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Jürgen Kohler war von 1989 bis 1991 Spieler des FC Bayern, nach seiner Rückkehr 1995 von Juventus Turin heuerte er beim BVB an und blieb bis bis Sommer 2002
Jürgen Kohler war von 1989 bis 1991 Spieler des FC Bayern, nach seiner Rückkehr 1995 von Juventus Turin heuerte er beim BVB an und blieb bis bis Sommer 2002

"Die Bayern haben Probleme"

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München - Wenn am kommenden Samstag Bayern München und Borussia Dortmund im Topspiel des 24. Spieltages der Bundesliga aufeinander treffen, wird Jürgen Kohler wieder ganz genau hinschauen. Der Weltmeister von 1990 stand für beide Traditionsvereine als eisenharter Vorstopper seinen Mann.

Mit den Bayern gewann er einen Titel (1990), mit dem BVB feierte er sogar drei Meisterschaften (1995, 1996 und 2002). Im exklusiven Gespräch mit bundesliga.de verrät der 45-Jährige, wie die Borussia zu schlagen ist, wem er ein bisschen mehr die Daumen drückt und warum München ein gutes Pflaster für den BVB ist.

bundesliga.de: Jürgen Kohler, die Fußballfans fiebern dem Topspiel Bayern gegen Dortmund entgegen. Sie sicher auch. Warum steht die Borussia vor dem Titelverteidiger?

Jürgen Kohler: Ich hätte vor der Saison nicht unbedingt darauf gewettet, dass die Paarung Bayern gegen Dortmund nicht nur von der Tradition her sondern auch von der Tabelle das absolute Topspiel des 24. Spieltages wird. Ich habe dem BVB aber eine gute Saison zugetraut, weil die Mannschaft schon seit längerer Zeit zusammengewachsen ist und die langfristige Arbeit nun Früchte trägt. Die Bayern haben schon in der gesamten Saison ihre Probleme. Das fing mit den vielen Abstellungen für die WM an. Dann hatten sie viel Verletzungspech, insbesondere bei Franck Ribéry und Arjen Robben. Das sind zwei ganz wichtige Spieler, die die Eins-gegen-Eins-Situationen suchen und auflösen können. Zudem ist die Abwehr nicht so sattelfest, wie man es gewohnt war. Sie haben zu viele Punkte verloren.

bundesliga.de: Kann es noch einmal in der Meisterschaft spannend werden?

Kohler: Nein. Ich glaube, dass die Bayern in dieser Saison einfach nicht konstant genug sind. Sonst waren sie immer in der Lage, längere Siegesserien zu starten. Das ist ihnen in dieser Saison nicht gelungen. Immer, wenn sie am Drücker waren, kamen Rückschläge. Jetzt kommen obendrein noch die Champions-League-Spiele dazu, bei denen man nicht davon ausgehen kann, dass sie die alle gewinnen. Es kann auch schnell nach hinten wegkippen. Immerhin haben die Bayern im Pokal Losglück gehabt, auch wenn das Halbfinale gegen Schalke noch nicht gewonnen ist. Um in der Meisterschaft noch einmal nach vorne zu kommen, müssten sie eine richtige Serie starten. Aber auch der Druck wird immer größer, weil es weniger Spiele werden.

bundesliga.de: In den letzten Spielen leistete sich Borussia Dortmund ein paar kleinere Schwächen. Späte Gegentore in Frankfurt, gegen Stuttgart und in Kaiserslautern kosteten Punkte. Liegt es an fehlender Konzentration, Unerfahrenheit, dem steigenden Druck?

Kohler: Es gibt immer so Phasen innerhalb einer Saison. Ich erkenne da keinen Negativtrend. Jetzt haben die Dortmunder in der Rückrunde schon ein paar Mal unentschieden gespielt und trotzdem hat die Konkurrenz kaum Boden gut gemacht, weil sie in entscheidenden Situationen selbst gepatzt hat. Die Borussia muss dennoch die Augen offen halten und darf nicht in der Konzentration nachlassen.

bundesliga.de: Dagegen sind die Bayern gerade auswärts in dieser Saison nicht gerade furchteinflößend. Woran liegt das?

