reuter: Wir hatten viele Spieler im optimalen Fußballer-Alter, die mit sehr viel Selbstbewusstsein an die Aufgabe herangegangen sind. Nationalspieler, die entweder bei der WM 1990 oder der EM 1996 schon internationale Titel gewonnen hatten. Man muss von sich selbst überzeugt sein, um Mannschaften wie Barcelona oder Real schlagen zu können.

bundesliga.de: Wie weit ist die aktuelle BVB-Mannschaft in diesem Entwicklungsprozess?

Reuter: Borussia hat es wieder geschafft, die Mannschaft über Jahre hinweg gezielt zu verstärken - junge, hochtalentierte Talente entweder zu holen oder selbst auszubilden. Es fehlt vielleicht noch ein wenig der Glanz. Aber die Meisterschaft war eben eine neue Erfahrung. Die Mannschaft hat gefeiert, sie muss jetzt wieder den Rhythmus finden. Aber der Großteil der Spieler ist sehr stabil. Für Dortmund spricht, dass die Borussia gute Alternativen zur Stammbesetzung hat. Die Spieler sind sehr fit und können marschieren. Dortmund wird durch die Doppelbelastung nicht zurückgeworfen werden. Ganz im Gegenteil: Das wird die Borussen noch stärker machen, weil der Kader international an Erfahrung gewinnt.

bundesliga.de: Beim BVB hatte man ja zuletzt den Eindruck, als würde die Leistung nach dem Auftaktsieg gegen den HSV etwas stagnieren.

Reuter: Es ist kein Selbstläufer. Jedes Team ist jetzt gegen Dortmund noch konzentrierter. Zusätzlich spielt Borussia noch international und muss sich mit anderen Dingen beschäftigen. Einige Spieler sind neu in der Nationalmannschaft. Die neue Situation müssen sie erst einmal verarbeiten. Aber Trainer und Vereinsführung sind sehr stabil, auch die Spieler verhalten sich auf und neben dem Platz äußerst professionell. Sie werden auch in diesem Jahr wieder überragenden Offensivfußball spielen. Das ist ihr Stil, sie schalten sehr schnell um und spielen sehr schnell nach vorn.

bundesliga.de: Welche Rolle spielen die Trainer - damals Hitzfeld, heute Klopp?

Reuter: Jeder Trainer hat seine eigene Art. Gerade bei erfolgreichen Teams mit etlichen ebenso erfolgreichen Spielern, die eine eigene Persönlichkeit haben, ist es wichtig, die Mannschaft gut zu führen. Es muss klar sein, wer der Chef ist. Ottmar Hitzfeld genoss den absoluten Respekt der Mannschaft und das ist bei Jürgen Klopp sicherlich genauso.

bundesliga.de: Was halten Sie denn im Einzelnen von den Gegnern des BVB in der Champions League?

Reuter: Arsenal hatte zu Beginn der Saison große Probleme. Aber die Londoner haben mit Per Mertesacker einen erfahrenen Innenverteidiger geholt, der ihnen wieder Stabilität verleihen soll. Sie sind enorm spielstark. Trainer Arsene Wenger lässt sehr schnellen Fußball spielen. Das ist ein super Gradmesser in Europa. Marseille und Olympiakos muss man schlagen, wenn man weiterkommen will. Das ist auf alle Fälle drin. Grundsätzlich sehe ich für alle drei deutschen Mannschaften gute Voraussetzungen, um in der Champions League weiterzukommen. Die Bundesliga hat sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt. Wir haben unglaublich viele junge Spieler dazubekommen, die internationales Format besitzen.

bundesliga.de: Hätten Sie als erfahrener Spieler noch einen guten Rat an die Mannschaft des Meisters von heute?

Reuter: Den Spielern muss nur bewusst sein, dass auch international nur mit Wasser gekocht wird. Auch wenn die Spanier vielleicht im Moment einen Tick voraus sind - namentlich Barcelona - kann Dortmund im richtigen Moment jede Mannschaft schlagen, weil die Qualität auch bei der Borussia sehr hoch ist. Auch 1997 waren wir nicht unbedingt Favorit im Finale gegen Juventus Turin. Aber wenn die Mannschaft an sich glaubt und einer sich für den anderen reinhaut, dann ist es durchaus möglich sich durchzusetzen.

bundesliga.de: Glauben Sie, dass der BVB den Bayern dauerhaft Paroli bieten kann?

Reuter: Bayern München nimmt klar eine Ausnahmestellung in der Liga ein: Der Club hat es über Jahrzehnte hinweg geschafft, sich wirtschaftlich am stabilsten aufzustellen, von daher wollen die Bayern auch jedes Jahr einen Titel gewinnen. Sie haben die finanziellen Mittel, um internationale Topspieler nach Deutschland zu holen. Die bringen die nötige Erfahrung bereits mit. Für einen anderen Verein wäre es schwer zu bewerkstelligen, einen Arjen Robben oder Franck Ribery zu verpflichten, oder solche wie Lahm oder Schweinsteiger zu halten. Diese Spieler haben ihre Qualität national und international schon unter Beweis gestellt.

bundesliga.de: Haben Sie einen heißen Tipp, wer am Ende dieser Saison Deutscher Meister wird?

Reuter: Ich vermute, dass Dortmund und Bayern das unter sich ausmachen und dass es eng wird bis zum Schluss. Festlegen möchte ich mich bei den beiden nicht.

Das Gespräch führte Sabine Glinker