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"Drei Punkte mit Sternchen"

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Gelsenkirchen - Am Sonntag steigt wieder das große Derby Schalke gegen Dortmund. Kaum ein Spieler hat so lange für die beiden Vereine gekickt wie Ingo Anderbrügge. Seine Profikarriere begann er 1984 bei Borussia Dortmund, dann wechselte er 1988 nach Schalke. Dort avancierte der heute 46-Jährige zum Publikumsliebling.

Zwölf Jahre lang war er aus dem Schalker Mittelfeld nicht wegzudenken. Ingo Anderbrügge gehörte zu den legendären Eurofightern, die 1997 den UEFA-Cup nach Schalke holten. Später wurde er in die Jahrhundertelf von S04 gewählt. Heute betreibt er eine Fußballschule für Jugendliche. Außerdem ist er seit einem Jahr bei der Spielerberatungsagentur Players Interests tätig.

Im exklusiven Gespräch mit bundesliga.de vergleicht Ingo Anderbrügge die Situation seiner beiden Ex-Vereine und blickt zurück auf packende Begegnungen.

bundesliga.de: Herr Anderbrügge, es ist wieder Derbyzeit im Ruhrpott. Wie verlaufen die letzten Tage vor dem Spiel?

Ingo Anderbrügge: Das waren immer prickelnde Spiele. So zwei Tage vor dem Derby steigt die Spannung. Dann sind mehr Fans beim Training, dann gibt es viel Trubel, dann kommen die Sprüche. Als Junge aus dem Ruhrgebiet habe ich mich immer sehr auf die Derbys gefreut. Wenn es dann losgeht, wenn man ins Stadion einläuft, ist das schon eine unvergleichliche Stimmung.

bundesliga.de: Wie sind Ihre ganz persönlichen Erinnerungen? Können Sie sich noch an Ihr erstes Derby erinnern?

Anderbrügge: Ja, sicher. Mein erstes Derby habe ich 1985 im Trikot von Borussia Dortmund gespielt. Wir haben im Parkstadion recht hoch mit 1:6 verloren. Ich habe das Ehrentor geschossen. Lieber erinnere ich mich aber an die Saison 1997/98. Beim 1:0-Heimsieg gegen die Borussia habe ich mit einem etwas härteren Schuss das entscheidende Tor gemacht. Auf das Tor werde ich noch heute angesprochen. Und im Rückspiel gelang Jens Lehmann kurz vor Schluss das 2:2. Diese Spiele vergisst man nicht.

bundesliga.de: Bei beiden Vereinen spielen kaum noch Spieler aus dem Ruhrgebiet. Sind sich die internationalen Profis beider Clubs über die Bedeutung des Spiels im Klaren?

Anderbrügge: Das denke ich schon. Wer in der Region aufgewachsen ist, kann natürlich tiefer in die Herzen der Fans schauen. Das ist doch ganz klar. Aber auch ein Dede weiß längst, worum es geht. Auch wenn das alles Profis sind und es in erster Linie wie in jedem anderen Spiel auch nur um drei Punkte geht, steigt die Spannung und jeder gibt zehn bis 20 Prozent mehr. Man bekommt den Druck mit, den einen die Fans auf die Schulter legen. Bei Schalke spielt ja noch der Matthias Schober, mit dem ich noch zusammen gekickt habe. Der wird den vielen neuen Spielern schon erklären, wie wichtig das Derby ist. Genauso wird es ein Kevin Großkreutz in Dortmund machen. Es geht um drei Punkte mit Sternchen.

bundesliga.de: Welche Bedeutung hat die Partie sportlich für die beiden Vereine in der noch jungen Saison?

Anderbrügge: Für Schalke ist es nach dem verkorksten Start ein ganz wichtiges Spiel. Mit einem Sieg hätten sie wieder Ruhe im Umfeld. Ich glaube schon, dass Schalke eine gute Mannschaft beisammen hat. Aber die Truppe muss sich erst finden. Das braucht Zeit. Sie dürfen bis zur Winterpause den Abstand nach oben nicht zu groß werden lassen. Dann wird die Mannschaft explodieren und durchstarten. Ich bin mir sicher, dass sie noch unter die ersten Drei der Bundesliga kommen können. Die Borussia hat es im Moment etwas einfacher. Sie haben eine motivierte Mannschaft, die zusammen geblieben ist, gezielt verstärkt wurde und Qualität besitzt. Sie haben eine gute Stimmung in der Truppe, haben in Stuttgart gewonnen. Da ist die Situation ruhiger als auf Schalke.

bundesliga.de: Wem drücken Sie die Daumen?

Anderbrügge: Ich gestehe, dass ich als Junge des Ruhrpotts stolz bin, für beide Vereine gespielt zu haben. Ich habe noch heute einen guten Draht zur Borussia, spreche gerne mit Leuten wie Norbert Dickel oder Reinhard Rauball. Ich habe bei der Borussia meine Ausbildung zum Profi in diesem fantastischen Westfalenstadion gemacht. Die Fans haben auch nicht vergessen, dass ich beim Relegationsspiel gegen Fortuna Köln 1986 das entscheidende, unvergessene Tor von Jürgen Wegmann zum 3:1 quasi vorbereitet habe. Aber dennoch mache ich kein Hehl daraus, dass mir Schalke etwas näher steht. Da hatte ich meine beste Zeit als Spieler. Wir haben 1997 den UEFA-Cup gewonnen, ich wurde in die Schalker Jahrhundertelf gewählt. Deshalb bin ich sicherlich ein Packen mehr Blauer. Ich drücke also Schalke die Daumen.

bundesliga.de: Sie können nachempfinden, was der Ex-Dortmunder Christoph Metzelder jetzt nach seinem Wechsel zu Schalke durchmacht. Sie sind damals auch vom Erzrivalen gekommen. Was raten Sie ihm?

Anderbrügge: Bei mir war das nicht ganz so spannend. Ich bin mit 24 Jahren zu Schalke gewechselt und nicht mit 28 auf dem Zenit meiner Karriere. Und ich bin damals in die 2. Liga gegangen. Wir sind dann nach drei Jahren wieder aufgestiegen. Bei Christoph Metzelder ist das etwas anders. Für ihn ist es kein einfacher Start auf Schalke. Er hätte vor drei Jahren, als er diese Anti-Schalke-Trikots auf seiner Homepage verkauft hat, sicher nicht gedacht, dass er einmal für Schalke spielen würde. Da sind die Fans auf Schalke sehr feinfühlig, das vergessen sie nicht. Aber der Christoph ist intelligent genug. Er wird sich stabilisieren. Er muss die Fans wie Andy Möller vor einigen Jahren durch Leistung überzeugen, er muss malochen. Als gebürtigem Halterner ist die Mentalität ja kein Problem für ihn. Er muss da jetzt durch.

bundesliga.de: Was für ein Spiel erwarten Sie am Samstag?

Anderbrügge: Ich erwarte ein temporeiches Spiel. Schalke muss nach vorne spielen und von Anfang an versuchen, tonangebend zu sein. Felix Magath wird die Mannschaft schon richtig einstellen. Ich bin gespannt, ob sich die Fans etwas Besonderes einfallen lassen. Die Schalker Bilanz gegen den BVB war in den letzten Jahren ja grandios. Aber es ist trotzdem immer wieder aufs Neue spannend. Ich werde mir das Spiel auf jeden Fall anschauen.

bundesliga.de: Ihr Tipp?

Anderbrügge: 3:2 für Schalke.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski