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Christian Eichner erzielte in 45 Bundesligaspielen für den Karlsruher SC drei Treffer
Christian Eichner erzielte in 45 Bundesligaspielen für den Karlsruher SC drei Treffer

"Hoffentlich pfeift der Schiri schnell ab..."

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Nach 0:3 noch 3:3 - ausgerechnet der Karlsruher SC, der fünf Niederlagen in Folge hatte hinnehmen müssen, sorgte am vergangenen Wochenende gegen Spitzenreiter Bayer Leverkusen für den Knalleffekt des Spieltags.

bundesliga.de hakte bei Linksverteidiger Christian Eichner nach, der in Abwesenheit des verletzten Maik Franz Kapitän der Wildpark-Elf war.

Im ersten Teil des ausführlichen Interviews spricht Eichner über das Spiel gegen Leverkusen, späte Gegentore und den Mythos "Aufbaugegner KSC".

bundesliga.de: Das war ja ein verrücktes Spiel am Wochenende. Fünf Niederlagen in Folge, und dann noch 25 Minuten schon 0:3 hinten - was geht einem da durch den Kopf?

Christian Eichner: Da ist mir zunächst mal das Spiel in Hamburg durch den Kopf gegangen, wo wir letztes Jahr zum Saisonende 7:0 verloren haben. Und als zweites, dass das einfach nicht wahr sein kann, was hier gerade passiert. Wir haben genügend Qualität, und trotzdem haben wir jede Woche eine vor den Latz bekommen. Das verursacht Unverständnis und Ungläubigkeit, und wenn man dann nach 25 Minuten 3:0 hinten liegt, hofft man eigentlich, dass der Schiedsrichter relativ schnell abpfeift.

bundesliga.de: Niemand hätte zu diesem Zeitpunkt noch einen Cent auf den KSC gewettet. Woher nahm die Mannschaft diese unglaubliche Moral?

Eichner: Das ist immer eine interessante psychologische Komponente. Wenn gar nicht mehr geht, dann entwickelst Du so eine "Jetzt-erst-recht-Mentalität", ähnlich wie bei Mannschaften, die nach einer Roten Karte in Unterzahl spielen. Bei uns war es einfach so, dass es nicht mehr schlechter ging. Fünf Niederlagen in Folge, 0:3-Rückstand gegen eine der momentan besten Mannschaften der Liga. Dann kam mit dem 1:3 der Aha-Effekt. Und dann haben wir uns in der Halbzeit gesagt, das könnte der Knackpunkt der Saison werden, oder zumindest der Vorrunde oder dieser schlechten Serie. Und wozu wir in der Lage sind, das haben wir dann gezeigt.

bundesliga.de: Beim 3:3 und auch nach dem Schlusspfiff war die Erleichterung bestimmt groß...

Eichner: Das war ganz interessant. Einerseits schon, weil uns das Spiel gezeigt hat, dass wir es noch können und genügend Qualität besitzen, um in der Liga nicht nur um Platz 15 oder 16 zu spielen. Auf der anderen Seite war da, so komisch es sich anhört, auch Enttäuschung zu spüren, weil noch mehr möglich gewesen wäre. Aber mit ein oder zwei Tagen Abstand war man natürlich hochzufrieden, überhaupt mal wieder einen Punkt auf der Habenseite zu haben.

bundesliga.de: Was ist der eine Punkt unter dem Strich wert?

Eichner: Das wird sich am Samstag in Cottbus zeigen. Wir müssen versuchen, diesen einen Punkt zu vergolden. Bei einer Niederlage ist der Punkt nicht viel wert. Aber für die Moral, für das Umfeld und für die tollen Zuschauer, die uns noch nach dem 0:3 unterstützt haben, war dieser Punkt natürlich brutal wichtig, so wie er zu Stande kam. Wir müssen natürlich jetzt weitermachen. Es ist eine gefährliche Situation. Auf einmal war alles wieder wunderbar, was vorher schlecht war. Da musst du als Mannschaft, als Trainer, als Gesamtpaket natürlich aufpassen, dass du da den Mittelweg findest und nicht denkst, du hättest schon 30 Punkte.

bundesliga.de: Während und nach der Niederlagenserie wurden Stimmen laut, die eine Abkehr vom 4-2-3-1-System und eine offensivere Spielweise forderten. Wie stehen Sie dem gegenüber?

Eichner: Das kann man sehr allgemein beantworten. Es hat sich leider in unserer Gesellschaft und vor allem im Fußballgeschäft sehr dahingehend entwickelt, dass es nur noch Schwarz und Weiß gibt. Was wir hier in Karlsruhe in zwei Jahren auf die Beine gestellt haben, ist phänomenal, wenn man weiß, mit was für Mitteln wir arbeiten müssen. Dabei war das System ein großer Mosaikstein. Was mich stört: Wenn dann nach zwei oder zweieinhalb Jahren mal eine Phase kommt, in der es nicht mehr so rund läuft, soll sofort alles über den Haufen geworfen werden. Das System, die Führungsspieler, was weiß ich noch alles. Da muss man aufpassen, dass man vernünftig bleibt und die Ruhe bewahrt. Ob wir jetzt mit 4-4-2 gespielt hätten oder mit einem anderen System, wir hätten in dieser Phase wahrscheinlich machen können, was wir wollen - wir hätten nicht gewonnen. So eine Phase gehört einfach mal dazu. Ich bin überzeugt davon, dass wir da rauskommen - und zwar im 4-2-3-1.

bundesliga.de: Sie haben die Führungsspieler schon angesprochen. Da waren bisher zwei Dinge sehr auffällig. Zum einen kommt Antonio da Silva noch nicht an die Vorjahres-Leistungen von Tamas Hajnal heran, zum anderen trifft Joshua Kennedy das Tor einfach nicht mehr...

