Zwischen Enttäuschung und Wut
Leverkusen - Bitterer Rückschlag für den VfL Wolfsburg. Nach zuletzt besseren Leistungen haben sich die "Wölfe" im Duell mit dem Tabellenzweiten Bayer Leverkusen einen 0:3-Ausrutscher geleistet. Damit fiel der Deutsche Meister von 2009 auf Platz 15 zurück und hat nur noch einen Punkt Vorsprung auf die Abstiegsränge.
Große Ratlosigkeit machte sich bei den Spielern und Verantwortlichen des VfL Wolfsburg in den Katakomben der BayArena breit. So recht konnte niemand begreifen, wie eine so desolate Vorstellung möglich sein konnte, nachdem der Truppe von Trainer Pierre Littbarski in der vergangenen Woche beim 2:1-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach der vermeintliche Befreiungsschlag gelungen war.
"Bis zum Saisonende Abstiegskampf pur"
"Wir werden bis zum Saisonende Abstiegskampf pur erleben", fürchtet der Coach: "Ich bin enttäuscht darüber, dass wir unsere guten Leistungen zuletzt nicht weitergeführt haben. Unsere Fehlerquote war zu hoch. Wir haben nicht kapiert, dass gegen Leverkusen nur spielerische Mittel nicht ausreichen. Im Abstiegskampf müssen auch mal die Fetzen fliegen."
Doch davon war nicht viel zu sehen. Die Mannschaft präsentierte sich, angefangen beim patzenden Keeper Diego Benaglio, über den formschwachen Arne Friedrich, den kaltgestellten Spielmacher Diego bis hin zum herumtrabenden Stürmer Patrick Helmes durch die Bank von der Nummer 1 bis zur Nummer 34 erschreckend schwach.
Entsprechend angefressen war Wolfsburgs Geschäftsführer Dieter Hoeneß. "Meine Gefühlslage ist zwischen Enttäuschung und Wut", haderte Hoeneß: "Wir müssen jedem Einzelnen klarmachen, worum es geht. Abstiegskampf heißt zunächst einmal Kampf und dann spielen. Das Spiel mussten wir nicht verlieren. Wir haben es hergeschenkt. Und das können wir uns im Abstiegskampf nicht leisten."
Trainerwechsel noch ohne Effekt
Denn der VfL Wolfsburg braucht jeden Punkt. In den vergangenen 19 Bundesliga-Spielen landeten die "Wölfe" lediglich drei "Dreier". Auch der Trainerwechsel vom glücklosen Engländer Steve McClaren zu Pierre Littbarski brachte nicht die erhoffte Trendwende. Unter dem Weltmeister von 1990 verloren die "Grün-Weißen" drei von vier Partien.
Die Lage bleibt gefährlich. "Ich brauche keinem erzählen, dass die Mannschaft vom Potenzial viel weiter nach oben gehört", merkt Winterneuzugang Patrick Helmes an. Doch die individuelle Klasse der Spieler garantiert eben noch keine Punkte. "Wir stecken wir in einer schwierigen Situation", so Helmes.
In seiner alten Heimat riss der derzeit verhinderte Torjäger keine Bäume aus. Folgerichtig wurde er zur Halbzeit ausgewechselt. "Wenn man vorne keine Bälle bekommt, kann man auch mal zurückkommen und sich den Ball an der Mittellinie holen", kritisierte Pierre Littbarski seinen Angreifer.
"Mich beeinflusst die Situation nicht"
Auch für den Interimstrainer selbst könnte es noch unangenehm werden. "Ich brauche keinen roten Teppich, um meine Arbeit zu machen. Ich mache sie so, wie ich sie für richtig halte. Ich arbeite genauso, egal ob ich einen Zehn-Jahres-Vertrag habe oder Interimstrainer bin. Mich beeinflusst die Situation nicht", sagt der 50-jährige Übungsleiter: "Wir werden nicht alles über den Haufen schmeißen, was gegen Freiburg und Gladbach gut war."
Eine schwere Aufgabe wartet am kommenden Wochenende auf den VfL Wolfsburg. Mit dem 1. FC Nürnberg gastiert die zweitbeste Rückrundenelf in der Volkswagen Arena. "Wir müssen gegen Nürnberg alles besser machen", fordert Innenverteidiger Arne Friedrich: "Gegen Leverkusen hat keiner seine Leistung gebracht. Wir müssen höllisch aufpassen." Gelingt die Steigerung nicht, könnten sich die "Wölfe" auf einem Abstiegsplatz wiederfinden. Dann würde das Geheule sicher laut werden.
Aus Leverkusen berichtet Tobias Gonscherowski