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Skeptischer Blick: Für Horst Heldt und Hannover 96 zählt in dieser Saison nur der Klassenerhalt - © © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Alexander Scheuber
Skeptischer Blick: Für Horst Heldt und Hannover 96 zählt in dieser Saison nur der Klassenerhalt - © © DFL DEUTSCHE FUSSBALL LIGA / Alexander Scheuber

Horst Heldt: "Für uns geht es einzig und allein um den Klassenerhalt"

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Hannover - Der "Betriebsunfall Abstieg" wurde nach nur einer Saison korrigiert. Nicht zuletzt dank der Arbeit von Sportdirektor Horst Heldt, der die Amtsgeschäfte im März 2017 übernahm, weil "die Roten" den direkten Wiederaufstieg zu verpassen drohten, ist Hannover 96 zurück in der Bundesliga. Im Exklusiv-Interview mit bundesliga.de spricht Heldt über die mittelfristigen Ziele des Clubs, über den 1. FC Köln als Vorbild und über das für ihn emotionale Aufeinandertreffen mit seinem Ex-Verein Schalke 04 am zweiten Spieltag.

bundesliga.de: Herr Heldt, Ihr Nachfolger beim FC Schalke 04, Christian Heidel, hat augenzwinkernd gesagt, man könne eine Saisonvorbereitung letztlich erst am Saisonende bewerten...

Horst Heldt: Christian Heidel hat nicht ganz Unrecht, wenigstens in Bezug auf etwaige Testspielergebnisse, die durchaus zweitrangig sind bei der Einschätzung einer Vorbereitung. Was sich aber schon heute bewerten lässt, ist, ob man die zur Verfügung stehende Zeit gut genutzt hat, etwa um bestimmte Dinge einzustudieren. Man erkennt auch, ob die Mannschaft zusammengewachsen ist und wie sich jeder einzelne präsentiert. Ob er Selbstvertrauen ausstrahlt oder eben auch nicht, weil es vielleicht in den Tests für ihn nicht so gut gelaufen ist. Und selbstverständlich hängt das Gelingen einer Vorbereitung nicht zuletzt auch davon ab, ob man von schweren Verletzungen verschont geblieben ist.

bundesliga.de: Wie fällt Ihr Urteil für 96 aus?

Heldt: Ich habe das Gefühl, dass wir eine gute Vorbereitung absolviert haben, dass die Kriterien, die uns wichtig sind, gegriffen haben - etwa das Stärken des Zusammengehörigkeitsgefühls sowie Positionskämpfe auf hohem Niveau. So ist ein positiver Gesamteindruck entstanden.

bundesliga.de: Mit Michael Esser, Julian Korb, Pirmin Schwegler und Matthias Ostrzolek haben Sie zunächst ausschließlich Spieler mit großer Bundesliga-Erfahrung verpflichtet, die 96 defensiv verstärken sollen...

Heldt: Bereits zu einem Zeitpunkt, als längst noch nicht sicher war, ob wir wirklich aufsteigen, haben wir mit der Planung für die Bundesliga begonnen. Angefangen haben wir buchstäblich ganz hinten, auf der Torwartposition und in der Abwehr, weil wir dort auf allen Positionen mehr Konkurrenz schaffen wollten. Ostrzolek und Schwegler waren ablösefrei, und wenn man solche Spieler verpflichten möchte, muss man seinen Hut sehr früh in den Ring werfen. Man könnte jetzt sagen, dass wir da ein wenig arrogant unterwegs waren, aber letztlich war der Aufstieg 'alternativlos', so das geflügelte Wort, das unser Präsident, Martin Kind, geprägt hat. Gleichzeitig war uns aber klar, dass wir mehr Zeit und auch die zweite Hälfte der Transferperiode benötigen werden, um den Kader dort zu komplettieren, wo wir Bedarf und somit eine Schwachstelle vermutet hatten, was sich durch die Vorbereitung bestätigt hat.

"Der Abstieg war ein Betriebsunfall, aber er hat dazu geführt, dass wir heute ein Stück weit hinterherhinken." Horst Heldt (Sportdirektor Hannover 96)

bundesliga.de: Ist diese Schwachstelle der noch fehlende, zweite torgefährliche Stürmer neben Martin Harnik?

Heldt: Nimmt man unsere Testspiele als Kriterium, lässt sich festhalten, dass wir wenig zugelassen und sehr kompakt gestanden haben. Auch die Spieleröffnung war okay, bis zum vorletzten Pass haben wir durchaus gut kombiniert. Leider hat der letzte Pass nicht so gut funktioniert, und dementsprechend mangelte es auch am Abschluss. Das ist zwar im Laufe der Vorbereitung besser geworden, auch der letzte Pass stimmte jetzt häufig. Im Abschluss aber hat es weiterhin gehakt. Und das hat uns darin bestärkt, dass wir im Offensiv-Bereich noch Handlungsbedarf haben.

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bundesliga.de: Was können Sie etwaigen Kandidaten in Aussicht stellen?

