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Ronald de Boer sagt, dass der Trainer Pep Guardiola "großen Wert auf die Spielintelligenz" legt
Ronald de Boer sagt, dass der Trainer Pep Guardiola "großen Wert auf die Spielintelligenz" legt

Ronald de Boer: "Es steckt eine Menge Holland in Guardiola"

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München - Die nationale und internationale Konkurrenz wird es mit Schrecken vernehmen: Der FC Bayern wird unter dem neuen Trainer Pep Guardiola "noch attraktiver spielen", prophezeit Ronald de Boer im Interview mit bundesliga.de - sechster Teil des großen Guardiola-Spezial. De Boer spielte mit Guardiola zusammen beim FC Barcelona - gemeinsam mit der Holland-Connection um seinen Bruder Frank, Patrick Kluivert, Michael Reiziger, Philipp Cocu, Winston Bogarde, Boudewijn Zenden, Ruud Hesp - und unter den Trainern Johan Cruyff und Louis van Gaal. "Cruyff und van Gaal waren seine wichtigsten Lehrmeister", sagt de Boer.

Doch dass es erneut zum Triple reicht, hält der Niederländer für "nicht realistisch. Dazu gehört neben aller Klasse auch ein wenig Glück". Sicher aber sei "der FC Bayern ist in den nächsten Jahren in guten Händen".

Der holländische "Fußballer der Jahres" 1994 und 1996 spielte gemeinsam mit Guardiola beim FC Barcelona und wurde 1999 spanischer Meister. Im Interview erzählt er, wie der Erfolgstrainer Guardiola tickt und dass er den in der vergangenen Saison so erfolgreichen FC Bayern nicht umkrempeln muss, denn "wie Bayern derzeit spielt, ist das schon nah an seiner Fußball-Philosophie".

bundesliga.de: Herr de Boer, im letzten Champions-League-Finale standen sich zwei deutsche Mannschaften gegenüber. Hat Sie das überrascht?

Ronald de Boer: Sicherlich ein wenig. Ich würde nicht sagen, dass ich das erwartet habe. Aber auch nicht allzu sehr, denn Bayern und auch Dortmund haben eine hohe Qualität und können an einem guten Tag jeden schlagen. Gerade die Bayern haben einen Ausnahme-Fußball gespielt auf einem extrem hohen Level, den sie auch noch die ganze Saison über Woche für Woche gehalten haben. Bayern war in dieser Saison einfach zu gut, selbst für den FC Barcelona. Sie waren hervorragend organisiert und haben mich an unser Ajax-Team 1995 erinnert. Auf jeder Position stark besetzt, und jeder Spieler hat seine speziellen Qualitäten, die er zum Wohl des Teams einsetzt. Aber von einer Wachablösung würde ich noch nicht sprechen. Natürlich kann Barcelona die Bayern besiegen. Sie müssen aber einen guten Tag erwischen.

bundesliga.de: Gibt es weitere Gründe für die deutsche Überlegenheit? Ist die Winterpause ein Vorteil, die die anderen Ligen ja nicht haben? In England wird sogar an Weihnachten gespielt.

de Boer: Wenn Sie mich fragen, habe ich persönlich schon den Eindruck, dass gerade die englischen Teams zum Saisonende nicht mehr ganz so frisch wirken wie die anderen. Die spielen ja auch noch in mehreren Pokal-Wettbewerben und haben, wie die Spanier und Italiener auch, 20 Teams in der Liga. Dazu kommt noch die Belastung durch die Länderspiele. Ich glaube schon, dass die Winterpause ein Vorteil für die Deutschen ist. Der Körper braucht einfach mal eine Pause.

bundesliga.de: Der FC Bayern hat in dieser Saison alles gewonnen und wechselt dennoch den Trainer. Was bedeutet das für den neuen Coach Pep Guardiola?

de Boer: Das ist nicht die beste Zeit, den Job anzutreten. Es wird sehr schwierig für ihn, denn was kann man mehr erreichen, als alle Titel zu gewinnen? Aber ich wünsche ihm alles Gute und viel Glück.

bundesliga.de: Im Fußball sagt man "Never change a winning Team". Kann er überhaupt Veränderungen in Team und Taktik vornehmen oder muss er seine Idee von Fußball dem FC Bayern anpassen?

