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Christoph Metzelder (r., gegen den damals für Valencia spielenden David Villa), lief von 2007 bis 2010 für Real Madrid auf
Christoph Metzelder (r., gegen den damals für Valencia spielenden David Villa), lief von 2007 bis 2010 für Real Madrid auf

"FC Bayern muss Barca entnerven"

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München - Deutschland gegen Spanien also. Oder, präziser, Bayern München gegen Barcelona und Borussia Dortmund gegen Real Madrid (Di./Mi., ab 20:30 Uhr im Live-Ticker/Liga-Radio). Seit diese Duelle am 12. April in Nyon ausgelost wurden, fiebern die Fans der vier Lager den beiden Halbfinalspielen der Champions League entgegen. Doch welche Bedeutung hat das Treffen des aktuellen und des ehemaligen Deutschen Meisters mit zwei der erfolgreichsten Clubs der Welt? Auf Vereinsebene und im nationalen Vergleich?

Christoph Metzelder zum Duell Dortmund - Real

bundesliga.de hat mit einem gesprochen, der es wissen muss: Christoph Metzelder. Der 32-Jährige kennt sich aus, in der Bundesliga und in der Primera Division, hat selbst drei Jahre bei Real Madrid gespielt und sieben für Borussia Dortmund.

Im Interview erläutert der aktuelle Spieler des FC Schalke die Mentalität der beiden spanischen Giganten, spricht über die Jugendarbeit und verrät, warum die Bayern das dritte CL-Finale binnen vier Jahren verlieren werden.

bundesliga.de: Christoph Metzelder, im Halbfinale der Champions League stehen zwei deutsche und zwei spanische Mannschaften. Ist das ein deutliches Zeichen, dass diese Nationen in Europas Fußball den Ton angeben?

Christoph Metzelder: Das wäre ein bisschen weit interpretiert, weil die spanischen Mannschaften, vor allem Real Madrid, nicht unbedingt den spanischen Fußball repräsentieren. Das sind zwei Mannschaften der absoluten Weltspitze, die auch sehr auf internationale Stars setzen. Die Entwicklung in Deutschland geht eher dahin, mit eigenen, jungen Kräften erfolgreich zu sein. Wenn man sich unsere junge Generation ansieht, dann verfügt Deutschland über ein enormes Potenzial für die Zukunft. Spanien lebt immer noch von seiner goldenen Generation. Sie werden in den nächsten Jahren beweisen müssen, dass sie den Sprung schaffen, weitere Talente einzugliedern.

bundesliga.de: Was die Nachwuchsarbeit betrifft, sehen Sie die Vorteile also auf deutscher Seite?

Metzelder: Ich sehe Deutschland europaweit als Nummer eins in der Nachwuchsförderung. Das zeigt nicht nur die jetzige Generation, die ich gerade angesprochen habe, sondern das zeigen auch jene Spieler, die aus der Jugend nachwachsen. In Spanien verfügt der FC Barcelona traditionell über eine große Kaderschmiede, die immer wieder Talente hervorbringt. Aber auch hier treten in den nächsten Jahren einige Spieler ab und es stellt sich - parallel auch für die spanische Nationalmannschaft - die Frage, ob diese Spieler adäquat ersetzt werden können. Real Madrid hat auch eine Talentschmiede, füttert aber damit eher die restlichen Mannschaften der Primera Division. Hier schaffen kaum Spieler den Sprung aus der Jugend in die erste Mannschaft. Insgesamt denke ich, dass Deutschland die Spanier in den nächsten Jahren überholen wird.

bundesliga.de: Sehen Sie den Trend, dass auch deutsche Spitzenmannschaften zur Festigung ihrer Position zunehmend auf Stars aus dem Ausland setzen könnten? Die Bayern haben mit Javi Martinez zuletzt wieder einen solchen Schritt gemacht.

