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"Wir haben uns in den vergangenen Jahren, angetrieben durch den sportlichen Erfolg, sehr gut entwickelt. Aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass es weiterhin darum geht, sich zu stabilisieren", sagt Stephan A.C. Schippers im Interview mit bundesliga.de - © © imago / Revierfoto
"Wir haben uns in den vergangenen Jahren, angetrieben durch den sportlichen Erfolg, sehr gut entwickelt. Aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass es weiterhin darum geht, sich zu stabilisieren", sagt Stephan A.C. Schippers im Interview mit bundesliga.de - © © imago / Revierfoto

Schippers: "Befinden uns in einer Wachstumsphase"

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Mönchengladbach - Borussia Mönchengladbach erlebt die beste Phase ihrer Vereinsgeschichte seit den glorreichen Zeiten der "Fohlen-Elf" in den 70er Jahren. Rekordumsatz und sportlicher Glanz mit dem Highlight der ersten Champions-League-Teilnahme überhaupt sind aber gleichzeitig eine Verpflichtung für die Zukunft.

"Fans dürfen träumen. Wir müssen Realisten sein"

Im großen Exklusiv-Interview mit bundesliga.de spricht Geschäftsführer Stephan A.C. Schippers über die Gefahren, die gerade im Erfolg lauern, über Borussias Aktivitäten auf dem chinesischen Markt und darüber, wo man in fünf Jahren stehen möchte.

bundesliga.de: Herr Schippers, vor einem Jahr haben Sie gesagt: "Borussia ist ein schlafender Riese!". Ist dieser Riese erwacht und sitzt voller Tatendrang schon einmal am Frühstückstisch?

Stephan Schippers: Wir haben uns in den vergangenen Jahren, angetrieben durch den sportlichen Erfolg, sehr gut entwickelt. Aber wir sind uns auch darüber im Klaren, dass es weiterhin darum geht, sich zu stabilisieren. Für uns heißt das, dass wir uns in der oberen Tabellenhälfte und in Schlagweite zu den internationalen Plätzen etablieren wollen.

bundesliga.de: Rekord-Umsatz, beste Platzierung seit 30 Jahren, Champions-League-Teilnahme - würde man einen Begriff aus der Wirtschaft heranziehen, wäre das wohl "Hausse"...

Schippers: Keine Frage, Borussia Mönchengladbach befindet sich aktuell in einer sehr erfreulichen Situation. Nichtsdestotrotz trübt das nicht unseren Blick für die Zukunft. Die Fans dürfen träumen. Wir aber müssen Realisten sein. Es geht jetzt darum, dass wir uns sportlich und strukturell adäquat auf die kommende Saison mit der Champions-League-Gruppenphase vorbereiten. Wie schwierig diese Aufgabe sein kann, hat unsere erste Europa League-Teilnahme vor drei Jahren gezeigt.

bundesliga.de: Nicht nur die Beispiele BVB / Jürgen Klopp oder Werder Bremen / Thomas Schaaf haben gezeigt, dass Fußball zyklisch ist; an welchem Punkt einer solchen Zyklus-Kurve sehen Sie Borussia aktuell?

Schippers: Das ist schwer zu fassen. Man schafft Strukturen nicht bestimmter Personen wegen. Dennoch sind es dann vielleicht diese Personen, die an exponierten Stellen besonders charismatisch arbeiten. Wir haben einen fantastischen Trainer und mit Max Eberl einen hervorragenden Sportdirektor. Man sieht an anderen Clubs, dass solche Zeiten kommen und gehen können. Ich bin davon überzeugt, dass wir uns mit dem gesamten Verein in der Phase des Wachstums befinden.

"Kontinuierlich und Schritt für Schritt"

bundesliga.de: Der verstorbene Bankmanager Alfred Herrhausen hat einmal gesagt: "Die meisten Fehler machen Unternehmen, wenn es ihnen gut geht, und nicht, wenn es ihnen schlecht geht"; was muss Borussia tun, um einen solchen Fehler zu vermeiden?

