Alexandru Maxim (2.v.l.) war mit einem Treffer und einer Vorlage der Matchwinner beim VfB
Alexandru Maxim (2.v.l.) war mit einem Treffer und einer Vorlage der Matchwinner beim VfB

Zwischen Zittern und Zaubern

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Stuttgart - Ein wenig übertrieben war es schon, aber die Erleichterung war in diesem Augenblick einfach zu groß. "Oh, wie ist das schön", sangen die zuvor so lautstarken Anhänger des VfB Stuttgart nach 90 beinahe nervenzerfetzenden Minuten. Mit aller Kraft und jeder Menge Zittermomenten hatten die Schwaben den Abstiegsrivalen aus Freiburg mit 2:0 niedergerungen und wieder neue Kraft im Tabellenkeller gesammelt.

Stevens greift tief in die Taktik-Trickkiste

"Jetzt sind wir wieder voll dabei und haben die Freiburger dazu noch ein wenig nach unten gerissen. Das ist ein extrem wichtiger Faktor", sagte ein sichtlich mitgenommener VfB-Keeper Sven Ulreich nach der Partie. Ulreich war es auch, der seine oftmals so labile und verunsicherte Mannschaft mit einigen sehenswerten Paraden den Sieg gegen die zu mutlosen Breisgauer rettete.

Es war Existenzkampf pur, den die Zuschauer in der Stuttgarter Mercedes-Benz-Arena zu sehen bekamen.  VfB-Trainerfuchs Huub Stevens hatte vor Anpfiff mal wieder in die taktische Trickkiste gegriffen und sich für die Variante "Safety first" entschieden. Mit einem 4-1-4-1-System wollte der Niederländer einen Rückstand unbedingt vermeiden, der 18-jährige Ecuadorianer Carlos Gruezo gab in der Anfangsphase oftmals eine Art Libero, ein Taktik-Kniff, den man in der Bundesliga nicht  mehr allzu oft zu sehen bekommt.

Heraus kam lange Zeit ein Spiel, in dem man das Bemühen der Stuttgarter zwar dringend bemerkte, allein es fehlten die spielerischen Mittel und natürlich auch das notwendige Selbstvertrauen. Hinzu kam, dass die einzige Sturmspitze Vedad Ibisevic seit seiner langen Rotsperre seiner Form hinterherläuft und gegen die Freiburger so gut wie jeden Ball verlor. "Wir haben über die 90 Minuten gut verteidigt und standen immer dicht bei den Gegenspielern. Das war der Knackpunkt für die drei Punkte", analysierte Ulreich richtig.

Wahler will von Befreiungsschlag nichts wissen

Der VfB Stuttgart bewegt sich derzeit zwischen Zittern und Zaubern - die VfB-Fans erleben eine emotionale Achterbahnfahrt nach der anderen. So auch gegen Freiburg.  Muss man die erste Stunde zur Kategorie "Nervenflattern" packen, so erlebte man in der letzten halben Stunde, was auch in dieser Mannschaft steckt. Gute Einzelaktionen, schnelles Spiel, gefährliche Abschlüsse - auch das können die Kicker vom Neckar. Gegen Freiburg maßgeblich verantwortlich dafür: Alexandru Maxim und Timo Werner. Stevens brachte beide Kreativspieler nach einer Stunde, Maxim traf zur Führung, Werner riss immer wieder Löcher in die Gäste-Abwehr. "Die Einwechslungen haben eine wichtige Rolle gespielt", wusste auch VfB-Präsident Bernd Wahler, dem am Samstagabend endlich mal wieder zum Lächeln zumute war.

Dabei hätte Gotoku Sakai beinahe alles wieder zunichte gemacht. Nach einem katastrophalen Rückpass des Japaners musste Ulreich wieder einmal bravourös retten. "Jeder kämpft für jeden", erinnerte Ulreich nach dem Spiel noch einmal an die Grundtugenden des Mannschaftssports, dass Sakai aber wirklich zurückköpft, damit habe aber auch er nicht gerechnet. Der VfB kann alles: Tore schießen, sie kassieren, zaubern, aber auch vor der nervlichen Last beinahe kapitulieren. Auch deswegen wollte Wahler  von einem "Befreiungsschlag" nichts wissen, appellierte dafür an seine Angestellten, doch bitte so "wie gegen Freiburg weiterzumachen".

Das wird schwer genug. Schließlich warten auf den VfB in den verbleibenden fünf Spielen schwere Aufgaben. Nach Mönchengladbach, gegen Schalke, in Hannover, zuhause gegen Wolfsburg und am Ende bei den schier übermächtigen Bayern - viel schwerer kann ein Restprogramm kaum sein. Das wusste am Ende des Tages auch Matchwinner Maxim: "Wir haben noch fünf Endspiele vor uns. Wenn wir aber so weiterspielen, bin ich sicher, dass wir den Klassenverbleib sichern." Spannend aber bleibt es bis zum Schluss.

Aus Stuttgart berichtet Jens Fischer