Eichner: Unser Problem liegt in beiden Strafräumen. Zum einen bieten wir hinten dem Gegner immer wieder Möglichkeiten an, und zwar relativ schnell und einfach. Und zum anderen schaffen wir es vorne einfach nicht, die durchaus vorhandenen Torchancen in Tore umzumünzen. Man muss den Leuten immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass es letztes Jahr nicht so viel anders war. Nehmen wir mal das Beispiel Schalke: wir standen kompakt, im gleichen System, die Schalker haben ein, zwei Torchancen ausgelassen. Irgendwann haben wir ein Tor gemacht, sind weiterhin kompakt gestanden und haben durch einen Konter am Ende 2:0 gewonnen. Bloß: dieses Jahr stehen wir als Mannschaft hinten nicht so kompakt, und vorne nützen wir dann die Chancen nicht, um so ein Spiel auch mal "dreckig" 1:0 zu gewinnen. Daran müssen wir arbeiten. Dafür sind natürlich vorne auch die beiden angesprochenen Spieler verantwortlich, aber auch beispielsweise Stefano Celozzi auf rechts oder ich auf links dürfen vorne mal wieder was beitragen, genauso wie eben die offensiven Akteure in der Defensive gefordert sind, damit mal wieder die Null steht. Da muss man die ganze Mannschaft ins Boot nehmen.

bundesliga.de: Was lief noch alles falsch während der Niederlagenserie? Da gab es ja z.B. die späten Gegentore gegen Bayern und in Frankfurt...

Eichner: Das ist auch so ein Punkt, wo man aufpassen muss, dass man es sich nicht einredet. Ein ganz großer Knackpunkt war das Frankfurt-Spiel. Man darf nicht alles daran aufhängen, aber das war ein Punkt, wo alles in die andere Richtung hätte laufen können. Du hättest bei einem direkten Konkurrenten gewinnen und die Eintracht richtig in die Probleme reinschießen können, und stattdessen holt du so einen Gegner wieder ins Leben zurück. Das haben wir leider schon zu oft getan, in Gladbach war es das Gleiche. Am Samstag bietet sich die nächste Möglichkeit, ein für allemal damit aufzuräumen, dass wir Mannschaften, die am Boden liegen, wieder zum Leben erwecken.

bundesliga.de: Sie nehmen meine nächste Frage quasi vorweg. Selbst unter den eigenen Fans erlebt der Begriff "Aufbaugegner KSC" gerade eine Renaissance...

Eichner: Wir müssen aufpassen, dass wir uns das nicht selbst einreden. Wir müssen zusehen, dass wir in die Gänge kommen und den Schwung aus dem Leverkusen-Spiel mitnehmen. Dann bin ich überzeugt davon, dass wir zum einen unsere schwarze Serie in Cottbus beenden und zum anderen noch viele Punkte vor Weihnachten sammeln.

bundesliga.de: Was muss der KSC aus Spielen wie in Franfurt oder Mönchengladbach lernen?

Eichner: Das ist relativ schwierig. Du musst 90 Minuten hoch konzentriert sein, weil diese Mannschaften um jeden Zentimeter kämpfen. Das war vielleicht etwas, was uns nicht immer gelegen ist, wo wir uns etwas umstellen mussten. Wir sind immer eher über das Spielerische gekommen, auch letztes Jahr. Bei aller Kompaktheit und allen kämpferischen Elementen ist die spielerische Komponente eine unserer Stärken. Im Hinblick auf Samstag ist es ganz entscheidend, dass wir zunächst mal den Kampf annehmen. Das ist gerade in Cottbus der Fall, und da müssen wir ähnlich "eklig" zu Werke gehen, wie wir das gegen Hoffenheim versucht haben. Wir müssen unsere spielerische Überlegenheit irgendwann zum Tragen bringen, aber dafür müssen wir vorher einiges tun.

bundesliga.de: Wie ist Ihr Tipp für die Partie?

Eichner: Ich tippe auf ein 0:1, weil ich hoffe, dass wir den Schwung aus dem Leverkusen-Spiel mitnehmen und die Kompaktheit und die Kaltschnäuzigkeit, wie sie die Bayern oft zeigen, einfach mal in die Tat umsetzen und vielleicht mal dieses kleine, "dreckige", perfekte Spiel abliefern.

Das Gespräch führte Christof Greiner

Christian Eichner im zweiten Teil über seine Vertragsverlängerung, sein Studium und das Leben nach der Karriere - nächste Woche auf bundesliga.de!