Metzelder: Spitzenmannschaften mit dem Anspruch, europäisch mitzumischen, müssen punktuell sicher auch auf Stars aus dem Ausland setzen. Aber der FC Bayern hat unter Louis van Gaal zum Beispiel auch eine Reihe an eigenen Spielern hervorgebracht wie Müller, Badstuber und Alaba. Das war für die Münchner eher ungewöhnlich im Vergleich der letzten Jahre. Aber mit Pep Guardiola kommt ein Trainer, der genau das in Barcelona durchexerziert hat und diese Linie auch beim FC Bayern verfolgen wird. Und Borussia Dortmund ist es par excellence gelungen, aus einer Notsituation heraus genau diesen Umbruch zu vollziehen.

bundesliga.de: Wenn man einen Blick auf die taktische Ausbildung und das taktische Verhalten der deutschen und der spanischen Mannschaften wirft: Wer hat da die Nase vorn?

Metzelder: In diesem Bereich ist der FC Barcelona sicher die absolute Ausnahme. Es gibt kaum einen anderen Verein in Europa, der von der Jugend bis zum Seniorenbereich durchgehend strategisch arbeitet mit einer einheitlichen Philosophie und Linie. Madrid arbeitet in diesem Bereich anders. Real ist ein Club, der seinen Zuschauern eine andere Art von Spektakel anbietet und ihnen die großen Stars offeriert. In Deutschland hat es vor allem durch die Nachwuchsleistungszentren einen Aufschwung auch in taktischer Hinsicht gegeben, der sich immer mehr niederschlägt. Junge deutsche Spieler sind heute schon sehr weit. Dass ein Julian Draxler oder ein Mario Götze schon auf diesem Niveau mit den Weltclubs mitspielen können, die nötige Ausbildung und das nötige Selbstbewusstsein haben, das spricht für sich.

bundesliga.de: Gibt es auch noch so etwas wie die oft zitierten deutschen Tugenden, die in den Halbfinals zugunsten der deutschen Teams eine Rolle spielen könnten?

Metzelder: Es werden enge Spiele im Halbfinale, gar keine Frage. Gerade bei Bayern gegen Barcelona werden es nur Nuancen sein, die den Unterschied ausmachen und ein Spiel entscheiden. Und in engen Situationen kommt es immer auch auf die Mentalität an. Trotzdem sehe ich in diesem Punkt die Bayern nicht unbedingt im Vorteil. Barcelona hat in den letzten Jahren viele internationale Titel gewonnen und bringt viel Erfahrung mit ein. Und auch in spanischen Mannschaften gibt es Spieler wie bei Barcelona Puyol oder bei Real Sergio Ramos, die die Kernarbeit einer Mannschaft leisten, indem sie die Zweikämpfe gewinnen, Zeichen setzen und die Mannschaft so mitreißen. Diese Spieler gibt es aus meiner Sicht auf beiden Seiten, nicht nur in den deutschen Mannschaften.

bundesliga.de: Mit der Nationalmannschaft hat sich Deutschland im EM-Finale 2008 und im WM-Halbfinale 2010 nicht gegen Spanien durchsetzen können. Was spricht dafür, dass es jetzt auf Vereinsebene besser laufen könnte?

Metzelder: 2008 waren wir schlicht nicht gut genug, das muss man so eingestehen. Das war bei Spanien der Beginn der goldenen Generation. Parallel hat auch der FC Barcelona in den europäischen Vereinswettbewerben alles gewonnen. 2010 war es schon deutlich knapper. Und wenn man sich unsere Nationalmannschaft jetzt ansieht, dann kann Jogi Löw aus einem großen Fundus an hervorragenden Spielern schöpfen. Aus meiner Sicht schlägt das Pendel auf Nationalebene langsam in Richtung Deutschland aus. Auf Vereinsebene ist es durch die Beimischung internationaler Stars immer noch etwas anderes. Und Real Madrid wird immer mehr finanzielle Möglichkeiten haben als Borussia Dortmund. Aber der deutsche Fußball hat auf Vereinsebene sicher aufgeholt, was die Leistungen des FC Bayern und von Borussia Dortmund in der Champions League in dieser Saison zeigen. Auch der Halbfinaleinzug von Schalke 04 vor zwei Jahren ist ein Beleg dafür.

bundesliga.de: Könnte der Gewinn der Champions League durch die Bayern oder den BVB dem deutschen Fußball und der Nationalelf noch einmal einen Extra-Schub geben?

