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Mit Bayern München verlor Michael Rummenigge (l.) 1987 das Finale im Landesmeister-Cup gegen den FC Porto
Mit Bayern München verlor Michael Rummenigge (l.) 1987 das Finale im Landesmeister-Cup gegen den FC Porto

Michael Rummenigge: "Da bekommt man Albträume"

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Dortmund - Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn man als Favorit in ein Finale der Champions League geht. Und dann doch als Verlierer den Platz verlässt. Michael Rummenigge verpasste 1987 im Wiener Praterstadion mit Bayern München gegen den FC Porto den ganz großen Wurf. Und das könnte den Bayern am Samstag in Wembley gegen Borussia Dortmund wieder passieren, glaubt der 49-Jährige.

Sechs Jahre hat Michael Rummenigge für den FCB gespielt, ebenfalls sechs für den BVB. Die familiären Bande zum Bruder und Bayern-Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz sind gut, aber seinen Wohnsitz hat er heute immer noch in Dortmund. Im Gespräch mit bundesliga.de erinnert sich der Ex-Nationalspieler an seinen ganz persönlichen Albtraum vor 26 Jahren, spricht über den Wert des Titelgewinns in der Champions League und wirft einen Blick auf die beiden Finalteams von London.

bundesliga.de: Michael Rummenigge, Sie können aus eigener Erfahrung berichten, wie es sich anfühlt, ein Finale in der Champions League zu verlieren.

Michael Rummenigge: Es war wohl die schlimmste Niederlage meiner Karriere. Das war richtig bitter! Vor allem, weil wir damals 1987 als absoluter Favorit in das Finale gegen Porto gegangen sind. Und wir haben bis zur 78. Minute 1:0 geführt durch ein Kopfballtor von Wiggerl Kögl. Dann kam dieser Hackentrick von Rabah Madjer - ein Tor, das uns wie ein Keulenschlag getroffen hat. Danach haben wir unklug gespielt und prompt das zweite Tor kassiert. Wir waren damals alle ohnmächtig vor Wut über die eigene Dummheit, so ein Finale noch aus der Hand zu geben. Das hat sehr weg getan.

bundesliga.de: Was genau ist damals schiefgelaufen?

Rummenigge: Wir waren uns viel zu sicher, dass wir dieses Spiel mit der 1:0-Führung über die Bühne bringen. So, wie es damals oft beim FC Bayern der Fall war. Wenn wir mal 1:0 vorne lagen, dann haben wir eigentlich kein Spiel mehr aus der Hand gegeben. Aber damals im Finale haben wir das Spiel nicht mehr kontrolliert und hatten das Heft nicht mehr in der Hand. Und ein Lothar Matthäus war damals in entscheidenden Spielen meistens noch nicht so im Stande, das zu zeigen, was er konnte. Das hat sich erst später in seiner Karriere verändert.

bundesliga.de: Der Hackentrick von Madjer verfolgt Sie noch heute?

Rummenigge: Das stimmt leider! Michael Meier, der frühere Manager von Borussia Dortmund, hat mir im letzten Jahr ein Foto aus Porto geschickt. Es hängt im Stadion des FC Porto und zeigt ganz groß Madjer, wie er den Ball mit der Hacke reinmacht. Ich stehe daneben und muss zusehen. Da bekommt man leichte Albträume, wenn man das so sieht.

bundesliga.de: Die Stimmung nach dem Spiel dürfte damals auch nicht die allerbeste gewesen sein?

Rummenigge: Das anschließende Bankett war wie eine Beerdigung. Da herrschte eine Stimmung, als wenn jeden Augenblick die Glocken geläutet würden und einer abtransportiert wird. Wir Spieler sind dort auch nicht lange geblieben, sondern haben den Abend noch woanders mit diversen Getränken ausklingen lassen. Aber es war kein angenehmer Abend.

bundesliga.de: Wie lange braucht man, bis man nach so einer Finalniederlage wieder Boden unter den Füßen hat?

Rummenigge: Das hat damals schon einige Tage gedauert. Wir mussten vor allem drei Tage später in der Bundesliga schon wieder beim FC Homburg antreten. Ich habe zwar ein Tor gemacht. Aber das war so kurz nach diesem Finale wirklich ein Spiel, das kein Mensch gebraucht hat. Die Berichterstattung in den Medien war nach der Niederlage auch nicht so prickelnd. Und das Tor von Madjer musste man sich immer wieder im Fernsehen ansehen. Da saß die Enttäuschung schon länger noch ganz schön tief.

bundesliga.de: Es war nicht Ihre einzige Finalniederlage.

Rummenigge: Das stimmt, mit Borussia Dortmund habe ich auch ein europäisches Finale verloren, und zwar im UEFA Cup 1993 gegen Juventus Turin. Aber das war schon eher zu verschmerzen, weil Juve damals eine wirkliche Übermacht war. Und das war 1987 im Finale ganz anders. Da waren wir mit Bayern München eben der große Favorit.

bundesliga.de: Ist das die Parallele zum Endspiel in Wembley, bei dem Bayern gegen den BVB auch als Favorit gilt?

