Trotz des 3:1-Erfolgs gegen Mainz 05 rumort es bei Hertha BSC (© Imago)
Trotz des 3:1-Erfolgs gegen Mainz 05 rumort es bei Hertha BSC (© Imago)

Hertha BSC: Nicht alles eitel Sonnenschein

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Berlin - Spiel gedreht, , nun drei von vier Heimspielen gewonnen, Sami Allagui mit einem Doppelpack gegen seinen Ex-Club - die Partie gegen den 1. FSV Mainz 05 hatte eine Menge gute Nachrichten für Hertha BSC parat. Dennoch war im Anschluss keineswegs alles eitel Sonnenschein.

Luhukay "laut wie noch nie"

Gegen seinen früheren Verein avancierte Allagui mit seinen zwei Toren zum Matchwinner. Herthas Offensivmann zeigte sich nach der Partie erleichtert: "Wir waren enttäuscht vom Pokalaus. Zum Glück haben wir gegen Mainz verdient gewonnen."



Der 27-Jährige hatte in der zweiten Halbzeit "eine klare Steigerung" gesehen. "In der ersten hatten wir zu wenig Mut, das ist eigentlich unerklärlich", meinte der in Berlin zum Flügelmann umfunktionierte Stürmer. Doch da war Allagui noch gar nicht dabei gewesen. Hertha-Trainer Jos Luhukay hatte den Tunesier erst zur Pause eingewechselt - begleitet von einem gehörigen Donnerwetter für die Startelf: "Der Trainer war in der Pause so laut wie noch nie", verriet Kapitän Fabian Lustenberger.

Dabei waren die Hausherren nicht unbedingt die schlechtere Mannschaft gewesen. Das Tor für Mainz fiel früh und wie aus dem Nichts. Doch nach vorne gelang den Blau-Weißen viel zu wenig. Vor allem Tolga Cigerci, der dann für Allagui das Feld räumen musste, und Spielmacher Ronny blieben blass. Folgerichtig musste auch der Brasilianer schon nach 64 Minuten für Nico Schulz Platz machen.

Ben-Hatira mit neuem Selbstvertrauen



Während Schulz fortan den linken Flügel beackerte, rückte Änis Ben-Hatira ins Zentrum auf die Ronny-Position. Von dort legte er seinem Landsmann Allagui das 2:1 auf und besorgte das 3:1 mit einem fulminanten Schuss gleich selbst: Spiel gedreht, an zwei Toren direkt beteiligt - "so macht Fußball richtig Spaß", freute sich Ben-Hatira. Der Linksfuß war nach seinem Treffer zum Trainer gerannt und hatte Luhukay innig umarmt. "Wir hatten Anfang der Woche ein richtig gutes Gespräch. Das hat mir sehr geholfen", dankte der 25-Jährige dem Coach für sein neu gewonnenes Selbstvertrauen.

Luhukay gab das Kompliment artig zurück: "Die Umstellungen haben gegriffen, auch Änis hat es gut gemacht auf der Zehn." Trotzdem geriet der Hertha-Coach auf der Pressekonferenz zunehmend in Rage. Die heftige Kritik an seiner Aufstellung beim Pokalaus in Kaiserslautern nagte offenbar noch immer an dem Fußballlehrer. "Wenn wir gewinnen, hat der Trainer alles richtig gemacht, wenn wir verlieren, alles falsch", mokierte er.

Oberstes Ziel weiter der Klassenerhalt



Deshalb war es dem erfahrenen Coach ein Bedürfnis, daran zu erinnern, dass für Hertha als Aufsteiger das oberste Ziel der Klassenerhalt ist: "Hier tun alle so, als wäre es eine Selbstverständlichkeit, dass wir drei der ersten vier Heimspiele gewinnen." Tatsächlich liegt Hertha nun wieder mehr als im Soll - elf Punkte aus sieben Spielen und ein beruhigendes Polster auf die Abstiegsränge, das aktuell sogar einen Europa-League-Platz bedeutet.

Dennoch gab es weitere Misstöne. Großer Verlierer des Abends war eindeutig Ronny. Nicht nur, dass er am Ausgleich nicht beteiligt war - als seine Teamkollegen den Sieg herausspielten, war der Brasilianer längt ausgewechselt. Als der Spielmacher, der nach dem langfristigen Ausfall seines Konkurrenten Alexander Baumjohann sich eigentlich gesetzt wähnte, raus musste, verzichtete er aufs Abklatschen der Kollegen und ließ stattdessen seinen Frust an einer Wasserflasche aus. Seine Chancen auf einen Startelfplatz im nächsten Spiel dürfte das weiter verringert haben.

Unstimmigkeiten mit den Fans



Und auch zwischen Mannschaft und Ostkurve gab es Verstimmungen. Das Team empfand die Reaktionen der Fans nach dem Pokalaus als zu harsch. Als dann auch noch zur Pause gegen Mainz einzelne Pfiffe kamen, "drohte die Stimmung im Stadion zu kippen", befand Sebastian Langkamp später. So zierte sich das Siegerteam nach Abpfiff zunächst, gemeinsam mit den Fans zu feiern.

Doch schließlich ergriff Lustenberger ein Megafon und fand gegenüber dem Anhang offenbar die richtigen Worte: "Ich glaube, dass wir das jetzt geklärt haben. Deshalb bleibt das auch zwischen den Fans und uns."

"Wir haben uns versöhnt", sagte sein Innenverteidiger-Kollege Langkamp und brachte die Erfolgsformel für die Hertha-Zukunft auf den Punkt: "Wir gewinnen gemeinsam und wir verlieren gemeinsam."

Aus Berlin berichtet Andre Anchuelo