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Im Sommer beendete Simon Rolfes, der langjährige Kapitän der Werkself, seine Karriere
Im Sommer beendete Simon Rolfes, der langjährige Kapitän der Werkself, seine Karriere

Simon Rolfes: "Leverkusen fehlt die Stabilität"

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Köln - Fünf Punkte und ebenso viele Plätze trennen derzeit Borussia Mönchengladbach und Bayer 04 Leverkusen. Der Werkself bietet sich nun im 67. rheinischen Derby daheim die Chance, den Rückstand auf die auf Rang 3 notierten Fohlen zu verringern.

"Gladbach wirkt sehr gefestigt"

Zwischen 1989 und 2010 blieb Leverkusen gegen die Borussia ungeschlagen, seitdem ist die Bilanz bei drei Siegen für Leverkusen, drei Erfolgen für Mönchengladbach und vier Unentschieden ausgeglichen. Etliche Derbys bestritt auch Simon Rolfes, der langjährige Kapitän der Werkself, der im Sommer seine Karriere beendete. Im Interview mit bundesliga.de analysiert der 33-Jährige die Kontrahenten.

bundesliga.de: Herr Rolfes, befürchten Sie das Borussia Mönchengladbach der Werkself aktuell ein bisschen den Rang abläuft?

Simon Rolfes: Es ist auf jeden Fall ein offener Kampf. Die Gladbacher haben in den letzten drei, vier Jahren eine phänomenale Entwicklung genommen und stehen zurecht da oben. Sie sind sehr stabil und haben ihren Kader sehr gut weiterentwickelt. Die Borussia hat einfach Qualität. Es gibt in jedem Jahr eine Überraschungsmanschaft, die mal eine starke Saison spielt, so wie die Gladbacher vor vier Jahren. Aber jetzt ist es überhaupt keine Überraschung mehr, dass sie oben stehen. Sie gehören ganz klar zu den dauerhaften Champions-League-Anwärtern.

bundesliga.de: Die Fohlen haben auch den Leverkusen-Komplex abgelegt, der sie viele Jahre verfolgt hat und zuletzt auch einige direkte Duelle gewonnen wie beim 3:0 im Borussia-Park in der Vorsaison.

Rolfes: Beim letzten Spiel habe ich leider noch mitgewirkt. Nachdem Mönchengladbach jahrelang ein gutes Pflaster für uns war, haben wir das letzte Derby leider verloren. Natürlich hing das auch mit der Qualität zusammen, weil wir über die Jahre der klare Favorit waren und es dementsprechend auch häufiger für uns entschieden haben. Die Spiele sind inzwischen deutlich offener geworden. Das war schon im letzten Jahr der Fall und wird in diesem Jahr genauso sein. So eine Serie wird es nicht mehr geben.

bundesliga.de: Wie gefestigt wirkt die Borussia auf Sie?

Rolfes: Aktuell sehr gefestigt. Mit Sicherheit wird interessant sein zu sehen, wie sie aus der Winterpause kommen, weil es für die Mannschaft auch gefühlsmäßig ein Wandel zwischen den Extremen war. Erst gab es diesen unfassbaren Start mit null Punkten aus den ersten fünf Spielen. Da haben einige befürchtet, dass es eine Saison im Abstiegskampf werden könnte, ähnlich wie bei Borussia Dortmund im letzten Jahr. Aber aus dieser Situation haben sie sich phänomenal herausgespielt, indem sie fast alles gewonnen haben. Das wird sich in der Winterpause ein bisschen setzen. Dann wird auch der eine oder andere erfahrene Spieler nach Verletzung zurückkommen. Dann muss die Mannschaft wieder Schwung aufnehmen. Gladbach wird aber auf jeden Fall ein Kandidat für die oberen Plätze bleiben.

bundesliga.de: Dann wird man vermutlich auch sehen, wie Trainer und Mannschaft mal mit einer Niederlage in der Bundesliga umgehen werden. Das Gefühl haben sie in den Punktspielen ja noch gar nicht kennengelernt.

Rolfes: Genau. Das gehört natürlich auch dazu. Die Spieler haben im Moment das Gefühl, dass sie gar nicht verlieren können. Und so spielen sie auch. Dann schießen auch noch die Bayern an den Pfosten. Dieser psycholgische Moment kommt dann auch noch dazu. Aber das kann sich bei einer Niederlage ändern, wenn man merkt, dass man doch noch angreifbar ist.

bundesliga.de: Das Außergewöhnliche an dieser Saison ist, dass die Borussia erst null Punkte holt und dann unter Andre Schubert acht Siege und zwei Unentschieden folgen lässt. Muss ein neuer Trainer bei einer sicherlich guten Mannschaft gar nicht so viel ändern, um den Erfolg wieder einzufahren?