de Boer: Das muss er nicht, denn so wie Bayern derzeit spielt, ist das schon nah an seiner Fußball-Philosophie. Ich bin sicher, er wird die Mannschaft noch weiterentwickeln. Sie wird noch attraktiver spielen und den Anteil Ballbesitz und -kontrolle weiter erhöhen. Sie werden die Gegner mit ihrer Dominanz ermüden und ihnen klarmachen, ihr habt hier nichts zu gewinnen.

bundesliga.de: Der moderne Barca-Fußball hat seine Wurzeln in holländischen Trainern und basiert auch darauf, dass von der Jugend bis zu den Profis dasselbe System gespielt wird, wie es bei Ajax seit Jahrzehnten der Fall ist. Wie viel Johan Cruyff, wie viel Holland steckt in Guardiola?

de Boer: Eine Menge. Das hat er ja auch in seinem Buch geschrieben. Cruyff und Louis van Gaal waren seine wichtigsten Lehrmeister. Er hat von beiden das Beste übernommen, die Organisation des Spiels, die Besessenheit von jedem noch so kleinen Detail. Er legt großen Wert auf die Spielintelligenz, das Physische ist sekundär. Ich glaube, seine Philosophie läuft darauf hinaus, dass der Ball immer schneller ist als die Spieler.

bundesliga.de: Sie haben mit Guardiola in einer Mannschaft gespielt. Was für ein Spieler, was für ein Mensch ist Guardiola?

de Boer: Er ist ein sehr freundlicher Mensch, eine große Persönlichkeit. Er hat seinen Job immer sehr ernst genommen, konnte selbst im Training nur schwer verlieren. Das gilt auch für sein Golfspiel. Er ist sehr fokussiert auf das, was er tut, ein Perfektionist.

bundesliga.de: Hat er schon als Spieler wie ein Trainer gedacht?

de Boer: Ja, er war der verlängerte Arm des Trainers auf dem Feld, er hat viel mit uns Mitspielern gesprochen, uns dirigiert. Das lag auch daran, dass er körperlich nicht der Stärkste war. Das Manko hat er durch seine Intelligenz ausgeglichen. Er wusste immer schon im Voraus, was passieren wird, hat immer einige Spielzüge vorausgedacht. Das ist eine natürliche Begabung, die er nun einfach mal hat.

bundesliga.de: Was für ein Trainer ist Guardiola?

de Boer: Keiner, der still auf der Bank sitzt. Er will immer versuchen, dem Team zu helfen. Andrerseits ist er natürlich auch in der Lage, ein Spiel zu lesen und zu sehen, wann er sich mal zurücklehnen kann, wann seine Mannschaft das Spiel im Griff hat und keine Hilfe braucht.

bundesliga.de: Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge, Matthias Sammer - in München ist Guardiola von geballter Fußball-Kompetenz umgeben. Ein Vorteil oder eine Gefahr?

de Boer: Ein Trainer muss immer unabhängig sein. Er muss tun und lassen können, was immer er will. Natürlich wird er sich mit so erfahrenen Persönlichkeiten austauschen, aber die endgültige Entscheidung trifft er ganz allein.

bundesliga.de: Dürfen Fans und Offizielle die Verteidigung des Triples erwarten?

de Boer: Nein, das wäre nicht realistisch. Wie oft kommt so etwas denn vor? Dazu gehört neben aller Klasse auch ein wenig Glück. Ich bin aber sicher: Bayern ist in den nächsten Jahren in guten Händen.

Das Gespräch führte Jürgen Blöhs


Ronald de Boer ist eine niederländische Fußball-Ikone. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Frank stand er für eine goldene Generation bei Ajax Amsterdam (224 Spiele, 50 Tore) und wurde mit dem Team 1995 Champions-League-Sieger. Eine Saison spielte er gemeinsam mit Pep Guardiola beim FC Barcelona und wurde spanischer Meister. 67 Mal lief er für die niederländische Nationalelf auf (13 Tore). 2008 beendete er nach Engagements in Glasgow und Katar nach einer Knieverletzung seine aktive Karriere. Im Moment ist der 43-jährige de Boer Individualtrainer in der Ajax-Jugend. Dort coacht er 13- bis 19-Jährige mit dem Fokus auf die Defensive.


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