Der Schlager "Tulpen aus Amsterdam" schallte gleich zwei Mal durch die Arena, weil die Niederländer Mark van Bommel (l.) und Arjen Robben (M.) trafen
Der Schlager "Tulpen aus Amsterdam" schallte gleich zwei Mal durch die Arena, weil die Niederländer Mark van Bommel (l.) und Arjen Robben (M.) trafen

Offensivspektakel mit Schönheitsfehlern

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Mark van Bommel wirkte gelöst, als er in den Katakomben der Allianz Arena die Schlüsselszene des 3:1-Erfolgs gegen Borussia Dortmund beschrieb: seinen Torschuss zum 1:1-Ausgleich in der 21. Minute. "Der Torwart hätte den Ball haben können", räumte der FCB-Kapitän freimütig ein und verkniff sich dabei ein Schmunzeln nicht.

BVB-Keeper Marc Ziegler hatte bei dem abgefälschten Schuss eine unglückliche Figur gemacht. Auch die immer wiederkehrende Frage, ob er die Spiele des ärgsten Titelkonkurrenten Bayer Leverkusen beobachte, ließ der Niederländer nonchalant abprallen.

"Müssen das kritisch ansprechen"

"Mir ist ganz egal, was Leverkusen macht, das interessiert mich nicht." Es war der neunte Bundesligasieg in Folge, der den Mittelfeldantreiber des FC Bayern so gelassen über die Situation plaudern ließ - und die Erleichterung, trotz erheblicher Defensivproblemen vor dem Champions-League-Duell gegen Florenz noch einmal unbeschadet davon gekommen zu sein.

Denn bis zum Ausgleichstor des 32-Jährigen hatte Borussia Dortmund die Bayern-Abwehr bei fast jedem Vorstoß in arge Verlegenheit gebracht. Neben dem Führungstor durch Mohamed Zidan (5.), der Daniel van Buyten im Zweikampf alt aussehen ließ, hatten die Gäste eine ganze Reihe weiterer Großchancen. "Obwohl wir gewonnen haben, müssen wir das kritisch ansprechen", sagte Torhüter Jörg Butt. Er war Leidtragender des Abwehrverhaltens seiner Vorderleute und bewahrte die Hausherren mit starken Paraden mehrfach vor einem höheren Rückstand.

"Zu viele gute Torchancen zugelassen"

"Wir haben viel zu viele gute Torchancen zugelassen", befand auch Philipp Lahm. "In der Defensive muss die ganze Mannschaft besser arbeiten." Denn nicht nur der Viererkette um van Buyten und Martin Demichelis fehlte in vielen Phasen die Ordnung, auch die Bindung zum Mittelfeld passte anfangs nicht.

Mark van Bommel und Bastian Schweinsteiger in der Defensiv-Zentrale mussten bei den blitzartig vorgetragenen Angriffen der Dortmunder viel zu weite Strecken zurücklegen. Arjen Robben und Franck Ribery, die erstmals seit September in der Bundesliga wieder von Beginn an zusammen aufliefen, gönnten sich eine längere Anlaufphase, ehe sie auf den Außenbahnen in gewohnter Manier wirbelten.

Entsprechend einfach konnten sich die Gäste an die Strafraumgrenze kombinieren. Louis van Gaal legte zwar Wert darauf, dass es "individuelle Fehler, keine herausgespielten Chancen" waren, räumte aber ein: "Auch die Ordnung der ganzen Mannschaft muss besser werden."

Offensive sorgt für Spektakel

Dass der FC Bayern doch noch einen "Arbeitssieg" feierte, wie van Gaal es nannte, dafür war zum einen der glänzend aufgelegte Butt verantwortlich und zum anderen die Gelassenheit der bayerischen Mittelfeldstrategen van Bommel und Schweinsteiger, die trotz Rückstands nach und nach das Kommando im Mittelfeld übernahmen.

Immer wieder setzte das Duo die Flügelzange Ribery/Robben in Szene. Und dass die beiden Tempodribbler mit dem Spielgerät umgehen können, bewiesen sie beim Treffer zum 2:1 eindrucksvoll. Ribery leitete den Spielzug mit einer feinen Hackenablage auf Thomas Müller über links ein, hinterlief lehrbuchmäßig und passte dann durch Mats Hummels' Beine hindurch an den Fünfer, wo Robben aus kurzer Distanz einschob (50.).

"Wir kommen früh in Rückstand, bleiben ruhig und spielen unser Spiel", analysierte van Bommel, "und dann machen wir zum richtigen Zeitpunkt die Tore." Die Offensivstärke ist das Pfund, mit dem die Bayern in dieser Saison wuchern - und von dem sie in den vergangenen drei Spielen gegen Wolfsburg, Fürth und Dortmund zehren konnten. Einmal ins Rollen gekommen, ist die "Abteilung Attacke" des Rekordmeisters derzeit kaum zu stoppen.

"Wir können uns auf unsere Offensive verlassen", sagt Mario Gomez, der in der 65. Minute zum 3:1 traf. "Wir wissen, dass wir immer unsere Chancen bekommen."

Florenz der nächste Gradmesser

Auf nationalem Parkett sind die Bayern als einziges Team nach wie vor ganz dicht dran an Leverkusen, lediglich ein Tor fehlt zur Tabellenführung. Vor ähnlichen Nachlässigkeiten im Defensivspiel warnen alle Beteiligten allerdings, wenn es am Mittwoch im Achelfinale der "Königsklasse" gegen den AC Florenz gilt.

"Dort wird das knallhart bestraft", sagt Lahm. Und van Bommel betont: "In der Champions League kann man sich keinen Patzer erlauben. Wenn man zu Hause ein Tor bekommt, wird es umso schwieriger."

Aus der Allianz Arena berichtet Andreas Messmer