Heldt: Der Abstieg war ein Betriebsunfall, aber er hat dazu geführt, dass wir heute ein Stück weit hinterherhinken. Das ist in nur einem Jahr nicht zu kompensieren. Deshalb geht es in der kommenden Saison für uns einzig und allein um den Klassenerhalt. Das muss jedem bei uns bewusst sein. Und allein dieses Ziel zu erreichen, wird schon eine Herkules-Aufgabe. In den vergangenen Jahren hat es fast immer Teams gegeben, die vor Saisonbeginn als erste Absteiger definiert wurden. Diesmal ist das anders. Zwar mag der eine oder andere Experte 96 als ersten Absteiger nennen. Tatsächlich aber höre ich aus der Szene, dass mit uns und dem VfB Stuttgart zwei gefühlte Erstligisten zurück sind in der Bundesliga. Gerade der Kampf gegen den Abstieg verspricht also extreme Spannung, so dass es von Beginn an gilt, jede Schwäche zu vermeiden. Denn es dürfte sehr schwer werden, einmal verlorenes Terrain wieder aufzuholen.

bundesliga.de: Sie sagen, dass 96 ein Stück weit hinterherhinkt. Was bedeutet das mittelfristig für den Club?

Heldt: Für uns geht es erst einmal darum, ganz klar zu definieren, was wir in den kommenden Jahren erreichen möchten. Und ich glaube, dass ein wichtiger Schlüssel für dauerhaften Erfolg perspektivisch eine sehr gute Ausbildung des eigenen Nachwuchses ist. Das ist nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern schafft auch Identifikation. Mit unserer neuen, wunderschönen Nachwuchsakademie sind die Voraussetzungen geschaffen, dass die Lizenzspieler-Abteilung von dieser Nachwuchsarbeit in Zukunft profitieren wird. Nicht von heute auf morgen, aber eben doch mittelfristig. Und ich bin sehr froh, dass wir mit Michael Tarnat als Leiter der Akademie einen Fachmann verpflichten konnten, der dieses Geschäft beim FC Bayern München exzellent ausgeübt und zudem eine Vergangenheit bei Hannover 96 hat.

bundesliga.de: Vorbildliche Jugendarbeit haben Sie selbst bereits beim FC Schalke 04 mit umgesetzt. Aber auch den Weg des 1. FC Köln sollen Sie als durchaus beispielhaft sehen...

Heldt: Wenn man analysiert, wo man in drei, vier Jahren stehen möchte, lohnt es sich durchaus einen Blick nach links oder rechts zu werfen und zu schauen, welchen Weg ähnlich strukturierte Vereine zuletzt gegangen sind. Und der 1. FC Köln ist in der Tat ein gutes Bespiel für einen Club, der nach einigen Jahren des Auf und Ab dank kluger Personalentscheidungen Kontinuität geschaffen hat. Alexander Wehrle und Jörg Schmadtke als Geschäftsführer und Trainer Peter Stöger, der wie die buchstäbliche Faust aufs Auge zum FC passt, machen das exzellent. Sie haben den Verein peu à peu weiterentwickelt – mit dem Ergebnis, dass man nach 25 Jahren – damals habe ich dort noch gespielt – erstmals wieder international vertreten ist. Ich scheue mich also nicht, Köln als Beispiel dafür zu nennen, was möglich ist.

"Schalke? – Ich werde versuchen an diesem Tag einfach eine coole Socke zu sein!" Horst Heldt (Sportdirektor Hannover 96)

bundesliga.de: Mittelfristig auch für 96?

Heldt: Ich bin absolut überzeugt davon, dass ein solcher Weg auch für Hannover 96 gangbar ist. Es ist ja noch gar nicht so lange her, dass auch wir international gespielt haben. Deshalb ist es legitim, wenn wir internationalen Fußball als mittelfristiges Ziel definieren. Das wird nicht heute der Fall sein und auch nicht morgen, aber vielleicht doch übermorgen.

bundesliga.de: Zur Heimpremiere kommt am zweiten Spieltag der FC Schalke 04 in die HDI-Arena. Ein besonderes Spiel für Sie oder doch nur 'business as usal'?

Heldt: Wäre dieses Spiel für mich nur 'business as usual', ich würde mich wohl selbst nicht mehr mögen. Und eigentlich möchte man sich selbst doch leiden können. (lacht) Ich freue mich immer, wenn ich auf meine ehemaligen Vereine treffe, egal, ob es der 1. FC Köln ist, der VfB Stuttgart oder Eintracht Frankfurt.  Schalke aber ist noch einmal etwas Anderes. Denn die sechs Jahre dort waren ganz besonders intensiv, das war – und ich meine das absolut positiv – der Wahnsinn! Unser Ziel hier bei 96 war der Aufstieg, deshalb war klar, dass wir irgendwann auf Schalke treffen würden. (lacht) Mir persönlich wäre etwas später allerdings lieber gewesen. Wenigstens spielen wir zunächst zuhause. Und letztlich sind meine Person und meine Emotionen in diesem Zusammenhang ohnehin nicht so wichtig. Ich werde versuchen an diesem Tag einfach eine coole Socke zu sein. Dass mich dieses Aufeinandertreffen aber berührt und dass man an viel Positives und auch an ein wenig Negatives erinnert wird, lässt sich wohl kaum vermeiden.

Das Gespräch führte Andreas Kötter