Schippers: Es stimmt: Man macht heute die Fehler, die einen morgen einholen. Genau das gilt es zu vermeiden. Wir werden unseren Prinzipien treu bleiben und für die kommenden Spielzeiten ebenso hart arbeiten, wie wir es in der vergangenen Saison getan haben. Weder von den Ergebnissen noch von den vielen Schulterklopfern dürfen wir uns Sand in die Augen streuen lassen. Denn die enorme Leistungsdichte in der Bundesliga macht unsere Aufgabe nicht einfach. Selbst wenn bei uns wieder alles so gut funktionieren sollte wie zuletzt, bleiben Unwägbarkeiten, die wir nicht beeinflussen können, wie etwaige Verletzungen oder die Leistungsstärke der Konkurrenz.

bundesliga.de: Wie schwierig ist der Spagat zwischen Tradition und den Anforderungen des modernen Fußballs?

Schippers: Es stimmt, dass Borussia ein Traditionsclub ist. Unsere Vergangenheit gibt uns eine Identität, und doch müssen wir uns an den Marktgegebenheiten ausrichten. Also gilt es zu beobachten, in welche Richtung sich der Fußball insgesamt entwickelt, und wo die Borussia ihren Platz innerhalb des deutschen Fußballs finden kann. Wir müssen unsere Entwicklung kontinuierlich und Schritt für Schritt vorantreiben - oder, wie unser Trainer sagen würde, "Wir dürfen nur von Spiel zu Spiel denken".

"Wir bleiben auf dem Boden"

bundesliga.de: Wie schwierig ist es sich den Marktgegebenheiten anzupassen?

Schippers: Ich glaube nicht, dass das so schwierig ist. Borussia ist heute 115 Jahre jung, mit den großen Erfolgen in den 70er Jahren, als fünfmal der Meistertitel, zweimal der UEFA-Cup und einmal der DFB-Pokal gewonnen werden konnte. Diese Erfolge sind Ansporn für die Zukunft. Aber unsere Fans sind realistisch, keiner erwartet, dass wir die Champions League gewinnen oder in der kommenden Saison die Tabellenspitze angreifen. Das wären mit Sicherheit Erwartungen, die uns perspektivisch wohl einholen würden. Nein! Wir bleiben vernünftig, wir bleiben auf dem Boden und wir bleiben bei der Arbeit.

bundesliga.de: Gehört dazu auch, über eine Vermarktung des Stadionnamens nachzudenken, den Borussia als einer der ganz wenigen Bundesliga-Clubs noch nicht vermarktet hat?

Schippers: Wir haben immer versucht, dass bei unseren Sponsoren gute Marken zu guten Marken kommen, die sich gegenseitig befruchten können. Es mag sein, dass wir eines Tages eine Marke finden, die gut zu uns passt und die wir in unsere Nomenklatur aufnehmen möchten. Dann könnte der Borussia Park vielleicht "Borussia Park powered by ..." heißen. Den Stadionnamen aber um jeden Preis zu besetzen und für einen vergleichsweise kleinen Betrag zu verkaufen, das wäre unklug.

bundesliga.de: Gemeinsam mit der Lindner-Gruppe plant Borussia ein Hotel mit direktem Zugang zum Stadion ....

Schippers: Wir müssen Möglichkeiten finden, unsere wirtschaftliche Situation zu verbessern und dabei der Identität von Borussia Mönchengladbach gerecht werden. Wir müssen Einnahmequellen erschließen und ja, wir müssen den Umsatz steigern. Denn der Fußball wird in der Spitze immer teurer. Wir reden hier über mögliche Vermarktungserlöse im Ausland, über die nationalen TV-Erlöse und über Sponsoren-Gelder, was in Summe auf der anderen Seite aber dazu führen wird, dass sich auch die Gehaltsforderungen der Spieler weiter entwickeln. Dem müssen wir uns stellen. Und ein Neubau mit Museum, größerem Fanshop und Hotel ist das, was von den Fans nachgefragt wird. Wir möchten die Verweildauer der Fans von der Anreise am Freitag bis zur Abreise am Sonntag verlängern.

"In China eine halbe Million Follower"

bundesliga.de: Stichwort "Vermarktungserlöse im Ausland": Welches Potenzial sehen Sie international für die Borussia?

