Kevin Kratz spielt seine zweite Saison beim SV Sandhausen
Kevin Kratz spielt seine zweite Saison beim SV Sandhausen

Kratz: "Dürfen nicht in Zufriedenheit verfallen"

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Köln - Der SV Sandhausen ist das aktuelle Überraschungsteam, das die 2. Bundesliga aufmischt. Drei Spiele, drei Siege und 13:4-Tore lautet die eindrucksvolle Bilanz des Underdogs, dem in dieser Saison wegen Verstößen gegen die Lizensierungsauflagen drei Punkte abgezogen werden. Im Interview mit bundesliga.de spricht Mittelfeldspieler Kevin Kratz über den Traumstart und seine Ursachen.

"Haben den Rucksack abgelegt"

bundesliga.de: Kevin Kratz, fangen wir doch das Interview einmal mit einer Quizfrage an: Wissen Sie noch, was am 5. Dezember des letzten Jahres passiert ist?

Kevin Kratz: Nein, da muss ich passen.

bundesliga.de: An dem Tag, dem 16. Spieltag der 2. Bundesliga, hat der SV Sandhausen mit 3:1 bei Fortuna Düsseldorf gewonnen und dabei seine 13. Saisontor erzielt.

Kratz: Das stimmt, das Datum hätte ich jetzt nicht mehr hinbekommen. Aber ich habe am Wochenende selbst nachgeschaut, wie lange wir in der Vorsaison für die ersten 13 Tore gebraucht haben.

bundesliga.de: Diese 13 Tore hat Sandhausen nun schon drei Spieltagen auf dem Konto. Wie ist diese sagenhafte Entwicklung zu erklären?

Kratz: Im Moment sind wir sehr effektiv, vor allem im letzten Spiel (dem 6:0 beim SC Paderborn, die Red.). Wir haben sehr gut von hinten heraus gespielt. Wir haben in der Vorbereitung sehr gut gearbeitet und einige Sachen im Training weiterentwickelt. Der Trainer hat Veränderungen vorgenommen, die für unser Offensivspiel von Vorteil sind. So wollen wir weitermachen.

bundesliga.de: Was sind das für Veränderungen?

Kratz: Die Trainingsarbeit ist noch abwechslungsreicher geworden. Das Passspiel wurde viel mehr trainiert, genauso der Torabschluss.

bundesliga.de: Im letzten Jahr stellte Sandhausen die schwächste Offensive der 2. Bundesliga, jetzt die stärkste. Ist das Zufall oder steckt ein Plan dahinter?

Kratz: Wir sind nicht viel offensiver ausgerichtet als im letzten Jahr. Wir achten schon auch weiter darauf, dass wir in der Defensive stabil stehen. Denn in der 2. Bundesliga ist es extrem wichtig, dass man kompakt verteidigt und jeder für den anderen arbeitet. Dass wir uns so viele Torchancen herausgearbeitet haben, hat viel mit Abstimmung zu tun. Zudem ist die Mannschaft in großen Teilen zusammengeblieben. Dann passen auch die Abläufe viel besser. Im Training sind wir sehr fleißig, niemand ruht sich aus. Das macht uns im Moment sehr stark und erfolgreich.

bundesliga.de: Ist das vielleicht auch eine Trotzreaktion auf den Drei-Punkte-Abzug, den die Mannschaft in dieser Saison schultern muss?

Kratz: Die drei Punkte Abzug sind schon eine Hausnummer. Es war für keinen Spieler leicht, als wir das erfahren haben. Ich habe schon vor ein paar Wochen gesagt, dass wir dadurch einen kleinen Rucksack mit uns rumschleppen. Den müssen wir so schnell wie möglich ablegen. Das haben wir jetzt nach dem optimalen Start vom Tisch. Jetzt wollen wir so weitermachen und so schnell wie möglich unsere 40 Punkte erreichen.

 "Bernd Schneider hat mich beeindruckt"

bundesliga.de: Sie spielen Ihre zweite Saison in Sandhausen, hatten am Anfang ein paar Verletzungsprobleme. Geht es in Sandhausen im Vergleich zu Ihren früheren Stationen in Aachen und Braunschweig etwas beschaulicher zu? Wie gefällt es Ihnen dort?

Kratz: Traditionsvereine wie Aachen und Braunschweig haben eine lange Geschichte und überragende Fans. Es war toll, für diese Vereine zu spielen. Nach meiner Zeit in Braunschweig wollte ich etwas Neues ausprobieren. Ich hatte schon, bevor ich nach Braunschweig gewechselt bin, mit Otmar Schork (dem Sportchef des SVS, die Red.) Kontakt. Damals kam der Wechsel nicht zustande. Dann gab es wieder eine Anfrage. Dass sich der Verein so um mich bemüht hat, hat mich überzeugt. Die Perspektive war, dass ich zum Führungsspieler heranreife und regelmäßig spiele. Durch meine Verletzung zum Beginn der letzten Saison wurde das etwas zurückgestellt. Aber seit der Rückrunde habe ich keine Probleme mehr. Meine Familie und ich fühlen uns wohl hier.

bundesliga.de: Stimmt es eigentlich, dass Bernd Schneider ein Vorbild von Ihnen war?

Kratz: Ja. Er hat mich beeindruckt, als ich in Leverkusen in der zweiten Mannschaft gespielt habe. Das war in der Saison 2008/09. Bernd war verletzt, dann wieder fit und wollte bei uns Wettkampfpraxis sammeln. Ich fand das von einem Vizeweltmeister, der noch ein paar Monate vorher die EM gespielt hatte, sehr beeindruckend und lobenswert. Als er neben mir auf dem Platz stand, habe ich gemerkt, dass immer die richtigen Kommandos kamen. Man wusste, dass man einen Mann neben sich hat, den man immer einbinden kann. Das blieb bei mir hängen.

bundesliga.de: Am Freitag trifft der SV Sandhausen im Verfolgerduell auf den 1. FC Heidenheim. Wie schwer wird die Aufgabe?

Kratz: Heidenheim ist ein unbequemer Gegner, der einige neue Spieler in seinen Reihen hat. Mit Norman Theuerkauf habe ich in Braunschweig noch zusammengespielt. Auch Heidenheim hat einen guten Saisonstart hingelegt. Wichtig ist, dass wir bis an unsere Grenzen gehen und 100 Prozent abrufen, um erfolgreich zu sein. Wie jedes Spiel in der 2. Bundesloiga wird auch das ein schwieriges Spiel.

bundesliga.de: Die von Ihnen angesprochenen 40 Punkte und der Klassenerhalt bleiben das primäre Saisonziel?

Kratz: Ja, das wird auch so bleiben. Der gute Start ist für jede Mannschaft wichtig. Noch wichtiger ist, dass wir jetzt weitermachen und nicht in Zufriedenheit verfallen. Der Fokus muss immer auf die nächste Partie gerichtet sein.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski