Hannover 96 ist mit elf Punkten aus sechs Spielen schon wieder oben mit dabei
Hannover 96 ist mit elf Punkten aus sechs Spielen schon wieder oben mit dabei

Den Fluch besiegt, den Meister überholt

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Hannover - Als Schiedsrichter Peter Gagelmann zum Pausentee pfiff, war den Statistik-Kennern in der AWD-Arena klar, dass Hannover 96 gegen spielerisch klar überlegene Dortmunder wohl bestenfalls mit einem 0:0 davonkommen würde.

Der Grund: Die Niedersachsen hatten in der aktuellen Saison bis zu diesem Zeitpunkt weder in der Bundesliga noch im Europapokal ein Tor in der zweiten Halbzeit erzielt.

"Dadurch dürfen wir uns nicht verrückt machen lassen. Irgendwann werden wir auch nach der Pause wieder treffen", hatte Sergio Pinto in der Woche vor dem Spiel gegen den Deutschen Meister Fans und Mitspieler zu beruhigen versucht.

Sieg dank später Tore

Der Mittelfeldspieler sollte Recht behalten - und wie. Mit späten Treffern durch Karim Haggui in der 87. und Didier Ya Konan in der 89. Minute drehte der Gastgeber eine bereits verloren geglaubte Partie.

Die vor den Augen von Bundestrainer Joachim Löw und seines polnischen Amtskollegen Wojciech Lazarek "in allen Belangen" überlegenen "Schwarz-Gelben", wie BVB-Trainer Jürgen Klopp feststellte, waren nach 63 Minuten durch Shinji Kagawa in Führung gegangen. Hannover hatte den spielerisch, taktisch und läuferisch überlegenen Gästen lediglich einen enormen Einsatz- und Kampfeswillen entgegenzusetzen.

Dominante Gäste

"Der BVB hat sehr dominant gespielt", gab dann auch Mirko Slomka zu. Aber "wir hatten von vornherein nicht vor, mit 60:40 Ballbesitz aus dem Spiel zu gehen. Wir haben ganz auf unsere Konterstärke gesetzt", beschrieb der 96-Trainer seine Taktik.

"Wir hatten gegen Arsenal gesehen, dass der BVB da anfällig ist", erklärte Slomka weiter. "Wir wurden für unseren großen Kampfgeist belohnt. Wir wären doch mit dem 1:1 schon als gefühlter Sieger vom Platz gegangen".

So aber beendete Hannover eine Serie von fünf Pflichtspielen ohne Sieg und setzt sich als Fünfter in den Europapokalplätzen fest.

"Sieg eine Belohnung""

"Dieser Sieg war eine Belohnung für die letzten Wochen, in denen wir gut gespielt, aber nicht gewonnen haben", freute sich Jan Schlaudraff. Aber der Angreifer gab auch zu: "Wir sind noch nicht da, wo wir letztes Jahr waren. Auch wenn wir gegen den Meister gewonnen haben."

"Zwei Mal vier Gegentore gegen Dortmund haben uns gereicht", erklärte Karim Haggui die Motivation der Hannoveraner, die im Vorjahr gegen den späteren Titelträger mit 1:4 und 0:4 verloren hatten.

"Es ist schön, dass wir in der Tabelle vor dem Meister stehen, aber wir werden unser Ziel nicht revidieren", trat der Tunesier auf die Euphoriebremse. Slomka hatte im Interview zur großen Saisonvorschau von bundesliga.de einen Platz unter den ersten Zehn vorgegeben.

"Geläster der Stürmer bleibt uns erspart"

Sehr gefreut hat sich Haggui über seinen Treffer zum 1:1. Im Vorjahr hatte der 27-Jährige am 34. und damit letzten Spieltag der Saison gegen den 1. FC Nürnberg das erste Tor eines 96-Innenverteidigers der Spielzeit erzielt. "Das Geläster der Stürmer bleibt uns in diesem Jahr erspart", frotzelte Haggui nun.

Christian Pander freute sich nicht nur über den Sieg. "Nach den zwei schweren Spielen (Donnerstag gegen den belgischen Pokalsieger Standard Lüttich, drei Tage später gegen den Deutschen Meister) ist es wahnsinnig wichtig, dass wir eine normale Woche haben. Da können wir ein wenig Kraft tanken."

Das sieht auch Moritz Stoppelkamp so, denn "das war nicht die zweite, sondern dritte Luft, mit der wir Dortmund besiegt haben", sagte der 24-Jährige, der am 7. November 2010 letztmals in der Anfangsformation der "Roten" gestanden hatte - auch damals gegen Borussia Dortmund.

"In Augsburg den Sieg bestätigen"

Mit frischen Kräften wollen die Hannoveraner dann am kommenden Wochenende beim bisher in der Bundesliga noch sieglosen Aufsteiger FC Augsburg antreten.

"In Augsburg wollen wir den Sieg von heute bestätigen und uns oben festsetzen", gibt Stoppelkamp die Marschrichtung vor.

Beim Tabellen-Vorletzten können die 96er die Partie ruhig und gelassen angehen. Denn der Fluch der torlosen zweiten Halbzeiten wurde gegen Dortmund besiegt.

Aus Hannover berichtet Jürgen Blöhs