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Ottmar Hitzfeld (l.) gewann sieben Mal die Deutsche Meisterschaft
Ottmar Hitzfeld (l.) gewann sieben Mal die Deutsche Meisterschaft

"In letzter Minute kann vieles passieren"

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Drei Mannschaften können sich Hoffnungen auf den Gewinn der Deutschen Meisterschaft machen: der VfL Wolfsburg, Bayern München und der VfB Stuttgart. Spannende Saisonfinals sind aber keine Seltenheit in der Bundesliga. Schon oft wurde der Titel erst in letzter Minute vergeben.

Einer, der sich damit auskennt, ist Ottmar Hitzfeld. 1994/95 überholte er mit Borussia Dortmund am 34. Spieltag noch Werder Bremen. Fünf Jahre später wiederholte er dieses Kunststück mit dem FC Bayern im Fernduell mit Leverkusen. 2001 wären die Bayern beinahe noch eingeholt worden, ehe ein Last-Minute-Tor Schalkes Titelträume platzen ließ.

Im Interview mit bundesliga.de spricht Erfolgstrainer Hitzfeld darüber, wie er seine Spieler auf solche "Endspiele" vorbereitet hat. Als Motivation nutzte er dabei eigens erlebte Negativerfahrungen.

Weiterhin zieht der 60-Jährige seinen Hut vor dem Wolfsburger Erfolgsmodell. Er gibt einen Ausblick auf den Südgipfel, nennt seine Erwartungen an Louis van Gaal, lobt die Arbeit von Jürgen Klopp und spricht über seine Arbeit als Schweizer Nationaltrainer kurz vor der Sommerpause.

bundesliga.de: Herr Hitzfeld, die wichtigste Frage vorne weg. Wer wird Deutscher Meister?

Ottmar Hitzfeld: Ich gehe davon aus, dass Wolfsburg es schafft. Die Chance steht ja bei 95 Prozent und sie haben die beste Ausgangsposition. Ein Punkt reicht ja schon, um Meister zu werden.

bundesliga.de: Mit spannenden Meisterschaftsfinals kennen Sie sich bestens aus. 1995 mit Dortmund und 2000 mit dem FC Bayern überholten sie am letzten Spieltag die Konkurrenz. 2001 entrissen Sie dem FC Schalke in letzter Sekunde die Schale. Wie haben Sie Ihre Teams damals auf das letzte Spiel vorbereitet?

Hitzfeld: Man weiß ja aus Erfahrung, dass auch in letzter Minute noch vieles passieren kann. Ich selbst habe das ja zwei Mal schmerzlich erfahren müssen: 1992 mit Borussia Dortmund, als Guido Buchwald mit seinem Treffer in der 86. Minute den VfB Stuttgart zur Meisterschaft geköpft hat. Wir gingen mit leeren Händen aus. Und mit dem FC Bayern habe ich 1999 durch zwei Treffer in den letzten Sekunden noch das Finale der Champions League verloren. Ich weiß also auch, dass man in den letzten Sekunden ein Spiel noch drehen kann. Man muss mit der Einstellung spielen, dass man auch in der letzten Sekunde noch ein Tor erzielen und eine Entscheidung herbeiführen kann.

bundesliga.de: In nur zwei Jahren hat Felix Magath ein echtes Topteam in Wolfsburg geformt. Überrascht Sie diese schnelle Entwicklung?

Hitzfeld: Es ist schon eine außerordentliche Leistung von Felix Magath, ein Team in so kurzer Zeit ganz nach oben und wahrscheinlich zur Meisterschaft zu führen. Man wusste ja, dass Wolfsburg groß investieren kann und dass Wolfsburg auch in Zukunft um die Champions-League-Plätze mitspielen würde. Aber dass dies so schnell gehen würde, halte ich schon für eine Sensation.

bundesliga.de: Könnte das Beispiel Magath, der ja Trainer, Sportdirektor und Geschäftsführer in Personalunion ist, in der Bundesliga einen Trend auslösen?

Hitzfeld: Einen Trend wird dies sicher nicht auslösen. Aber es ist sicher eine Möglichkeit, dass ein Trainer mehr Macht bei seinem Verein bekommt. Das hängt natürlich immer von den Konstellationen des Clubs ab und auch davon, ob ein Trainer die Zusatzbelastung verkraften kann.

bundesliga.de: Zwischen Platz 1 und 4 ist für die Bayern alles möglich. Was erwarten Sie vom Spiel gegen Stuttgart?