Rummenigge: Es ist eine andere Ausgangslage. Zum einen war Porto damals europäisch nicht so der große Knaller. Zum anderen kennen sich Dortmund und Bayern auswendig. Die letzten sechs Spiele in der Bundesliga haben die Bayern nicht gewinnen können. Dafür waren sie beim Sieg im DFB Pokal in München klar überlegen. Ich gehe davon aus, dass es ein enges Spiel wird. Aber natürlich sind die Bayern Favorit aufgrund der phänomenalen Saison, die sie gespielt haben. Die wollen sie am Samstag krönen.

bundesliga.de: Und wenn das nicht gelingt und der BVB das Finale für sich entscheidet?

Rummenigge: Wenn die Bayern das nicht schaffen, ausgerechnet gegen Borussia Dortmund, dann noch in der Kultstätte Wembley, dann wird es natürlich bitter. Ich glaube, Bayern hat mehr zu verlieren als Borussia Dortmund. Daher ist der Druck auf Seiten der Bayern größer. Auf der anderen Seite können Spieler wie Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger aber auch die Geschichtsbücher des FC Bayern neu schreiben, wenn sie das Triple gewinnen. Dann wären sie auf einen Schlag ganz oben, vergleichbar mit der Mannschaft Mitte der 70er Jahre, die drei Mal in Folge Meister wurde. Aber auf einen Schlag drei Titel in einem Jahr zu holen, das hat es beim FC Bayern auch noch nicht gegeben.

bundesliga.de: Wenn die Bayern die Champions League aber nicht gewinnen, dann ist auch die Deutsche Meisterschaft nur noch eine Randnotiz?

Rummenigge: Ich persönlich hätte auch lieber auf eine Deutsche Meisterschaft verzichtet und dafür 1987 die Champions League gewonnen. Und bei Bayern München ist das generell so: Der Klub will immer das Maximum erreichen und hat den Anspruch, alles zu gewinnen, was es zu gewinnen gibt. Das ist der Maßstab. Wenn man jetzt im Finale steht, dann will man auch diesen Titel. Sie sind zwar phänomenal Deutscher Meister geworden, aber jetzt wollen sie diesen großen Titel mit aller Macht. Vor allem gegen Dortmund, gegen die man zuletzt zwei Mal die Meisterschaft verloren hat und dazu in Berlin [beim Pokal-Finale] gedemütigt wurde. Uli Hoeneß hat nicht umsonst gesagt, dass die Vormachtstellung im deutschen Fußball in Wembley entschieden wird. Da hat er vielleicht nicht so ganz Unrecht.

bundesliga.de: Was wird aus Ihrer Sicht in diesem Finale den Unterschied ausmachen?

Rummenigge: Die Bayern haben immer noch mehr Spieler mit individueller Klasse. Natürlich Franck Ribery, der immer für ein Tor oder eine Vorlage gut ist. Dazu Schweinsteiger, der das Heft in dieser Saison komplett in die Hand genommen hat. Und ich habe noch nie einen Stürmer wie Mario Mandzukic gesehen, der so viel arbeitet und zugleich so torgefährlich ist. Borussia Dortmund kommt mehr über die Teamleistung und hat eine ganz starke Achse. Roman Weidenfeller, der seit Jahren super hält. Dann Mats Hummels, davor Ilkay Gündogan, der sich sensationell entwickelt hat, und in der Spitze Robert Lewandowski. Dazwischen fehlt jetzt natürlich Mario Götze. Die Frage wird einmal mehr sein: Schlägt individuelle Klasse die mannschaftliche Geschlossenheit? Klasse oder Kollektiv - das wird man sehen.

bundesliga.de: Wie wird der BVB auf den Ausfall von Götze personell reagieren?

Rummenigge: Die Frage wird sein, ob Marco Reus seine Position übernimmt und Kevin Großkreutz ins Team rückt. Oder ob Gündogan den Part hinter Lewandowski übernimmt und Nuri Sahin neu im Mittelfeld spielt. In jedem Fall wird Bayern sich erst einmal darauf einstellen müssen. Das ist aus meiner Sicht auch das einzige Fragezeichen. Bei den Bayern ist ziemlich klar, wer spielen wird. Übrigens darf man eines nicht vergessen: Borussia Dortmund hat auch das Pokalfinale in Berlin ohne Mario Götze mit 5:2 gewonnen.

bundesliga.de: Wagen Sie einen Endspiel-Tipp?

Rummenigge: Die erste Viertelstunde wird es vielleicht noch ein Abtasten geben und jeder wird seine Zone erst einmal behaupten. Aber insgesamt wird es ein Spiel auf Biegen und Brechen über 90 Minuten. Ich tippe auf ein 1:1, dann gibt es Verlängerung. Und dann entscheidet das Elfmeterschießen. Und da musst du eh viel Glück haben und die Dinger reinhauen.

bundesliga.de: Sind Sie selbst in Wembley? Und mit welchem Ihrer Ex-Vereine dürfen Sie nach dem Spiel feiern?

Rummenigge: Ich bin auf die Finalparty von Borussia Dortmund eingeladen. Unsere Traditionsmannschaft wird da sein und ich bin mit der ganzen Familie in London. Mein Sohn Marco kommt extra aus Washington. Und dann wollen wir Wembley zusammen richtig genießen.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte