Lange Haare, schöne Frauen, schnelle Autos: Günter Netzer war auch außerhalb des Rasens ein auffälliger Typ
Lange Haare, schöne Frauen, schnelle Autos: Günter Netzer war auch außerhalb des Rasens ein auffälliger Typ

Ein Leben auf großem Fuß

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Günter Netzer verkörperte zu seiner aktiven Zeit den Lebemann, der auf und neben dem Fußballplatz seine Freiheiten weidlich ausnutzte. Mit wehender Mähne übernahm er das Kommando auf dem Platz, schlug millimetergenaue Pässe aus dem Fußgelenk und zirkelte Freistöße in den Winkel.

"Ferrari-Fahren mit ihr kostet mich zu viele Nerven"

Abseits des Fußballgeschehens lebte Netzer - mit Schuhgröße 47 kein Wunder - ebenfalls auf großem Fuß. Anfang der 70er Jahre betrieb er in Mönchengladbach die Diskothek "Lovers' Lane", die auch Besucher aus Köln und Düsseldorf anzog und großen Anteil am Aufschwung der Altstadt hatte. Zahlreiche Prominente gingen ein und aus - sogar der legendäre Bundestrainer Sepp Herberger stattete dem Nobelschuppen einen Besuch ab. Nur der damalige Gladbach-Trainer Hennes Weisweiler hielt sich fern. "Jetzt ist er völlig verrückt geworden", sagte er über Netzers Nebentätigkeit.


Doch der hochgewachsene junge Mann war alles andere als das - lediglich sein Geschäftssinn war bereits damals gut entwickelt. Denn nebenbei gründete Netzer noch die Gladbacher Stadionzeitung "Fohlenecho" und fungierte in den ersten Jahren als Herausgeber des Blattes.

Sein Image pflegte Netzer unter anderem mit seinem Faible für schnelle Autos. Mit dröhnendem Motor kreuzte er schon in jungen Jahren am Trainingsgelände der Borussia auf und zog damit vor allem die Blicke der weiblichen Anhängerschar auf sich. Seine Ferrari-Leidenschaft, die bis zum heutigen Tag ungebrochen ist, teilt er allerdings nicht mit seiner Gattin: "Ferrari-Fahren mit ihr kostet auch mich einfach zu viel Nerven."

Pokalsieg als Abschiedsgeschenk


Als Fußballer feierte Netzer große Erfolge: Sowohl bei Borussia Mönchengladbach als auch Real Madrid wurde er zwei Mal Meister. In besonderer Erinnerung bleibt jedoch der Gewinn des DFB-Pokals 1973, als ihn Weisweiler im Finale auf der Bank schmoren ließ. bevor sich Netzer in der Verlängerung selbst einwechselte. Kurze Zeit später drosch Netzer den Ball zum 2:1-Sieg der Borussia in den Winkel - sein "Abschiedsgeschenk" für die Fohlen vor seinem Wechsel nach Madrid.

In der Nationalmannschaft lieferte sich Netzer eine Auseinandersetzung mit dem damaligen Kölner Mittelfeldstar Wolfgang Overath um die Position im zentralen Mittelfeld. Während der Gladbacher beim EM-Sieg 1972 Stammspieler war, saß er zwei Jahre später beim WM-Triumph im eigenen Land meist nur auf der Ersatzbank.

Erfolgreiche Zeit als HSV-Manager


Nach seiner aktiven Zeit stellte er beim Hamburger SV sein exzellentes Fachwissen unter Beweis, indem er als Manager des Clubs zunächst Branco Zebec und anschließend Ernst Happel an die Alster lockte. Unter den beiden Cheftrainern erlebte der HSV seine beste Zeit in der Bundesliga und gewann drei Mal die Deutsche Meisterschaft und 1983 sogar den Europapokal der Landesmeister.

Nachdem er die Hamburger 1986 verließ, wechselte Netzer in den Medienbereich und landete bei der Rechte-Agentur " Infront Sports & Media AG", wo er bis heute als Executive Director tätig ist. Seinen Bekannt- und Beliebtheitsgrad steigerte Netzer als Kommentator der ARD, wo er zusammen mit Gerhard Delling als kongeniales Duo die Spiele der deutschen Nationalmannschaft bewertete.

Nach der WM 2010 beendete er auch diese Tätigkeit. Was bis zum heutigen Zeitpunkt geblieben ist, ist Günter Netzers Frisur. Und Gladbachs Maskottchen "Jünter", das nach dem Idol der Borussen benannt wurde: Ein Fohlen mit wehender Mähne.

Johannes Fischer


Karriere in Zahlen:

Geburtsdatum: 14.09.1944
Bundesliga-Spiele: 230
Bundesliga-Tore: 82
Deutscher Meister: 1970. 1971
DFB-Pokalsieger: 1973

SaisonVereinEinsätze/Tore
1965/66 M'gladbach 31/13
1966/67 M'gladbach 31/11
1967/68 M'gladbach 34/13
1968/69 M'gladbach 27/10
1969/70 M'gladbach 29/6
1970/71 M'gladbach 32/9
1971/72 M'gladbach 28/17
1972/73 M'gladbach 18/3