Rolfes: Das sehe ich auch so. Und dann hatte er auch noch das Momentum, dass im ersten Spiel die ersten drei Schüsse alle im Tor landen. Er hat es aber auch gut gemacht. Die Basis, die Lucien Favre gelegt hatte, war ja großartig. Die Mannschaft war taktisch und fußballerisch sehr gut entwickelt und gut zusammengestellt. Was fehlte, war mehr Energie im Spiel, aktiver zu sein gerade beim Verteidigen, früher anzugreifen. Andre Schubert hat das clever gemacht. Er hat die Mannschaft mit ins Boot geholt und sie im Spiel ein bisschen von der Leine gelassen. Er hat aber auch auf viele Elemente gebaut, die von Lucien Favre entwickelt wurden. Schuberts Qualität ist, dass er erkannt hat, was vorhanden ist und das gestärkt hat. Das hat er kombiniert mit dem neuen, aggressiveren Angreifen und Verteidigen. Die Borussia ist aktuell eine extrem gute Mannschaft, der man gerne zuguckt.

"Leverkusen fehlt die Mittelachse"

bundesliga.de: Leverkusen gibt nicht unbedingt das Kontrastprogramm ab, aber bei der Werkslef hakt es in dieser Saison. Die Mannschaft schafft es nicht, ein paar Spiele in Folge zu gewinnen und Konstanz reinzubekommen. Was fehlt bei der Werkself, die nur auf Platz 8 steht?

Rolfes: Die Stabilität fehlt. Sie sind unberechenbar in ihrem Spiel, positiv wie negativ. Wenn man die Mannschaft der letzten Saison mit der aktuellen vergleicht, fällt auf, dass die komplette Mittelachse aus unterschiedlichen Gründen fehlt. Stefan Kießling wird leider nicht so berücksichtigt wie im letzten Jahr, dahinter fehlen Gonzalo Castro und ich, Lars Bender ist verletzt. In der Abwehr ist Emir Spahic weg und Ömer Toprak war lange verletzt. Das ist für eine Mannschaft nicht nur auf dem Platz schwer zu verkraften, sondern auch unter der Woche in der Kabine. Es ist nicht einfach, so schnell eine neue Struktur zu finden. Dennoch hat die Mannschaft aufgrund der hohen Investitionen wieder den Druck, die Champions League zu erreichen.

bundesliga.de: Die Neuen haben gut eingeschlagen. Kevin Kampl, Chicharito und auch Admir Mehmedi spielen bislang eine gute Runde. Die Abteilung Attacke ist gut aufgestellt.

Rolfes: Keine Frage. Die Spieler sind alle sehr offensiv ausgerichtet, auch ein Kevin Kampl ist eher ein Offensivspieler als ein wirklicher Sechser. Die Stabilität einer Mannschaft entwickelt sich aber häufig von hinten heraus. On top gibt es dann die Kreativspieler vorne, die auch mitarbeiten müssen, aber von der Stabilität dahinter profitieren. Die fehlt. Die Einzelspieler, die sie geholt haben, machen es sicher gut. Aber die Mannschaft funktioniert nicht so.

bundesliga: Ist das eine Frage der Zeit, bis der Knoten platzt? Oder kann sich das die ganze Saison hinziehen und die Spielzeit zu einem Übergangsjahr werden lassen?

Rolfes: Das liegt in der Hand der Mannschaft und des Trainers. Aber von alleine wird es nach dem Motto "Die Zeit wird es bringen" nicht laufen. Man muss Prozesse angehen und sich entwickeln. Die Schwierigkeiten und Herausforderungen muss man voller Energie angehen. Das kann dauern, keine Frage.

"Effizientere Spielweise hat uns stark gemacht"

bundesliga.de: Letztes Jahr blieb Leverkusen in der Hinrunde mit 28 Punkte auch ein wenig hinter den Erwartungen und drehte dann in der Rückrunde auf. Kann sich die Geschichte in dieser Saison wiederholen?

Rolfes: Denkbar ist alles. Aber man muss auch die Entwicklung in der letzten Saison sehen. Wir sind damals sehr furios gestartet und haben dieses vorne attackieren in der Extremform praktiziert. Im Herbst ist uns in den englischen Wochen ein bisschen die Luft ausgegangen, da haben wir Punkte liegen lassen. In der Rückserie haben wir es mit einer etwas effizienteren Spielweise kombiniert. Das hat uns am Ende stark gemacht. In diesem Jahr ist das anders. Die fehlende Grundstabilität im System liegt nicht nur daran, dass die Spielweise nicht ökonomisch genug ist.

bundesliga.de: Auf den Trainer Roger Schmidt warten also noch einige Baustellen, zumal auch einzelne Spieler schwächeln wie sogar ein Bernd Leno oder eine Clublegende wie Stefan Kießling, der unzufrieden ist.

Rolfes: Das ist immer so. Wenn es nicht so gut läuft, hat der Trainer alle Hände voll zu tun. Auf Leverkusen wartet nun harte Arbeit, der man sich stellen muss. Man muss wieder die Basics trainieren und sich einfache Sachen wirklich erarbeiten. Es fängt damit an, dass man als Mannschaft verteidigt. So holt man sich Sicherheit, so geht es wieder vorwärts. Aber das tut mehr weh als in Mönchengladbach, wo die Spieler sozusagen auf den Platz gehen und einfach loslegen.

bundesliga.de: Abschlussfrage: Wie geht das Derby am Samstag aus?

Rolfes: Meistens hat Leverkusen gegen Mönchengladbach zuhause eher schlechter ausgesehen, auswärts dagegen ganz gut. Ich tippe auf ein 2:2.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski