Hugo Almeida (l.) traf per Freistoß für Werder
Hugo Almeida (l.) traf per Freistoß für Werder

"Zu viel Einheitsbrei"

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Werders Aufholjagd hat einen jähen Dämpfer erlitten, ehe sie so richtig begonnen hat. Zum Auftakt der Bundesliga-Rückrunde scheiterten die "Grün-Weißen" vor heimischer Kulisse mit 1:2 an Arminia Bielefeld.

Statt große Schritte gen internationale Plätze zu machen, humpeln die Bremer auf der Stelle (Platz 10). Personell arg dezimiert verfiel Werder in jenes aus der Hinrunde bereits bestens bekannte Muster, wonach auf gute Spiele regelmäßig schlechte Partien folgen. Abermals wurde deutlich, dass Werder den eigenen Ansprüchen ohne die individuelle Klasse von Diego, Pizarro und Co. offensichtlich nicht gerecht werden kann.

Déjà-vu: Werders zwei Gesichter

"Wir haben es mal wieder nicht geschafft eine überzeugende Leistung zu wiederholen. Das ist unser Problem in dieser Saison. Dann müssen wir auch nicht über die Meisterschaft oder die Champions-League-Plätze reden", stellte Sportdirektor Klaus Allofs Werders missliche Lage ohne Umschweife heraus und verwies damit auf die schon im vergangenen Jahr viel zitierten "zwei Gesichter" der Schaaf-Elf.

Im Achtelfinale des DFB-Pokals setzte sich Bremen überzeugend mit 2:1 gegen Borussia Dortmund durch, um nur vier Tage später gegen Bielefeld eine Leistung abzurufen, die den irrwitzigen Verdacht nahe legt, eine höhere Macht habe die Mannschaft ihrer fußballerischen Fähigkeiten beraubt. Den "Grün-Weißen" mangelte es in erster Linie an Durchsetzungsvermögen und Effektivität weil sie "den Gegner nicht in Not bringen konnten und sich kaum Chancen herausspielten." Kurzum: "Zu viel Einheitsbrei", wie es Thomas Schaaf formulierte.

Diego und Pizarro werden schmerzlich vermisst

Dem "Einheitsbrei" hätten Spieler wie Diego oder Claudio Pizarro mit einer Prise individueller Klasse womöglich die nötige Schmackhaftigkeit verleihen können. Doch Werders Angriffsachse sitzt Sperren wegen unsportlichen Verhaltens ab und musste ebenso wie der Cheftrainer mit ansehen, wie die ersatzgeschwächte Bremer Elf (sieben Spieler standen nicht zur Verfügung) der Arminia statistisch deutlich überlegen war (73 Prozent Ballbesitz, 14:1 Ecken), ohne jedoch dieses zahlenmäßige Übergewicht in Ertrag umzumünzen.

Werder sucht nicht nach Ausreden

Werder wirkte oft ideenlos und fand kaum Mittel gegen kompakte Bielefelder. Eine geniale Aktion des brasilianischen Ballzauberers Diego oder des peruanischen Vollstreckers Pizarro hätte vielleicht ausgereicht, um die Mannschaft mitzureißen und sie aus der Lethargie zu befreien.

Doch solche Wenn-Und-Aber-Spiele will Werder nicht als Ausrede für die Niederlage gelten lassen. "Diese Diskussion fangen wir gar nicht erst an. Wir haben immer elf Spieler auf dem Platz, die sich beweisen wollen", sagt Schaaf und auch Allofs sucht nicht nach Ausflüchten: "Es wurde zwar deutlich wie sehr uns diese Spieler fehlen, denn wir haben die Ausfälle nicht kompensieren können. Aber trotzdem kann man das besser spielen."

Die Statistiken belegen, dass gerade ein Diego beinahe unersetzlich ist: Von den sechs Spielen ohne Diego gewann Bremen nur ein einziges. Ohne den Regisseur büßt Bremen klar an Torgefahr ein. Mit Diego im Team trafen die "Grün-Weißen" im Schnitt fast 2,8 Mal ins Netz, ohne ihn verbuchten die Hanseaten pro Partie nur 1,2 Tore.

Ausgerechnet Bielefeld

Und dennoch: Bielefeld war spielerisch zwar nicht unbedingt besser, in den entscheidenden Momenten aber einfach hellwach. Und da hilft auch kein Diego. Zwei blitzschnelle Konter, abgeschlossen von Thorben Marx und Artur Wichniarek, reichten den Ostwestfalen, um der Bremer Aufholjagd vorerst den Gar auszumachen.

"Ausgerechnet Bielefeld", dürfte der geneigte Werder-Anhänger denken, schließlich hat die Arminia ihren letzten Bundesliga-Auswärtssieg im August 2007 bejubelt. Derzeit passt es aber einfach irgendwie ins Bild, dass Bremen selbst den glücklosesten neues Selbstvertrauen einhaucht, nur sich selbst eben nicht.

Wende auf Schalke?

Möglicherweise wendet sich das Blatt ja schon am kommenden Spieltag. Dann reisen die Hansestädter zum FC Schalke 04 und gegen die vermeintlich Großen tat sich Werder in der aktuellen Spielzeit regelmäßig leichter als gegen die "Kleinen".

Schalke ist eigentlich so ein "Großer", verweilt aber ebenfalls im tristen Mittelfeld der Liga (Platz 9). Man darf also gespannt sein, wie die Schaaf-Elf mit den taumelnden Gelsenkirchenern fertig wird. "Wir geben die Saison nicht auf, gegen Schalke wollen wir es deutlich besser machen", verspricht zumindest Allofs.

Aus Bremen berichtet Timo Strömer