Hitzfeld: Ich gehe davon aus, dass der FC Bayern das Spiel gewinnen wird. Normalerweise sind die Bayern druckresistent und solch einer Belastung gewachsen. Sie haben auch die bessere Mannschaft und den Heimvorteil. Und das kann am Ende mit ausschlaggebend sein.

bundesliga.de: Ab dem 1. Juli übernimmt Louis van Gaal das Traineramt an der Säbener Straße. Kann er die Bayern wieder zu gewohnter Stärke führen?

Hitzfeld: Ich glaube schon, dass die Bayern eine gute Wahl mit Louis van Gaal getroffen haben. Er ist ein international erfahrener Trainer und geht neue Wege. Natürlich ist es auch spannend, einen ausländischen Trainer bei Bayern München zu sehen. Alle sind schon jetzt gespannt auf die nächste Saison. Bayern wird wieder den besten Kader haben und zusätzlich investieren. Und somit sind die Bayern mit van Gaal dann auch wieder Favorit.

bundesliga.de: Noch ein kurzer Abstecher nach Dortmund. Dort hat Jürgen Klopp wieder für Spaß und Erfolg gesorgt. Wie bewerten Sie seine Arbeit und wird es der BVB ins internationale Geschäft schaffen?

Hitzfeld: Ich glaube schon, dass Dortmund nächstes Jahr wieder international spielen wird. Sie haben in der Rückrunde eine sehr große Leistungssteigerung gezeigt. Sie sind stabiler geworden und haben sich vor allem in der Defensive verbessert. Offensiv hatten sie schon immer großes Potenzial. Jürgen Klopp macht einen sehr guten Job und hat auch wieder eine Begeisterungswelle in Dortmund ausgelöst. Er hat wieder Euphorie entfacht in diesem fantastischen Stadion. Sie sind auf einem sehr guten Kurs.

bundesliga.de: Wenn Sie an die Spannung und Aufregung in dieser Saison denken, vermissen Sie die Bundesliga dann ein wenig?

Hitzfeld: Wenn ich die Spannung in der Bundesliga sehe, dann bin ich eigentlich froh, dass ich es mit Abstand betrachten kann. Ich habe das lange genug erleben dürfen. Das war eine tolle Zeit, aber ich habe nun mal beschlossen, etwas zurückzutreten, und der Job als Schweizer Nationalcoach ist auch sehr zeitintensiv und füllt mich aus. Ich bin mit meiner Situation sehr zufrieden.

bundesliga.de: Nach schwierigem Start mit der Schweizer Nationalmannschaft befindet sich Ihr Team nun voll auf WM-Kurs. Wie bereiten Sie Ihre Mannschaft auf die kommenden beiden Knallerspiele gegen Griechenland und in Lettland vor? Immerhin sind es ja noch mehr als drei Monate hin?

Hitzfeld: Die Hände sind mir ja leider etwas gebunden. Ich verfolge mit Spannung die Spiele meiner Spieler. Ich hoffe, dass viele von ihnen mit Erfolgserlebnissen in die neue Saison gehen. Ich hoffe auch, dass viele Spieler Stammspieler sein werden. Das ist bei der Schweizer Nationalmannschaft leider nicht so einfach, denn die meisten sind eben keine Stammspieler. Die Spannung ist sehr groß. Planen kann ich leider noch nicht viel.

bundesliga.de: Schweizer Spieler sind ja auch in der Bundesliga gern gesehen. Wie beurteilen Sie die Saisonleistungen von Frei, Magnin, Barnetta und Co. Und gibt es einen Schweizer Spieler, der Ihnen besonders aufgefallen ist?

Hitzfeld: Unter den gegebenen Umständen sticht natürlich Diego Benaglio hervor. Er kann Deutscher Meister werden mit Wolfsburg. Er ist zu einem sicheren Rückhalt seiner Mannschaft geworden und hat in der Rückrunde eine große Leistungssteigerung gezeigt. Auch bei uns ist er eine sichere Bank. Das freut mich natürlich ganz besonders, da die Position des Torwarts doch eine exponierte Stellung im Team darstellt. Alex Frei hat sich durchgekämpft in Dortmund und ist wieder Stammspieler geworden. Er hat die Antwort auf dem Platz gegeben. Ludovic Magnin hat sich auch wieder heran gekämpft. Auch Tranquillo Barnetta hat eine gute Saison gespielt. Christoph Spycher war ja lange Zeit verletzt, ist jetzt aber auch wieder zurück bei den Frankfurtern. Und auch einige andere, die aber nicht diese große Rolle bei ihren Vereinen gespielt haben, sind mir aufgefallen.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz