"Die Bundesliga ist sehr attraktiv geworden"

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München - Wie schnell Licht und Schatten sich abwechseln können, zeigt das Beispiel Hannover 96. Noch vor wenigen Monaten drohte der Abstieg aus der Bundesliga. Jetzt können die Niedersachsen nach zwei Siegen zum Saisonstart auf einen goldigen Herbst hoffen.

Vor dem Duell mit Bayer Leverkusen spricht Hannovers Sportkoordinator Valerien Ismaël mit bundesliga.de über den gelungenen Saisonstart der "Roten" und die Verpflichtung von DaMarcus Beasley.

Weiterhin blickt der Franzose auf die Begegnung seiner ehemaligen Arbeitgeber FC Bayern München und Werder Bremen und erklärt, welchen Einfluss die Neuzugänge an der Weser, aber auch auf Schalke haben können. Zu guter Letzt blickt Ismael voraus auf den Auftakt in der Champions League, bei dem die drei deutschen Teams seiner Meinung nach ein Ausrufezeichen setzen können.

bundesliga.de: Zum Abschluss der Transferperiode I ist es noch einmal hochhergegangen. Die Bundesliga wird zum Spielplatz der Stars. Sehen Sie das ebenso?

Valerien Ismaël: Die Bundesliga ist wirklich sehr attraktiv geworden in den vergangenen Jahren. Sie ist auch ein wirtschaftlicher Faktor für alle Spieler. Man hat in den vergangenen Jahren auch gesehen, wie attraktiv der deutsche Fußball ist. In der Bundesliga kann jeder jeden schlagen. Das ist anderswo nicht so. In Spanien entscheidet sich die Meisterschaft immer zwischen Barcelona und Madrid. In England spielen immer dieselben vier Teams um den Titel. In Frankreich ist es teilweise langweilig geworden. Und Italien hat aktuell genug Probleme. Daher wirkt Deutschland in den Augen aller anderen Fußballnationen sehr attraktiv und daher wollen all diese Spieler hierher kommen.

bundesliga.de: Vor allem Schalke hat zugeschlagen. Sind die Schalker mit all den neuen großen Namen Bayern-Jäger Nummer eins?

Ismaël: Es ist noch zu früh, das zu sagen. Es muss alles passen. Das Umfeld auf Schalke muss sich ja auch erst daran gewöhnen, wie man mit solchen Stars umgeht. Das braucht ein bisschen Zeit. Alles hängt davon ab, wie schnell die neuen Stars sich integrieren werden. Das kann auch Punkte kosten. Ein anderer Faktor ist die Mehrfachbelastung. Schalke spielt neben der Bundesliga ja auch im Pokal und in der Champions League. Da muss man erst einmal sehen, wie schnell sie sich bei der Belastung regenerieren können. Das kann sein, dass man da auch den einen oder anderen Punkt in der Liga liegenlässt. Das könnte für Schalke auch eine schwierige Saison werden.

bundesliga.de: Hannover hat sich mit DaMarcus Beasley verstärkt. Was zeichnet den Amerikaner aus?

Ismaël: Er ist ein sehr erfahrener Spieler. Er hat bei internationalen Topteams wie Manchester City, dem PSV Eindhoven und den Glasgow Rangers gespielt und hat mit den Clubs auch große Erfahrungen im europäischen Wettbewerb gesammelt. Für unsere junge Mannschaft brauchen wir genau so einen Spieler.

bundesliga.de: Sechs Punkte zum Saisonstart: Was sagen Sie zur bisherigen Ausbeute der 96er?

Ismaël: Die Mannschaft ist jung und willig. Der Start hat gezeigt, welche Qualität in dieser Mannschaft steckt. Was auf dem Platz gezeigt wird, sieht wirklich gut aus. Wir sind absolut auf einem guten Weg. Aber wir sind noch lange nicht am Ende unserer Entwicklung. Das ist ein stetiger Prozess. Es geht immer darum, dass sich das Ganze stabilisiert. Diese Mannschaft hat ein großes Potenzial und kann viel erreichen, wenn sie in der Lage ist, alles abzurufen und bereit ist, an die Grenzen zu gehen.

bundesliga.de: Nun wartet die nächste schwere Aufgabe gegen Leverkusen. Was ist da drin für Hannover?

