Dr. Reinhard Rauball, Präsident des Ligaverbandes
Dr. Reinhard Rauball, Präsident des Ligaverbandes

"Wir sind eine Solidargemeinschaft"

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Der Präsident des Ligaverbandes, Dr. Reinhard Rauball, hat ein klares Bekenntnis zum stabilen Wirschaften im deutschen Profi-Fußball abgegeben und finanziellen Drahtseilakten einen klare Absage erteilt.

"In Spanien und Italien sahnen nur die großen Clubs ab und die anderen nagen am Hungertuch, weil es dort keine Solidarität gibt. In England bekommt die Liga fast 1,5 Milliarden Euro an TV-Geldern und macht trotzdem hohe Schulden. Ich möchte mit einigen englischen Vereinen nicht tauschen." sagte der 62-Jährige.

Absage an 50+1-Regel

Eine klare Absage erteilte Rauball dem Ansinnen des Präsidenten von Bundesligist Hannover 96, Martin Kind, die 50+1-Regel zu kippen, um auch die deutschen Clubs für Investoren zu öffnen. Rauball findet deutliche Worte in Richtung von Kind.

"Man kann nicht am Kuchen Zentralvermarktung teilhaben wollen, um dann aus der Solidargemeinschaft auszuscheren und die Sahne für sich alleine zu beanspruchen. Ich bin dagegen, dass versucht wird, in einem eigentlich solidarischen Sportverband Eigeninteressen durch juristische Mittel durchzusetzen. Jeder hat, als er sich um die Lizenz beworben hat, gewusst, worauf er sich einlässt", sagte Dr. Reinhard Rauball.

Der Jurist sorgt sich indes, dass in der Bundesliga eine Zwei- oder Dreiklassen-Gesellschaft entsteht: "Ich wünschte mir für 2009, dass der Wettbewerb im Fußball wieder ausgeglichener wird. Es gibt zu viele Favoritensiege."

Sehr zufrieden mit dem neuen TV-Vertrag

Sehr zufrieden ist er über den Abschluss des neuen TV-Vertrages ab 2009 mit einer Dotierung von durchschnittlich 412 Millionen Euro. Zunächst hatte es einen Drei-Milliarden-Euro-Deal mit dem Kirch-Unternehmen Sirius gegeben - dieser wurde allerdings vom Bundeskartellamt torpediert.

Rauball: "Wir hatten mit Sirius ein realistisches Konzept erarbeitet, das uns von den Medien- und Finanzmärkten unabhängiger gemacht hätte. Dazu gehörte auch der eigene Bundesliga-Sender. Er hätte mehr realistischen Wettbewerb kreiert. Wir können aber das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Der jetzige Abschluss ist angesichts der Umstände vorzeigbar. Außer im ersten Jahr gibt es Steigerungen zum vorherigen Vertrag. So etwas müssen Sie in der aktuellen Wirtschaftslage mit der Lupe suchen."

Leistungsprinzip

Die DFL Deutsche Fußball Liga GmbH hatte nach Abschluss des Fernseh-Vertrages bis 2013 eine Klage gegen die Kartellbehörde angekündigt. Dabei gehe es laut Liga-Boss weniger ums Geld als ums Grundsätzliche.

"Schadenersatz hat keine Priorität. Das Kartellamt vertritt die Auffassung, dass die zentrale Vermarktung der TV-Rechte nur möglich ist, wenn eine Bundesliga-Zusammenfassung am Samstag vor 20 Uhr im Free-TV läuft. Dieser Vorstoß schränkt die Handlungsoptionen der Liga erheblich ein. Das können wir nicht hinnehmen. In dieser Hinsicht brauchen wir Klarheit für kommende Rechtevergaben. Welche Wege wir diesbezüglich gehen werden, werden wir im Neuen Jahr entscheiden."

Bei der Verteilung der TV-Gelder unter den Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga setzt Rauball ganz klar auf das Leistungsprinzip: "Wir sind eine Solidargemeinschaft. Das heißt aber nicht Gleichmacherei. Das heißt, dass die Lokomotive mehr bekommt als der letzte Waggon, dass aber auch dieser nicht abgehängt wird."

Die billigsten Eintrittskarten gibt es in Deutschland

An eine weitere Zerstückelung der Anstoßzeiten in der Bundesliga glaubt der Liga-Chef nicht. "Wir haben in Zukunft fünf Anstoßzeiten, dies ist meines Erachtens kaum noch steigerbar. Und auch die theoretische Möglichkeit, mehr Geld zu erzielen, indem Bilder vom kompletten Samstag-Spieltag im Free-TV erst am Sonntag gezeigt werden, wie das in anderen Ländern passiert, halte ich in Deutschland für nicht durchsetzbar," so der Rechtsanwalt.

Der Präsident von Borussia Dortmund lobte gleichzeitig die moderate Preispolitik im deutschen Profi-Fußball bei den Eintrittskarten. "Ich möchte betonen, dass wir unter den Top-Five-Ligen England, Spanien, Italien, Frankreich und Deutschland Letzter sind, was die Höhe der Eintrittspreise betrifft, aber Erster, was den Zuschauerschnitt betrifft. Das ist auch ein Wert. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir in Deutschland zu englischen Verhältnissen kommen."