Schippers: Der deutsche Fußball ist interessant für das Ausland. Und wenn man einer der sechs Clubs ist, die international spielen - das sind wir seit drei Jahren wieder - ist die Aufmerksamkeit groß. Deshalb beschäftigen wir uns mit diesem Thema seit ein, zwei Jahren sehr intensiv. Unsere digitalen Plattformen gibt es neben der deutsch- auch in einer englisch-, einer spanisch- und einer chinesisch-sprachigen Version. Natürlich könnte man fragen "Wen interessiert in China die Borussia?" Wenn wir aber sehen, dass wir über die chinesischen Facebook- bzw. Twitter-Pendants Tencent und Sina Weibo eine halbe Million Follower haben, wo es in Deutschland bei Facebook 750.000 Follower sind, zeigt das, wie extrem schnell dieser Markt wächst. Diesem Informationsbedarf müssen wir uns stellen.

bundesliga.de: Bedeutet das, dass Borussia nicht nur virtuell, sondern auch in Person auf diesen Märkten aktiv wird, etwa mit Gastspielreisen?

Schippers: Am langen Ende geht es sicherlich darum, in diesen Ländern und auf diesen Märkten auch vor Ort mit Fußballspielen präsent zu sein. Ich bin aber überzeugt, dass das erst am Ende einer solchen Evolutionskette steht. Es bringt nichts, ohne Strategie in die Ferne zu schweifen. Diese Märkte muss man vorbereiten. Für uns sind primär Benelux und, durch unsere Schweizer Nationalspieler bzw. unseren Trainer, die Schweiz interessante Märkte. Dazu kommt der skandinavischen Raum, wo wir traditionell eine gute Rolle spielen und es weiter ein klares Interesse an Borussia Mönchengladbach gibt.

"Die Bayern sind ein gutes Beispiel!"

bundesliga.de: Die wirtschaftliche Entwicklung des Fußballs insgesamt, aber auch der Bundesliga im Besonderen hat dazu geführt, dass einige Vereine auf so genannte strategische Partner setzen; wie steht man dazu bei Borussia?

Schippers: Ein gutes Beispiel sind die Bayern. Dort hat man sich für einen bestimmten Betrag X mit einem Sponsor auf eine langfristige strategische Partnerschaft verständigt und dies gesellschaftsrechtlich unterlegt. Damit konnte man Topmarken langfristig an den Verein binden, die eigene Identität als FC Bayern München bleibt aber weiterhin gewahrt.

bundesliga.de: Wäre das ein Modell auch für die Borussia?

Schippers: Große Sponsoren, die nachhaltig an einem Verein interessiert sind, zu binden, ohne dabei die 50+1-Regel zu beschädigen, die schützenswert ist, weil sie für unseren Fußball in Deutschland steht, halte ich durchaus für eine überlegenswerte Möglichkeit.

bundesliga.de: Über die Zukunft haben wir viel gesprochen; deshalb abschließend die Frage: Wo sehen Sie den eingangs erwähnten Riesen Borussia in fünf Jahren?

Schippers: Das Bild des Riesen soll nicht dazu verleiten, dass wir nun, dank unserer ersten Champions-League-Teilnahme, mit Geld um uns werfen können. Ich hoffe, dass wir auch in fünf Jahren ein fester Bestandteil der oberen Tabellenhälfte sind - immer mit der Möglichkeit, einen der internationalen Plätze erreichen zu können. Wir möchten unseren Fans weiterhin attraktiven Fußball anbieten, ohne dafür aber mit Geld zu hasardieren, das wir nicht haben. Auch in der Vergangenheit, als es uns sportlich nicht so gut ging, haben wir immer nur das Geld ausgegeben, das wir tatsächlich hatten. Damit fahren wir seit 1999 sehr gut. Das hat nichts mit Sich-klein-machen zu tun. Wir haben heute, außerhalb des Stadions, keinen Euro an Verbindlichkeiten, und alles, was hier zu sehen ist, gehört Borussia Mönchengladbach. Diese Entwicklung macht uns stolz. Und das gilt es zu bewahren und zu festigen.

Das Gespräch führte Andreas Kötter