Vor dem ersten Champions-League-Gruppenspiel sind auch die Trainer im Fokus: Robin Dutt (M.) wurde im Januar 46 Jahre alt, Andre Villas-Boas feiert im Oktober seinen 34. Geburtstag
Vor dem ersten Champions-League-Gruppenspiel sind auch die Trainer im Fokus: Robin Dutt (M.) wurde im Januar 46 Jahre alt, Andre Villas-Boas feiert im Oktober seinen 34. Geburtstag

Zwei Trainer-Debütanten und Rätselraten um Ballack

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London - Robin Dutt wirkte auf der Pressekonferenz vor dem Champions-League-Auftakt beim FC Chelsea (ab 20:30 Uhr im Live-Ticker) ruhig und besonnen wie immer. Dabei wären Anzeichen von Nervosität nicht verwunderlich gewesen. Schließlich ist die Partie an der Stamford Bridge der erste internationale Auftritt Dutts - und dann auch noch bei einem der Top-Favoriten auf den Titelgewinn.

Ganz kalt lässt Dutt die bevorstehende Aufgabe aber nicht. "Es ist natürlich auch für das Trainerteam etwas ganz Besonderes, die Mannschaft auf so ein wichtiges Spiel gegen den FC Chelsea vorzubereiten", meinte der Bayer-Coach, der mit seinen 46 Jahren zur jüngeren Trainergeneration gehört.

Jung, jünger, Villas-Boas

Aber was soll da erst Chelseas Andre Villas-Boas sagen? Der Portugiese ist mit 33 Jahren der jüngste Coach im Wettbewerb - für ihn ist es ebenso die erste Partie als "Chef" eines Teams in der Champions League. Anders als Dutt hat Villas-Boas jedoch schon seine Meriten auf europäischem Parkett verdient. Mit dem FC Porto gewann er 2010/11 in überlegener Manier die Europa League - er ist der jüngste Trainer mit solch einem Erfolg.

Und nicht nur das: Schon früh gehörte er der Trainerentourage von Jose Mourinho an. Beim FC Porto, in Chelsea und dann auch bei Inter Mailand lernte er vom selbsternannten "Special One". Ob Villas-Boas die "Blues" aber endlich zum großen Coup, nämlich dem Gewinn der Champions League führen kann, wird in London eher bezweifelt.


Bilanz:

Der FC Chelsea und Bayer 04 Leverkusen treffen erstmals in einem Pflichtspiel aufeinander. Die Bilanz der Engländer gegen deutsche Teams ist fast makellos. Fünf Siegen steht lediglich ein Remis gegenüber. Das holte der VfB Stuttgart im CL-Achtelfinale 2003/04. Auch die Null steht zumeist in den Duellen gegen deutsche Clubs vor heimischem Publikum. Von den sechs Spielen an der Stamford Bridge trafen nur die Bayern beim 2:4 im Viertelfinale 2004/05.

Die Leverkusener haben in der "Königsklasse" nach Hin- und Rückspielen aber gute Erfahrungen mit Engländern gemacht. 2001/02 schaltete Bayer auf dem Weg ins Finale zuerst den FC Liverpool (0:1 in Liverpool, 4:2 in der BayArena) und dann Manchester United (2:2, 1:1) aus.


Form:

Der FC Chelsea kommt so langsam in Form. Nach dem ernüchternden torlosen Remis zum Liga-Auftakt bei Stoke City folgten mit dem 2:1 gegen West Bromwich Albion, dem 3:1 gegen Norwich City und dem 2:1 beim FC Sunderland drei Siege - die Gegner gehörten dabei aber nicht unbedingt zur ersten Garde der Premier League.

Der Sieg in Sunderland am vergangenen Samstag war jedoch sehr wohl beeindruckend, hatten die "Blues" ihren Gegner doch fast über die gesamten 90 Minuten klar unter Kontrolle. "Wir nähern uns so langsam dem Fußball, den wir spielen wollen. Die ersten drei Spiele waren nicht so gut, aber nun haben wir gezeigt, was in uns steckt", erklärte Innenverteidiger John Terry.

Bayer Leverkusen hat den Auftakt mit dem 0:2 in Mainz ebenfalls verkorkst, mit drei Siegen und einem Remis beim Deutschen Meister ist die Ausbeute danach aber sehr positiv zu bewerten. Beim 4:1 am Freitag in Augsburg schoss sich die "Werkself" dann zum richtigen Zeitpunkt so richtig warm.


Personal:

Nicht nur die deutschen, auch die englischen Fans stellen sich eine große Frage: Spielt Michael Ballack bei seiner Rückkehr an die Stamford Bridge oder nicht? Trainer Dutt hat sich zwar schon entschieden und Ballack auch schon informiert, an die Öffentlichkeit ging er mit seiner Entscheidung aber nicht. Das Rätselraten wird umso schwieriger, da sich Ballacks Konkurrent im Kampf um den Platz im Mittelfeld fit zurückmeldete: Lars Bender absolvierte das Abschlusstraining nach überstandenen Oberschenkelproblemen in vollem Umfang.

Der in der Bundesliga gesperrte Michal Kadlec rückt in der Defensive wohl wieder auf seine angestammte Position links in der Viererkette. Und auch Andre Schürrle darf sich nach einem Einsatz als Bankspieler in Augsburg Hoffnung auf die Startformation machen.

Beim FC Chelsea kann Villas-Boas fast aus dem Vollen schöpfen. Mit Michael Essien fehlt aber ein wichtiger Mittelfeldstratege und langjähriger Weggefährte Ballacks verletzungsbedingt noch bis Ende des Jahres. Der portugiesische Verteidiger David Luiz ist nach einer Blessur aus der Saisonvorbereitung zwar zurück im Mannschaftstraining, für ihn kommt ein Einsatz aber noch zu früh.


Stimmen:

Robin Dutt: "Die Ausgangslage ist klar: Es wird kein großes Abtasten geben, da weiß man sofort, wo man dran ist. Aber ich habe der Mannschaft auch gesagt, dass wir unsere Chancen kriegen werden."

Michael Ballack: "Wir müssen uns im Auftaktspiel in London nicht verstecken. Wir können ohne Druck aufspielen und vielleicht sorgen wir ja für eine Überraschung."

Andre Schürrle: "Wir haben viel Selbstbewusstsein nach dem klaren Sieg in Augsburg und fahren mit breiter Brust an die Stamford Bridge. Wir müssen da aggressiv in die Zweikämpfe gehen, nah am Mann sein, gut verteidigen und unsere Chancen in der Offensive suchen."

Rudi Völler: "Als Außenseiter in eine Partie zu gehen, ist natürlich angenehmer als am Freitag in Augsburg. Wir haben gegen Chelsea nichts zu verlieren, das ist der Topfavorit in unserer Gruppe. Aber wir wollen dort unsere Chance suchen, uns nicht verstecken und ein großes Spiel abliefern."

Frank Lampard: "Chelsea hat großen Respekt vor Michael Ballack. Er war eine große Persönlichkeit. Es ist wunderbar, ihn am Dienstag an der Stamford Bridge wiederzusehen."


Voraussichtliche Aufstellungen:

FC Chelsea: Cech - Bosingwa, Ivanovic, Terry, Cole - Ramires - Mata, Lampard, Raul Meireles - Torres, Anelka

Bayer 04 Leverkusen: Leno - Castro, Reinartz, Toprak, Kadlec – Rolfes, Ballack (Bender) - Sam, Renato Augusto, Schürrle - Kießling

Schiedsrichter: Stephane Lannoy (Frankreich)

Aus London berichtet Michael Reis