Ismaël: Es ist schon ein neues Gefühl, wenn man in eine solche Partie ohne großen Druck gehen kann. Ich wünsche mir, dass die Mannschaft Spielfreude entwickelt und versucht, die drei Punkte zu holen. Man steht nicht unter Zugzwang wie Leverkusen. Das ist ein großer Vorteil für uns. Und mit sechs Punkten aus zwei Spielen geht man natürlich mit viel Selbstvertrauen in solch eine Partie. Ich erwarte, dass die Mannschaft mit viel Engagement und viel Leidenschaft an diese Partie herangeht.

bundesliga.de: Am Wochenende kommt es auch zum Duell Ihrer beiden Ex-Clubs Bayern und Bremen. Ohne Per Mertesacker und auch ohne Claudio Pizarro muss Bremen in München antreten. Was kann man da von den Bremern erwarten?

Ismaël: Werder Bremen ist eine Mannschaft, mit der man immer rechnen muss. Die Mannschaft hat immer eine Philosophie, die auch umgesetzt wird, wenn wichtige Spieler fehlen. Jeder Spieler weiß ganz genau, was er zu tun hat. Per Mertesacker und Claudio Pizarro sind natürlich wichtige Puzzleteile der Bremer. Insgesamt hat Bremen aber auch ohne sie eine Chance, etwas in München zu erreichen.

bundesliga.de: Dafür können sich die Fans auf Mikael Silvestre und Wesley freuen. Die beiden kommen genau zum richtigen Zeitpunkt. Was erwarten Sie sich von ihnen?

Ismaël: Das hängt davon ab, wie fit beide sind. Silvestre kenne ich sehr gut aus der französischen Nationalmannschaft und von Manchester United. Er hatte ein schweres Jahr beim FC Arsenal. Dennoch ist er ein Spieler, der über sehr viel Erfahrung verfügt. Wenn er fit ist und verletzungsfrei bleibt, dann ist er eine große Verstärkung für Werder Bremen. Wesley kenne ich weniger. Er wird für uns alle eine Überraschung sein.

bundesliga.de: Nach dem 3. Spieltag beginnt die Champions League. Bremen empfängt Tottenham. Ist das ein Spiel, das Werder gewinnen muss?

Ismaël: Es wäre immer gut, das erste Spiel der Gruppenphase zu gewinnen. Wenn man weiterkommen will, ist man mit neun Punkten auf der sicheren Seite. Wenn man also zum Auftakt gewinnt, ist man auf einem guten Weg.

bundesliga.de: Wie schätzen Sie Bremens Chancen insgesamt in der Gruppe A mit Inter Mailand und Twente Enschede ein?

Ismaël: Das ist eine offene Gruppe. Bremen hat eine große Chance, die nächste Runde zu erreichen. Ich sehe Inter Mailand oder Bremen als Gruppensieger.

bundesliga.de: Schalke tritt ebenfalls am Dienstag an - in Lyon. Und die Bayern spielen am Mittwoch gegen den AS Rom. Die Bundesliga ist ja angesagt. Sind das Spiele, bei denen unsere Teams beweisen können und müssen, dass sie wirklich großes internationales Format besitzen?

Ismaël: Das ist absolut die Chance, zu zeigen, dass die Bundesliga eine internationale Topliga ist. Schon bei der Weltmeisterschaft hat mit einer Mannschaft, bei der alle Spieler aus der Bundesliga kamen, gezeigt, wozu die deutschen Spieler in der Lage sind. Gerade in der Champions League hat man nun mal wieder die Chance, sich als attraktive und erfolgsorientierte Liga zu zeigen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Fünfjahreswertung der UEFA. Wenn man gegen eine italienische Mannschaft gewinnt, hilft das sehr, sich in der übernächsten Saison mit vier Mannschaften für die Champions League zu qualifizieren. Das ist auch eine zusätzliche Motivation für die deutschen Mannschaften.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz