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Frank Niemann mit seinem berühmten Fan-Banner
Frank Niemann mit seinem berühmten Fan-Banner

"Air Bäron" zeigt Flagge

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Stuttgart - Seit 17 Jahren hängt es bei nahezu jedem Spiel des Hamburger SV und der deutschen Nationalmannschaft gut sichtbar im Stadion - das Fan-Banner mit dem Schriftzug "Air Bäron". bundesliga.de hat den Mann getroffen, der hinter dem Kultobjekt steckt.

Er wirkt noch ein wenig zerknirscht. Am Abend zuvor hat "sein" HSV im Achtelfinale des DFB-Pokal beim VfB Stuttgart mit 1:2 verloren. Frank Niemann war natürlich vor Ort, so wie jedes Mal, wenn die Hanseaten spielen. Erst am frühen Morgen ist er nach rund 500 Kilometer langer Rückfahrt wieder zuhause angekommen und genießt einen freien Tag.

Niemann lebt in dem kleinen Ort Westbevern in der Nähe von Münster. Von Beruf ist er Postzusteller. Seine Kollegen kennen seine Leidenschaft und tauschen daher regelmäßig, vor allem samstags, den Dienst mit ihm. "Ohne die Unterstützung der Kollegen wäre es gar nicht möglich, immer zu den Spielen zu reisen", ist der 37-Jährige dankbar für das Entgegenkommen. Schließlich liegt Hamburg 280 Kilometer entfernt.

Air Jordan und Karsten Bäron

Begonnen hat alles 1994, mit dem Hamburger SV. Niemanns Lieblingsspieler damals war Karsten Bäron, der schlaksige 1,97 Meter große Stürmer. "So entstand die Idee, das Air von Basketballer Michael Jordan mit Bäron zu kombinieren", sagt Niemann. Seitdem reist das 4,50 m x 80 cm große Transparent um die Welt, denn Niemann unterstützt nicht nur den HSV, auch bei den Spielen der deutschen Nationalmannschaft ist er fast immer dabei.

Schon immer drehte sich im Leben von Frank Niemann alles um Fußball. Bis zur A-Jugend kickte er selber beim SV Ems Westbevern. Danach entschloss er sich, dem Sport lieber als Fan zu widmen. Das Banner habe er nicht angefertigt, um berühmt zu werden, lediglich eine Art Visitenkarte sollte es sein. Dass er nun einer der bekanntesten Fans im deutschen Fußball ist, mache ihn schon ein wenig stolz, auch wenn sein Gesicht im Gegensatz zum berühmten Banner weniger präsent ist.

600 HSV-Spiele und 180 DFB-Spiele im Stadion erlebt

Rund 600 Spiele des Hamburger SV hat er seit 1992 im Stadion verfolgt. Zwischenzeitlich hat er sieben Saisons lang jeweils alle 34 Spiele geschafft. "Im Schnitt komme ich auf 28 bis 30". Und wenn der DFB-Tross auf Reisen geht, packt auch Frank Niemann seine Sachen. Um die 180 Spiele hat er live miterlebt. Seit der EM 1996 in England war er bei allen Turnieren dabei. Während der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika war er vier Wochen lang im Land unterwegs, sah dort 11 Spiele in 8 Stadien.

Über 50 Länder hat er bis heute bereist. Ein kostspieliges Hobby, für das er den Großteil seines Gehalts opfert. Finanzielle Erleichterung gibt es allerdings von Zuhause. Niemann hat eine Wohnung im Haus seiner Eltern, die seine Passion unterstützen. "Ich muss nicht so viel Miete zahlen, dafür bin ich sehr dankbar".

Charkiw und Lwiv eine Herausforderung

Immer wenn die Bundesliga-, Turnier- oder Qualifikations-Spielpläne veröffentlicht werden, wird es für den Mega-Fan spannend. Dann beginnt die Planung, die mit einigem organisatorischen Aufwand verbunden ist. "Schließlich sind ja die Urlaubstage begrenzt", weiß er. Wie er im nächsten Jahr zu den EM-Spielen der deutschen Mannschaft nach Lwiv und Charkiw kommen soll, weiß er noch nicht genau. Doch so leicht bringt ihn nichts aus der Ruhe. Dafür hat er schon zu viel erlebt. Flexibilität sei alles, sagt er. "Zur Not fahren wir halt mit dem Auto in die Ukraine", so Niemann, der in der Fan-Szene gut vernetzt ist und oft mit mehreren Gleichgesinnten auf Reisen geht.

Auch beim Platzieren seiner Fahne im Stadion ist häufig Kreativität gefragt. "Selbst beim HSV hat keiner einen Stammplatz." Heißt, wer möglichst früh im Stadion ist, kann sich den exklusivsten Platz sichern. Am besten natürlich einen, der im Fernsehen gut sichtbar ist. "Inzwischen herrscht im Stadion ein harter Kampf um die beste Position", sagt er schmunzelnd.

"Bloß nicht gegen St. Pauli"

Natürlich hat Niemann als treuer HSV-Fan auch eine klare Meinung zur aktuellen sportlichen Situation. Ein Verein wie der HSV gehöre grundsätzlich ins internationale Geschäft. "Leider glaube ich in dieser Saison nicht daran. Irgendwie kommen wir nicht richtig von der Stelle. Es fehlt ein Befreiungsschlag". Zunächst solle man nach unten schauen und den Abstand zur Abstiegszone vergrößern, bevor man höhere Ziele anpeilt. "Nicht, dass wir am Ende in die Relegation gegen St. Pauli müssen. Das wäre der Horror".

Bleibt zu hoffen, dass der letzte "Dino" weiter erstklassig bleibt, damit Niemann sein Banner weiter in den Bundesliga-Arenen aufhängen kann. Der gebürtige Münsterländer kennt sie alle und ist begeistert. "Die Stadien sind wirklich super und fast immer voll. Das gibt es in keinem anderen Land. Und die Zeiten, in denen man als Fan bei Regen nass wurde, sind auch vorbei", lobt er die Bauweise der modernen Fußball-Tempel.

Lieber Reisen als Familie

Wie lange er noch mit seinem Kult-Transparent die Fußball-Landkarte bereisen möchte, weiß er nicht. "Ohne mein Hobby würde mir schon etwas fehlen. Andere in meinem Alter haben Familie und Kinder. Das ist nichts für mich". Mit Karsten Bäron pflegt er übrigens einen freundschaftlichen Kontakt. Ab und zu sieht man sich bei den Heimspielen des HSV. Vielleicht auch am 22. Januar zum Start der Rückrunde, wenn Borussia Dortmund in der Hansestadt zu Gast ist. "Air Bäron" ist auf jeden Fall dabei.

Markus Hoffmann