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Trainer Michael Skibbe (l.) und Stürmer Ioannis Amanatidis: Der Grieche musste vor der Saison die Kapitänsbinde abgeben
Trainer Michael Skibbe (l.) und Stürmer Ioannis Amanatidis: Der Grieche musste vor der Saison die Kapitänsbinde abgeben

Die Renaissance des Eintracht-Stils

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Der Fan von Eintracht Frankfurt ist leidgeprüft. In kaum einer anderen Bundesligastadt ist die Sehnsucht nach schönem Fußball ebenso ausgeprägt wie unerfüllt. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit hat ihre Wurzeln in der ruhmreichen Geschichte des Clubs: Namen wie Jürgen Grabowski, Manni Binz, Uwe Bein oder Anthony Yeboah prägten bis weit in die Neunziger Jahre hinein das Bild der Hessen - und hinterließen ihren Nachfolgern eine schwere Bürde.

Die Eintracht stand als Synonym für Attraktivität, gepaart mit einer gewissen Sprunghaftigkeit. Wenn die "launische Diva" ihre Fans verzückte, war der Absturz meist nicht fern.

"Launische Diva" mit Adrenalinschüben

Gefühlsschwankungen gehörten für den Eintracht-Fan beinahe zum wöchentlichen Repertoire. Er feierte, er litt - doch selbst bei einer Niederlage konnte er sich in den meisten Fällen auf die offensive Spielweise seiner Mannschaft verlassen. Nach dem Motto: Wenn schon verlieren, dann mit fliegenden Fahnen.

Mit den Jahren hat sich dieses Bild grundlegend gewandelt. Am Riederwald kehrte ein Zweckfußball ein, der die Eintracht zwar vor dem Abstieg bewahrte, mit dem sich ihre Fans aber nur schwer identifizieren konnten. Statt Kunst zu zelebrieren wurde gearbeitet. Die großen Erfolge blieben aus - ebenso wie die Adrenalinschübe der Anhänger.

Aufbruchstimmung dank Skibbe

Trainer Friedhelm Funkel lieferte jahrelang solide Arbeit ab, doch er konnte das Verlangen der Eintracht-Fans nach spektakulärem Offensivfußball nicht stillen. Für die Vereins-Oberen war klar: Ein Übungsleiter musste her, der sich offensiven Fußball auf die Fahne geschrieben hat.

Und ihr Plan scheint aufzugehen: Die Verpflichtung von Michael Skibbe löste eine Aufbruchstimmung aus, die bis zum jetzigen Zeitpunkt der Spielzeit anhält. "Das Wichtigste ist, dass die Fans das Gefühl haben: 'Wenn ich am Samstag ins Stadion gehe, dann geht da richtig die Post ab.' Die Leute sollen sich schon morgens darauf freuen", hatte Skibbe vor der Saison versprochen - und bislang Wort gehalten.

"Guter Saisonstart war nicht zu erwarten"

Mit einem überraschenden 3:2-Sieg bei Werder Bremen feierte Skibbe sein Comeback in der Bundesliga, nachdem er zuvor als Trainer von Galatasaray glücklos geblieben war und im Februar seinen Hut in Istanbul nehmen musste

"Der gute Saisonstart war nicht unbedingt zu erwarten", gesteht Skibbe bei bundesliga.de: "Aber das hat der Mannschaft natürlich einen Schub gegeben, und deshalb haben wir dann in der Folge auch ganz guten Fußball gespielt und einige Punkte geholt." Am Samstag durfte man endlich auch in der heimischen Arena jubeln: Beim 2:1-Erfolg gegen Hannover feierten die Fans den lang ersehnten ersten Heimsieg.

Achtungserfolge gegen Werder und HSV

Im Rahmen ihrer Möglichkeiten zeigt sein Team durchaus attraktiven Offensivfußball, kassierte erst zwei Saisonniederlagen und steht aktuell auf dem 9. Tabellenplatz. Selbst gegen namhafte Mannschaften wie Bremen und Hamburg gelangen Achtungserfolge.

Nicht schlecht als erste Zwischenbilanz, findet Skibbe - auch wenn er seinen propagierten Stil nicht bedingungslos umsetzen kann. "Was das Spielerpotenzial im Moment angeht, muss man da sicher ein wenig umdenken. Aber wir wollen uns trotzdem bemühen, und es ist uns bis jetzt auch gut gelungen, offensiv zu spielen."

Amanatidis ohne Kapitänsbinde treffsicher

Dabei gab es in den ersten Wochen nach seinem Amtsantritt durchaus kritische Töne und einige Vorbehalte. Zum einen handelten sich die Hessen in den Testspielen unerwartete Niederlagen gegen unterklassige Gegner ein. Zum anderen sorgte Skibbe mit einer anfangs umstrittenen Entscheidung zusätzlich für Unruhe, als er Publikumsliebling Ioannis Amanatidis vor der Saison die Kapitänsbinde entzog.

"Ich wollte, dass er sich mehr mit seiner Leistung identifiziert", erklärte der Trainer - und entlastete damit den Griechen. Mit drei Treffern liegt Amanatidis trotz seiner Verletzungsanfälligkeit in der internen Torjägerliste vorne.

"Caio spiegelt die Sehnsucht wider"

Ein weiterer Schachzug des Coaches war die Rückendeckung für Caio. In seinen ersten beiden Spielzeiten in Frankfurt brachte der Brasilianer kaum einen Fuß auf den Boden und musste wegen seiner überflüssigen Pfunde jede Menge Spott ertragen.

Obwohl der 23-Jährige auch unter Skibbe nicht zum Konditionswunder mutierte, setzte sein Trainer auf ihn - mit dem Gedanken, die spielerische Qualität der Eintracht aufzupolieren und die gute, alte Zeit zumindest teilweise wiederzubeleben. "Die Sehnsucht nach dem schönen Fußball ist der Grund, warum Caio so unglaublich beliebt ist bei den Fans. Ich glaube, in Caio spiegelt sich die Sehnsucht von allen wider", erklärt Skibbe.

Masterplan für eine erfolgreiche Zukunft

Dass es in Frankfurt mittelfristig zu einer Renaissance des "klassischen" Eintracht-Stils kommt, hat sich der 44-Jährige fest vorgenommen. Sein Masterplan: "Über attraktive Spiele mehr Punkte holen, über mehr Punkte für noch mehr Aufschwung in der Stadt sorgen. Dadurch können andere Ressourcen erzielt werden, die es uns ermöglichen, gute Spieler zu halten oder noch bessere zu verpflichten."

Letztlich soll die Eintracht wieder die Adresse werden, die sie einmal war. Sollte Skibbe das gelingen, würden die Fans gerne auch wieder größere Adrenalinschübe in Kauf nehmen. Die Herztropfen können sie ja schon mal hervor kramen.

Johannes Fischer