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Sein Debüt, hätte sich VfB-Trainer Thomas Schneider wohl anders vorgestellt
Sein Debüt, hätte sich VfB-Trainer Thomas Schneider wohl anders vorgestellt

"Ärgerliche Abstimmungsfehler"

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Stuttgart - Plötzlich war es leise in der Mercedes-Benz-Arena. Sehr leise. Der Großteil der 30.200 Zuschauer war irritiert von dem, was er soeben gesehen hatte. Die Besucher des Playoff-Rückspiels in der Europa League zwischen dem VfB Stuttgart und HNK Rijeka hatten am Donnerstagabend eine vierminütige Nachspielzeit präsentiert bekommen und sich auf eine Verlängerung eingestellt. Der VfB führte schließlich gegen den kroatischen Außenseiter verdient mit 2:1, dieses Resultat würde das aus dem Hinspiel (2:1 für Rijeka) ausgleichen.

Gentner: "Das war zu viel Risiko von uns"

Doch Ibrahima Traore war es dann, der in der letzten Minute der Nachspielzeit für gemeinschaftliches Kopfschütteln und Fassungslosigkeit im ganz großen Stil sorgte. Der leichtfüßige Außenbahnspieler des VfB, der erstmals von Neu-Trainer Thomas Schneider gecoacht wurde, vertändelte den Ball nach einer eigenen Ecke sehr leichtfertig. Der Linksfuß erwischte den Ball nicht richtig, Rijekas eingewechselter Ivan Mocinic stibitzte den Ball auf Höhe der Mittellinie, passte gekonnt zum ebenfalls eingewechselten Goran Mujanovic und der ließ VfB-Keeper Sven Ulreich keine Chance. Mujanovic zog in Stuttgart den Stecker - und die schicke Arena am Cannstatter Wasen verstummte.



"In dieser Situation muss man den Ball sichern."Ibo" (Traore, Anm. d. Red.) hat ein Topspiel gemacht, aber diese Aktion war nicht gut", bedauerte Trainer Thomas Schneider den entscheidenden Moment der Partie. Der erfahrene Stürmer Cacau bemängelte, dass "so etwas auf diesem Niveau nicht passieren darf" und Mittelfeldmann Christian Gentner, der den VfB in der 35. Minute mit einem fantastischen Tor zum 1:1 zurück ins Spiel gebracht hatte, fand den Ballverlust kurz vor dem Abpfiff "völlig unnötig. Ein eigener Eckball fliegt uns da um die Ohren. Das war zu viel Risiko von uns", so Gentner.

Und: So schlimm und ausschlaggebend der Fehler des 25 Jahre alten Ibrahima Traore, der zuvor viel Dampf gemacht und das 2:1 vorbereitet hatte, in den Schlusssekunden auch war - er war bei weitem nicht der einzige des VfB in dieser wichtigen Partie. Benedikt Röcker und Sven Ulreich hießen weitere Hauptdarsteller an diesem missratenen Fußballabend.

Oft wurde in den Tagen vor dem Anpfiff der Begriff "Aufbruchstimmung" benutzt, die rund 30.000 Fans in der Mercedes-Benz-Arena sorgten mit guter Choreographie und viel Ausdauer dann auch für diese. Zudem brachte der 40 Jahre alte Schneider, der am Montag als Nachfolger von Bruno Labbadia zum VfB-Chefcoach ernannt wurde, mit den Routiniers William Kvist und Cacau sowie Innenverteidiger Benedikt Röcker frischen Wind in die Startelf. Doch vor allem über die Nominierung von Röcker, für den Daniel Schwaab auf die rechte Außenverteidigerposition auswich, dürfte Schneider im Nachhinein grübeln.

