Martin Bader ist seit 2004 Sportdirektor des 1. FC Nürnberg
Martin Bader ist seit 2004 Sportdirektor des 1. FC Nürnberg

"Zu naiv ins offene Messer gelaufen"

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Laufen und kämpfen - nach der deutlichen 0:4-Niederlage beim BVB schwört Sportdirektor Martin Bader die Spieler des 1. FC Nürnberg auf die Grundtugenden des Abstiegskampfes ein.

Zugleich warnt Bader im Exklusiv-Interview mit bundesliga.de davor, "zu große Fragezeichen" an die Mannschaft zu stellen und erklärt, warum für den Club nur der Klassenerhalt ein realistisches Ziel sein kann.

bundesliga.de: Spiel und Ergebnis gegen den BVB waren sehr ernüchternd - wie groß ist die Enttäuschung?

Martin Bader: Wir hatten uns so viel vorgenommen. Wir wollten aus dem Spiel gegen Freiburg lernen und schneller ins Spiel kommen. Das ist uns am Anfang gelungen, aber leider stand es dann mit dem ersten Angriff der Dortmunder direkt 0:1. Dann hat die Mannschaft zu schnell versucht, nach vorne zu spielen, um das zu korrigieren. Damit sind wir den Dortmundern zu naiv ins offene Messer gelaufen, die das sehr clever genutzt haben.

bundesliga.de: Ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt?

Bader: Natürlich ist meine Stimmung im Keller, aber eines dürfen wir jetzt nicht machen: Zu große Fragezeichen an unsere Mannschaft stellen. Sie hat schon gezeigt, dass sie es kann. Jetzt muss sie diesen Rückschlag verdauen, das ist eine ihrer Qualitäten im Abstiegskampf.

bundesliga.de: Hatten Sie den Eindruck, dass alle Profis auf dem Platz die richtige Einstellung zeigen?

Bader: Wenn man auswärts 0:4 verliert, ist es klar, dass Fragen nach Einsatz und Willen kommen. Aber da geht keiner auf den Platz und sagt, heute gebe ich mal nur 80 Prozent. Was uns fehlt ist das Selbstvertrauen, bei einem Rückstand dennoch die Überzeugung zu haben, wieder zurückzukommen. Zwischenzeitlich wollten wir einfach zuviel. Da ist jeder mit nach vorne gelaufen, um es wieder gut zu machen. Aber gerade dann läuft man gegen so eine clevere Mannschaft wie die Dortmunder eben in einen Konter.

bundesliga.de: Wird der Versuch, auch spielerisch mithalten zu wollen, im Abstiegskampf sogar zum Problem?

Bader: Wir haben bisher ähnlich wie der SC Freiburg immer den Ansatz gehabt, unsere Aufgaben auch spielerisch lösen zu wollen. Aber natürlich kannst du nur dann Fußball spielen, wenn du die Zweikämpfe gewinnst und den Ball eroberst. Sonst geht gar nichts! Darum geht es jetzt darum, wieder zu den Grundtugenden zu kommen: Erst den Ball erobern, erst sicher stehen - und dann Fußball spielen.

bundesliga.de: Laufen und kämpfen hat also ab sofort Priorität?

Bader: Das Wichtigste ist, dass man sich gegenseitig hilft. Wir haben elf Spieler auf dem Platz. Wenn der eine einen Fehler macht, muss der andere ihm helfen. Das muss schleunigst passieren, dass wir uns gegenseitig helfen und als echte Mannschaft auf dem Platz stehen. Wir müssen ein paar Lehren aus diesem Spiel ziehen. Du kannst nur bestehen, wenn du dich mit elf Mann gegen eine Niederlage wehrst und jeder dem anderen hilft.

bundesliga.de: Es gibt Stimmen im Team, die den Anspruch des Clubs nicht nur darin sehen, drei Teams in der Liga hinter sich zu lassen.

Bader: Wir sind als letztes Team vor der Saison über die Relegation auf den Aufstiegszug aufgesprungen. Wir haben eine sehr junge Mannschaft. Wir haben einen Umbruch gehabt und im Vorjahr 19 Spieler ausgetauscht. Wenn wir es realistisch einschätzen, dann geht es für den 1. FC Nürnberg in dieser Saison nur um den Klassenerhalt. Wenn das am letzten Spieltag passiert, ist es mir herzlich egal. Wenn es früher passiert, ist es auch schön - aber danach sieht es momentan nicht unbedingt aus. Wir müssen jetzt in unserem Heimspiel punkten.

bundesliga.de: Sie erwarten also auch gegen den HSV Punkte?

Bader: Wir können uns nicht darauf verlassen, dass die anderen Teams im Tabellenkeller uns den Gefallen tun, auch immer Federn zu lassen, wenn wir das tun. Wir brauchen bis zum Winter noch Punkte, damit wir dann in der Rückrunde - auch mit einem Heimspiel mehr - möglichst lange am realistischen Ziel Klassenerhalt festhalten können.

bundesliga.de: Zählen Sie dabei auf die feste Unterstützung der Fans? Nach dem Spiel in Dortmund waren die Anhänger sehr unzufrieden.

Bader: Die Fans freuen sich mit uns und die Fans leiden mit uns. Dass sie nach einer solch deutlichen Auswärtsniederlage nicht frohen Mutes sind, ist ganz klar. Aber wir haben den Leuten immer ehrlich gesagt, dass wir hier in Nürnberg etwas entwickeln, mit jungen Spielern arbeiten und dann am Ende gemeinsam den Klassenerhalt feiern wollen.

Das Gespräch führte Dietmar Nolte