- © DFL
- © DFL
bundesliga

Leonardo Bonucci beim 1. FC Union Berlin: Ein sensibler Krieger für die "Eisernen"

xwhatsappmailcopy-link

Europameister 2021, neunfacher italienischer Meister, 121 Einsätze für die "Squadra Azzurra": Leonardo Bonucci bringt gewaltige Erfahrung und unfassbare Qualitäten mit zum 1. FC Union Berlin. Der italienische Abwehrstar ist trotz seines fortgeschrittenen Alters mehr als "nur" ein großer Name für die "Eisernen", die mit der Verpflichtung ihre rasante Entwicklung unterstreichen.

Hol' dir Leonardo Bonucci im Fantasy Manager

Leonardo Bonucci im Trikot des 1. FC Union Berlin: Hätte jemand das vor fünf Jahren vorgeschlagen, es wäre wohl schallendes Gelächter ausgebrochen. Dass der italienische Abwehrstar nun von Juventus Turin zu den "Eisernen" wechselt, zeigt einmal mehr, wie rasant sich die Dinge in Köpenick in der jüngsten Vergangenheit entwickelt haben. Zuletzt sorgte der derzeitige Bundesliga-Tabellenführer, der mit zwei Siegen einen perfekten Start in die neue Saison erlebte, für Schlagzeilen, als er sich die Dienste des aktuellen deutschen Nationalspielers Robin Gosens (vorher Inter Mailand) sichern konnten. Nun kommt mit Bonucci ein noch größerer Name aus der Serie A an die Alte Försterei.

Der 36 Jahre alte Innenverteidiger, 2021 mit Italien Europameister geworden, hat allerdings mehr als nur eine starke Reputation im Gepäck. Zweikampfstark, spielintelligent, fußballerisch und taktisch bestens ausgebildet: Der Abwehrstar zählt seit mehr als einer Dekade zu Europas Elite und stellte dies in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis. Neunfacher Meister in Italien, 121 Länderspiele für die "Squadra Azzurra", Stammgast in der Champions League: Wo immer Bonucci spielte, da hinterließ er seine sportlichen Spuren. Gemeinsam mit Giorgio Chiellini bildete der 1,90 Meter große Rechtsfuß ein schier unüberwindliches Abwehrbollwerk – in der Nationalmannschaft und bei seinem Herzensverein Juventus Turin, wo er einst seinen Durchbruch feierte.

Dabei hätte es auch durchaus anders laufen können in der Karriere des Leonardo Bonucci: Groß geworden in der mittelitalienischen Kleinstadt Viterbo, wechselte das Abwehrtalent 2005 in Inter Mailands Nachwuchsabteilung. Der Durchbruch in der Seniorenmannschaft blieb ihm dort allerdings verwehrt, die "Nerazurri" liehen ihn gleich zweimal an den Zweitligisten Treviso aus. Beim Serie-B-Team lief es für den jungen Abwehrhünen allerdings so gar nicht nach Plan, zeitweise saß Bonucci sogar nur auf der Tribüne. "Meine Karriere war in Gefahr, ich hatte mein ganzes Selbstvertrauen verloren", schilderte der Innenverteidiger seine Erinnerungen an diese schwierige Zeit. Bonucci ging einen im Fußball durchaus ungewöhnlichen Weg – und suchte sich Hilfe bei einem Mentalcoach.

Eine Entscheidung, die sich auszahlen sollte – auch auf dem Platz. "Schau in den Spiegel, was siehst du da? Ich sehe einen Krieger", soll ihn sein Mentalcoach einst angebrüllt haben. Später verkündete dieser dann zu seinen doch recht fragwürdigen Methoden: "Ich fing an, Leo zu einem Soldaten zu formen." Sei es, wie es sei: Bonucci ließ sein mentales und sportliches Tief definitiv hinter sich, empfahl sich bei Stationen in Pisa und Bari für ein Engagement bei seinem Lieblingsclub. Mit starkem Stellungsspiel, robustem Zweikampfverhalten, herausragenden Qualitäten im Kopfballspiel und spielerisch sehenswerten Lösungen entwickelte sich der Abwehrschrank bei Juventus zum unumstrittenen Leistungsträger und durfte seine Stärken auch erstmals in der Nationalmannschaft präsentieren.

"Beckenbonucci" mit dem "süßen Fuß"

Knallhart auf dem Platz, sensibel daneben: Bei Leonardo Bonucci sind das zwei Seiten derselben Medaille. Der Abwehrschrank sucht abseits des Fußballs selten das Rampenlicht, gab lange nur selten Interviews. In einem seiner raren Auftritte in der Öffentlichkeit ließ er tief in seine Seele blicken: "Ich fühle mich, als wenn ich eine Rüstung trüge. Ich denke viel und sage wenig. Ich gebe es zu, Misstrauen ist meine persönliche Schwachstelle. Deshalb habe ich nur wenige Freunde", so Bonucci. Trotz aller Erfolge galt der wortkarge Schweiger als verschlossener Charakter, der es einem selten leicht macht. Wie sensibel der "Krieger" privat sein kann, bewies er in einem TV-Interview, als er – angesprochen auf seinen schwerkranken Sohn – in Tränen ausbrach.

Wähle die besten Spieler aus 60 Jahren Bundesliga!

Im Fußball schien ihn nichts schocken zu können, doch 2017 nahm er Abschied von seiner "Alten Dame". Oder musste Abschied nehmen, die Interpretationen der Ereignisse in diesem Sommer zwischen Bonucci und Juve-Coach Massimiliano Allegri gehen doch sehr weit auseinander. Nach einem Jahr bei der AC Mailand kehrte der verlorene Sohn zurück – und bildete wieder gemeinsam mit Chiellini das gefürchtete Bollwerk in Juventus' Abwehrzentrum. Dass Bonucci weit mehr als nur ein Eisenfuß in der Defensive ist, zeigen gleich zwei Anekdoten: Die italienische Tageszeitung "La Republica" taufte ihn einst "Beckenbonucci", ein englischer Journalist fragte angesichts eines Traumpasses bei der EM, wer denn bitte Andrea Pirlo bräuchte, wenn er doch Bonucci hätte. Und Torwart-Legende Gianluigi Buffon geriet gar komplett ins Schwärmen: "Leo ist mit der gottgegebenen Gabe eines süßen Fußes geboren worden."

Nicht zimperlich - auch gegen die großen Namen: Bonucci zählt seit über einer Dekade zu den besten Innenverteidigern - AFP via Getty Images

Mit Bonucci bestens gerüstet für die Premiere in der Champions League

Ein süßer Fuß, ein unerschrockener Krieger, ein sensibler Schweiger: Leonardo Bonucci ist nicht nur sportlich ein schillernder Charakter, der beim 1. FC Union Berlin nun in der Abwehr aufräumen soll. Das eiserne Bollwerk bekommt einen großen Namen mit großen Qualitäten – für die anstehenden Aufgaben in drei Wettbewerben, darunter die erstmalige Teilnahme an der Champions League, sollten die Köpenicker nun bestens gerüstet zu sein. Und ganz ehrlich: Nach der Entwicklung der vergangenen Jahre bricht niemand mehr in Gelächter aus, wenn von Leonardo Bonucci im Trikot der "Eisernen" die Rede ist. Das wird an der Alten Försterei sicherlich für noch größere Freude über diesen Transfercoup sorgen.

Thomas Reinscheid