Kvist: "Wir haben klar dominiert"



Der 1,97-Meter-Schlaks konnte während der 94 Minuten seine Nervosität nur selten kaschieren. Unter anderem forderte er Ulreich nach 14 Minuten mit einer ungeschickten Aktion zu einer tollen Fußabwehr heraus. In Spielminute 65 legte Röcker Rijekas rechtem Mittelfeldspieler Zoran Kvrzic den Ball unglücklich und unnötig auf, der dann knapp vorbei schoss. Die Abstimmung mit Innenverteidiger-Kollege Antonio Rüdiger wirkte nicht immer harmonisch, eine solche mit Torwart Ulreich war manchmal gar nicht vorhanden: Röcker wollte nach einer halben Stunde einen langen Ball von Kvrzic kurz vor dem Strafraum vor HNK-Angreifer Leon Benko klären, dann kam Ulreich in seinem knallgrünen Trikot angerannt - nur schoss dann keiner der beiden den Ball weg und Benko schob zum 0:1 ein.

"Zwei individuelle Fehler von uns führen zu den beiden Gegentoren. Wir hatten bei uns auf dem Platz eine positive Stimmung, die Fans auf den Rängen auch - da ist das alles umso bitterer", so Röcker. "Das Abstimmungsproblem mit "Ulle" (Sven Ulreich, Anm. d. Red.) ist sehr ärgerlich", gibt der 23-Jährige zu, überrascht dann aber mit der Selbsteinschätzung, dass "mein Spiel ansonsten insgesamt ganz ordentlich war". Dies sehen die meisten Beobachter der Partie anders.

Wer aber tatsächlich positiv von sich Reden machte und eine engagierte Erscheinung im VfB-Trikot war, war William Kvist. Der Däne, der es zuletzt unter Labbadia an Spieltagen nicht mal mehr in den Kader geschafft und daher Wechselbereitschaft signalisiert hatte, blieb nach dem Duschen relativ gut gelaunt bei den Journalisten stehen. Er holte einmal tief Luft und gab einen kleinen Einblick in seine Gedankenwelt: "Ich liebe Fußball, habe beim Training immer Vollgas gegeben, auf meine Chance gewartet und dann heute alles versucht, läuferisch und in den Zweikämpfen - ich hoffe, die Zuschauer haben sich noch an mich erinnert. Ich fühle mich hier in Stuttgart wohl. Dieses 2:2 gegen Rijeka ist aber richtig bitter, wie in einem schlechten Film. Wir haben klar dominiert, aber nicht gewonnen."

Rüdiger: "Wir sind heiß auf Hoffenheim"



Es ist sehr gut möglich, dass die Nummer vier des VfB auch am Sonntag gegen Hoffenheim in der Mittelfeldzentrale aufläuft. Hier passte die Abstimmung mit Gentner nämlich. "Christian und ich verstehen uns gut. Wir sind eingespielt, keine Frage. Die defensiven Kommandos gebe ich, er ist offensiver. Insgesamt war das gut, es geht aber noch einen Tick besser." Den Ball spielt Gentner gerne zurück: "Das Zusammenspiel mit "Willi" hat auf Anhieb geklappt, er hat ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht".

Aber auch trotz der Rückkehr von Kvist bleibt die Stuttgarter Defensive eine Baustelle. Die Innenverteidiger Serdar Tasci und Georg Niedermeier fallen weiter verletzt aus, Benedikt Röcker hat sich gegen Rijeka und auch zuvor in Mainz (2:3) nicht empfohlen. Da dürfte der frühere Verteidiger Thomas Schneider dann gegen Hoffenheim wahrscheinlich auf die Paarung Schwaab/Rüdiger zurückgreifen. "Wir sind heiß auf Hoffenheim", kündigt Antonio Rüdiger schon mal an.

Bislang läuft die Spielzeit des Deutschen Meisters von 2007 alles andere als rund - und die Europacup-Saison ist nun bereits beendet: Wer in je zwei Spielen gegen Botev Plovdiv und HNK Rijeka nicht einen Sieg holt, hat in der Gruppenphase der Europa League wohl auch nichts zu suchen. VfB-Sturmführer Vedad Ibisevic weiß zwar nicht genau, "wo unser Problem derzeit liegt, es ist irgendwie schwer zu sagen", wünscht sich aber für alle dringend mehr Selbstvertrauen. Ibisevic: "Man muss halt mehr miteinander reden." Dann klappt's auch mit dem Torwart und dem Innenverteidiger. Ganz bestimmt.

Aus Stuttgart berichtet Henrik Lerch