Metzelder: Das denke ich schon, weil ein Großteil der Protagonisten aus diesen beiden Vereinen wie Schweinsteiger, Lahm, Hummels, Reus auch das Gerüst der Nationalmannschaft stellt. Und ihr Selbstbewusstsein bringen sie auch dort sicher mit ein. Andererseits ist die WM erst im kommenden Jahr. Der Ausgang der Champions League in dieser Saison gibt daher kaum Aufschlüsse über das, was 2014 in Brasilien passiert.

bundesliga.de: Welche Bedeutung hätte ein Titel für die vier Halbfinalisten?

Metzelder: Für Real Madrid wäre es der Titel schlechthin. Kein Verein definiert sich so sehr über die Champions League wie Real. "La Decima", der zehnte Triumph in der Champions League, hat absolute Priorität. Der neunte Titel war 2002 und ist schon sehr lange her. Für Madrid ist das fast schon ein Trauma geworden. Beim FC Barcelona fragt man sich nach den vielen Titeln der letzten Jahre schon, ob sie in entscheidenden Spielen immer noch diesen großen Hunger haben. Beim FC Bayern ist nach zwei verlorenen Finals eine große Portion Motivation dabei, gepaart mit einer unglaublichen Qualität und dem Selbstbewusstsein einer fantastischen Saison. Und für Borussia Dortmund wäre es natürlich eine Sensation und eine Krönung der Leistung der letzten Jahre.

bundesliga.de: Ihr Endspieltipp lautet demnach wohl FC Bayern gegen Real Madrid?

Metzelder: Real und Bayern sind am hungrigsten auf diesen Titel. Und auch wenn die deutschen Fans das nicht gerne hören, glaube ich, dass Real in diesem Jahr dran ist und die Bayern im Endspiel in Wembley schlägt. Aber das hat jetzt nichts mit Sympathie zu tun, das ist nur mein Bauchgefühl.

bundesliga.de: Und was sagt Ihr Bauchgefühl, wie die Bayern im Halbfinale den FC Barcelona schlagen können? Ist Lionel Messi überhaupt zu stoppen?

Metzelder: Wir reden über zwei absolute Topmannschaften auf ähnlich hohem Niveau. Aber nicht zuletzt das Viertelfinale gegen Paris hat gezeigt, wie entscheidend Messi für das Spiel von Barcelona ist. Ihr Spiel beinhaltet sehr viel Ballbesitz, sehr viel Spiel in die Seite, aber irgendwann muss das alles nach vorne umgesetzt werden. Und genau das hängt unglaublich von den Fähigkeiten von Lionel Messi ab. Es wird darauf ankommen, wie die Bayern Messi in den Griff bekommen. Wenn sie es schaffen, dass Barcelona immer wieder vergeblich anläuft und irgendwann entnervt ist, dann haben die Bayern mit ihrer eigenen Offensivqualität gute Chancen, das Spiel zu ihren Gunsten zu entscheiden. Denn Barca hat durchaus Probleme im hinteren Bereich. Ich finde es zwar bewundernswert, mit welcher Selbstverständlichkeit der FC Barcelona seine "Sechser" bei Verletzungen der Stammverteidiger zu Innenverteidigern umfunktioniert. Oft klappt das auch gut, aber im Vergleich mit den Bayern sehe ich im Defensivbereich bei Barcelona größere Schwachstellen.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte



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