Kohler: Sie konnten auswärts kein richtiges Selbstvertrauen aufbauen. Nach ein, zwei Spielen gab es immer wieder einen Rückschlag. Die Bayern sind es normalerweise gewohnt, die Tabelle von oben herab anzuführen. In diesem Jahr war das anders. Auch im letzten Jahr übrigens. Aber da haben sie schon zum Ende der Hinrunde eine Serie hingelegt und sich auch durch die Winterpause nicht aus dem Rhythmus bringen lassen. Letztlich sind sie souverän Meister geworden.

bundesliga.de: Ein Parallele bei beiden Vereinen ist, dass die Trainer auf die Jugend setzen. Louis van Gaal auf Kraft, Badstuber oder Müller, bei Jürgen Klopp ist es fast die komplette Mannschaft. Einige Spieler haben auch schon für Deutschland debütiert. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Kohler: Für mich ist man mit einem Länderspiel noch kein "richtiger" Nationalspieler. Man muss seine Leistung kontinuierlich bringen. Ich hoffe, die vielen jungen Dortmunder Spieler verkraften das, vor allem in der kommenden Saison, wenn die Dreifachbelastung losgeht. Dann wird man sehen, wie sie die Umstellung von der Champions League auf den Alltag Bundesliga hinbekommen. Grundsätzlich freue ich mich natürlich, wenn die Trainer auf junge deutsche Spieler setzen.

bundesliga.de: Viele Experten sehen den Abgang von Bayern-Kapitän Mark van Bommel sehr kritisch. Hätten Sie ihn in der Winterpause gehen lassen?

Kohler: Es macht keinen Sinn, einen Spieler zu behalten, der gehen will. Mark van Bommel hat jetzt ein gewisses Alter erreicht. Ich kann die Sicht der Bayern verstehen, dass sie frühzeitig versuchen, diese Lücke zu schließen. Die jungen Spieler bekommen jetzt die Zeit und haben die Pflicht, Topleistungen zu zeigen.

bundesliga.de: Wie beurteilen Sie den Wechsel im Bayern-Tor?

Kohler: Thomas Kraft hat bisher keinen schlechten Eindruck hinterlassen. Und Jörg Butt hat ganz klar nicht mehr die Leistung gezeigt wie noch im letzten Jahr. Außerdem werden vielleicht auch andere Gründe eine Rolle gespielt haben.

bundesliga.de: Sie meinen, dass die Bayern in eine bessere Verhandlungsposition kommen könnten, wenn der Poker um eine Verpflichtung von Schalke-Torhüter Manuel Neuer richtig losgeht?

Kohler: Jedenfalls können sie im Moment mit Thomas Kraft im Tor nicht viel falsch machen.

bundesliga.de: Wie wichtig sind Franck Ribéry und Arjen Robben für das Bayern-Spiel?

Kohler: Ribéry und Robben sind Ausnahmespieler und machen den Unterschied aus. Sie gehören zu den Spielern, die Spiele entscheiden können. Und davon gibt es nicht so viele. Ribéry hat allerdings an den vielen Verletzungen zu knabbern. Früher war er torgefährlicher. Er hat ein bisschen seine Leichtigkeit verloren. Aber das ist normal, er braucht noch etwas Zeit.

bundesliga.de: Wie ist Borussia Dortmund zu schlagen?

Kohler: Ganz einfach. Man muss Mats Hummels und Nuri Sahin zustellen. Das sind die beiden Passgeber der Borussia. Wenn man sie zuläuft und presst, bekommen sie Schwierigkeiten mit dem Spielaufbau. Aber das ist bisher kaum einer Mannschaft gelungen.

bundesliga.de: Sie haben für beide Vereine gespielt, sind mit beiden Meister geworden. Wie sind Ihre Sympathien heute verteilt?

Kohler: Ich pflege meine Kontakte zu beiden Vereinen. Ich habe auch schon in der Traditionsmannschaft der Bayern mitgespielt. Aber meine Sympathien für den BVB überwiegen ein kleines bisschen.

bundesliga.de: Erinnern Sie sich an ein besonderes Spiel der beiden gegeneinander, bei dem Sie mitgewirkt haben?

Kohler: Um ehrlich zu sein, erinnere ich mich jetzt nicht speziell an eines. Es waren viele hochinteressante Spiele dabei, es hat immer Spaß gemacht. Ich meine, mir ist einmal bei einem 1:1 in München ein Kopfballtor gelungen. (am 4. Dezember 1999, die Red.) München war sowieso für den BVB oft ein gutes Pflaster. 1996 sind wir nach einem Spiel gegen die "Löwen" dort Meister geworden, ein Jahr später haben wir in München gegen Juventus Turin die Champions League gewonnen.

bundesliga.de: In München trifft die beste Heimmannschaft auf die beste Auswärtself. Welche Serie wird reißen? Wie lautet Ihr Tipp für das Spiel?

Kohler: Das ist schwer zu sagen und wird hochspannend zu verfolgen sein. Ich bin ja fußball-bekloppt und hoffe auf ein 3:3. Dann bleiben beide Serien auch bestehen.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski