Dieter Hecking ist seit zwei Jahren Trainer bei Hannover 96
Dieter Hecking ist seit zwei Jahren Trainer bei Hannover 96

"Wir werden weiter ruhig arbeiten"

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Mit vielen neuen Namen und großen Zielen ist Hannover 96 in die Bundesliga-Saison 2008/09 gestartet. Doch nach den ersten drei Spieltagen stehen die Niedersachsen am Tabellenende. Ernüchternd, aber kein Grund für Unruhe.

So sieht es 96-Trainer Dieter Hecking. Im Gespräch mit bundesliga.de lässt der seit zwei Jahren im Amt befindliche Coach den Auftakt Revue passieren, gibt Lösungsansätze und lobt Deutschlands neue Nummer 1 im Tor, Robert Enke.

bundesliga.de: Herr Hecking, der Saisonstart von Hannover lief alles andere als geplant. Wie erklären Sie sich das? Ist es eine Frage des Rhythmus innerhalb der Mannschaft? Waren es die schweren Auftaktgegner?

Dieter Hecking: Es ist von allem ein bisschen. Natürlich haben wir uns das auch anders vorgestellt. Auf Schalke wurden wir eiskalt erwischt und lagen nach nur neun Minuten mit zwei Toren im Rückstand. Dann auf Schalke noch zurückzukommen, ist unheimlich schwer. Gegen Cottbus muss ich ehrlich sagen, dass wir nur 20 Minuten ordentlich gespielt haben. Anschließend waren wir zu ungeduldig und zu ungenau. So kam das 0:0 zustande, und diese zwei Punkte fehlen uns jetzt. In Stuttgart haben wir von der Spielanlage her unsere bislang beste Begegnung gespielt. Doch wir haben die Chance auf ein frühes Tor vertan und bekamen mit der ersten kritischen Situation sofort das erste Gegentor. Darauf haben wir leider nicht die gewünschte Antwort gefunden. Unterm Strich sind wir mit einem Punkt aus drei Spielen nicht zufrieden.

bundesliga.de: Was stört Sie mehr, dass Ihre Mannschaft nur einen Punkt ergattert hat oder noch ohne Tor ist?

Hecking: Es stören uns beide Fakten. Wir hätten lieber mehr Punkte und lieber auch das eine oder andere Tor geschossen. Wir können die Dinge aber nicht erzwingen. Wir fahren gut damit, die Lage in Ruhe zu analysieren. Es war aber schon klar, dass wir keinen einfachen Start haben würden, was die Gegner angeht. Nichtsdestotrotz können wir besseren Fußball spielen. Ich bin mir sicher, dass wir das auch in den nächsten Spielen zeigen werden.

bundesliga.de: Kommt Ihnen die Länderspielpause gerade recht?

Hecking: Bei uns sind neun Nationalspieler nicht vor Ort. Zum Teil kehren sie erst am Donnerstag oder Freitag nächster Woche zurück. Das stört den Rhythmus erheblich, da von diesen neun Spielern sechs oder sieben auch gegen Gladbach spielen sollen. Dennoch werden wir mit den hier gebliebenen Spielern hart arbeiten. Wir bestreiten zwei Freundschaftsspiele und dort können die Jungs sich auch einmal zeigen. Zweifelsohne fehlen uns die Nationalspieler. Andererseits kommen sie mal für einige Tage raus aus Hannover und holen sich eventuell das Erfolgserlebnis, das ihnen mit Hannover bislang vergönnt geblieben ist.

bundesliga.de: Woran werden Sie in den kommenden Tagen besonders arbeiten? Ist es der Torabschluss oder die Verteidigung von Standards?

Hecking: Die fünf Gegentore nach Standards sind nervig, zumal wir dem Gegner aus dem Spiel heraus wirklich wenig ermöglicht haben. Da müssen wir einfach konzentrierter arbeiten. Allerdings stehen solche Dinge aufgrund des kleinen Kaders, der uns aktuell zur Verfügung steht, nicht explizit auf dem Trainingsplan für diese Woche. Mit den verbliebenen Spielern können wir aber sehr gut am schnellen Passspiel und Torabschluss arbeiten.

bundesliga.de: Alle Welt spricht nur über die Torflaute bei den 96ern. Aber sicher ist nicht alles schlecht gewesen in den ersten drei Bundesliga-Spielen der Saison. Was blieb bei Ihnen in positiver Erinnerung?

Hecking: Natürlich war nicht alles schlecht. Dennoch stehen wir mit beiden Füßen auf dem Boden und wissen, dass wir uns der aktuellen Kritik stellen müssen. Und trotzdem: Wir werden weiter ruhig arbeiten, denn wir sind absolut von der Arbeit der vergangenen zwei Jahre überzeugt. Deshalb glauben wir auch fest daran, dass wir in Kürze die Punkte einfahren werden, die wir brauchen.

bundesliga.de: Sie machen trotz der Situation einen sehr ruhigen Eindruck. Wie wichtig ist ein Umfeld, welches hinter einem steht, für einen Trainer?

Hecking: Wichtig ist, dass man intern weiß, was man vorhat und wo man hin will. In der Hinsicht können wir uns nicht all zu viel vorwerfen. Was wir uns vorwerfen müssen - und da sitzen wir alle gemeinsam im Boot - ist der eine Punkt aus drei Spielen. Jetzt in Hektik oder Panik zu verfallen, wäre ein schlechter Ratgeber. Davon sind wir weit entfernt.

bundesliga.de: Der nächste Gegner Hannovers in der Bundesliga ist Mönchengladbach. Die vergangenen sechs Duelle hat 96 nicht verloren und auch Sie haben beide Spiele als Hannovers Trainer gegen die Borussia gewonnen. Ein gutes Omen?

Hecking: Wenn Fußball so einfach wäre, würde ich sofort "ja" sagen. Aus Statistiken sollte man sich nicht viel machen. Jeder Spieltag bringt neue Situationen und Konstellationen mit sich. Gladbach hat zuletzt sein erstes Saisonspiel gewonnen und bei denen ist der ganz große Druck erstmal weg. Nach dem Sieg gegen Bremen wird die Borussia mit breiter Brust zu uns kommen. Wir dürfen nicht nervös auftreten, müssen uns dem Druck stellen. Jeder erwartet, dass Hannover 96 endlich ein Spiel gewinnt. Wichtig sind daher mannschaftliche Geschlossenheit und der Glaube aller Beteiligten, dieses Spiel - egal wie - gewinnen zu können.

bundesliga.de: Robert Enke geht als neue Nummer 1 im Tor der deutschen Nationalmannschaft in die WM-Qualifikation. Macht Sie das besonders stolz?

Hecking: Wir sehen, dass in Hannover Spieler dabei sind, die auf der großen Bühne wahrgenommen werden. Robert hält seit Jahren auf einem konstant hohen Niveau in der Bundesliga. Jetzt bekommt er mit der Nominierung als Nummer 1 für die Länderspiele gegen Liechtenstein und Finnland die Belohnung dafür. Uns hat in der Vergangenheit ein wenig die Parteinahme für den einen oder anderen Torwart gestört. Da gab es Fachleute, die unseren Torhüter ganz außen vor gelassen haben. Daher freut es uns umso mehr, dass Robert jetzt die Möglichkeit hat, durch gute Leistungen und in einer Konkurrenzsituation zu zeigen, dass er der beste Torwart in Deutschland ist.

Das Gespräch führte Sebastian Stolz