
"Heute war ein großer Schritt": Warum München für St. Pauli ein Wendepunkt sein kann
Der FC St. Pauli hat auch beim FC Bayern München keine Punkte geholt – doch das 1:3 beim Rekordmeister fühlte sich anders an als die Niederlagen zuvor. Die Kiezkicker boten dem FC Bayern lange Paroli, verteidigten geschlossen, arbeiteten leidenschaftlich gegen den Ball und waren bis in die Nachspielzeit nah dran am ersten Auswärtspunkt der Saison. Genau deshalb spricht vieles dafür, dass dieses Spiel trotz des erneuten Rückschlags ein Wendepunkt werden könnte.
Trotz der neunten Bundesliga-Niederlage in Serie nahm der FC St. Pauli in der Allianz Arena etwas mit, das zuletzt fehlte: echtes Selbstvertrauen. Der frühe Schock für den FC Bayern München durch Andréas Hountondji, das konsequente Verschieben, der Einsatz füreinander – all das passte an diesem Nachmittag. „Wir waren von Beginn an sehr klar in unserem Plan, wir haben uns in jeden Ball gehauen und uns gegenseitig unterstützt“, erklärte Lars Ritzka. „Nur so kommen wir aus der Situation raus.“
Der Rekordmeister zeigte mehrfach seine individuelle Klasse – dreimal krachte der Ball ans Aluminium –, doch St. Pauli hielt dagegen. Hauke Wahl erkannte darin Fortschritte: „Solche Momente musst du hier überstehen. Das haben wir lange geschafft.“ Die Kiezkicker verloren damit erstmals seit dem Aufstieg 2024 ein Bundesliga-Spiel nach einer Führung, doch selbst das wurde intern eher als Zeichen ihrer neuen Stabilität wahrgenommen.

"Hatten mehr verdient"
Auch der Gegner wusste die Leistung des Tabellenletzten einzuordnen. Manuel Neuer lobte ausdrücklich die Intensität und das mutige Verschieben der Kiezkicker: „St. Pauli hat gut und aggressiv durchgeschoben mit der Fünferkette.“ Und Trainer Alexander Blessin, der den Auftritt als Maßstab sieht, betonte später: „Die Jungs hatten mehr verdient. Sie haben alles reingeschmissen.“
Besonders bitter war der Zeitpunkt der Gegentore – 90.+3 und 90.+6 –, denn St. Pauli war nur „einen Tick zu spät“, wie Wahl analysierte. Gleichzeitig zeigte das Bayern-Spiel, dass Blessins Veränderungen greifen. „In taktischer Hinsicht mussten wir ein sehr hohes Niveau aufbieten – und das haben wir geschafft“, sagte Wahl. Auch James Sands war überzeugt: „Wir können aus dem Spiel mitnehmen, dass wir gegen jeden Gegner in der Liga mithalten können.“

"Hatten sogar die Chance zum 2:1"
Dass St. Pauli trotz Krise so nah an einem Punkt beim Rekordmeister war, interpretieren die Spieler als Signal. Und Blessin unterstreicht, wie nah die Mannschaft dem Lohn war: „Wir haben gute Ballgewinne gehabt, waren griffig, hatten sogar die Chance zum 2:1. Heute war es abgesehen vom Ergebnis ein großer Schritt.“
Nun beginnt für St. Pauli eine entscheidende Phase: Pokal in Mönchengladbach, Liga in Köln – und schließlich die direkten Kellerduelle gegen Heidenheim und Mainz. Für Wahl steht fest: „München darf kein Ausreißer gewesen sein, wir müssen das jetzt Woche für Woche abliefern.“ Und Ritzka ergänzt: „Nur so kommen wir da unten raus.“
Ein Punkt gab es in München nicht. Aber St. Pauli nimmt etwas mit, das womöglich genauso wichtig ist: Das Gefühl, wieder ein Team zu sein, das widerstehen, verteidigen und glauben kann. Nach Wochen voller Rückschläge ist das vielleicht der größte Schritt von allen.
