Max Eberl ist seit 2008 Sportdirektor bei der Borussia
Max Eberl ist seit 2008 Sportdirektor bei der Borussia

"Wir müssen unserem Weg treu bleiben"

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Borussia Mönchengladbach hat in dieser Woche bereits mit Granit Xhaka (FC Basel) und Peniel Mlapa (1899 Hoffenheim) zwei namhafte Neuverpflichtungen präsentiert. Es dürften nicht die letzten gewesen sein. Im exklusiven Interview mit bundesliga.de spricht Borussias Sportdirektor Max Eberl über die neuen Spieler, die Perspektive der Borussia und die Schnelllebigkeit des Geschäfts.

bundesliga.de: Max Eberl, die Saison 2011/12, die Borussia auf Platz 4 abgeschlossen hat, ist nicht einmal drei Wochen vorbei. Können Sie den Erfolg noch genießen oder stecken Sie mitten in der Arbeit?

Max Eberl: Im Moment habe ich wie jeder Bundesliga-Manager auch sehr viel zu tun. Ich telefoniere viel, bin oft unterwegs und kümmere mich um die Kaderzusammenstellung für die neue Saison. Die heutige Zeit ist so schnelllebig geworden, dass die Freude nicht allzu lange anhält. Schon eine Stunde nachdem das letzte Spiel der Saison abgepfiffen wurde, kamen die Fragen. Wie geht es weiter, wer ersetzt die Abgänge? In einer stillen Stunde habe ich die abgelaufene Saison schon Revue passieren lassen und dabei Stolz und Freude empfunden. Manchmal würde man sich gerne mehr Zeit nehmen, um sich einmal zurückzulehnen. Man muss die Momente mehr genießen, das Leben geht so schnell weiter. Eine Entschleunigung täte gut. Aber das ist heutzutage nicht nur im Fußball so, sondern auch in allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Die Informationswelle ist groß, neue Themen tauchen auf. Fragen wollen beantwortet werden.

bundesliga.de: Empfinden Sie Ihren Job in dieser Phase der Realisierung von Transfers mehr als Last oder Lust?

Eberl: Es ist keine Last. Das ist der Job eines Sportdirektors, der die Gesamtverantwortung für den Verein trägt. Er muss zusammen mit dem Trainer und dem Verein den Kader für die neue Saison zusammenstellen und verantwortungsvoll mit dem Geld umgehen. Wir haben eine tolle Saison gespielt, Platz 4 belegt und damit die Qualifikation zur Champions League erreicht. Jetzt sind drei wichtige Spieler weg. Das ist der Lauf der Zeit, das passiert nicht nur der Borussia, sondern überall in der Bundesliga. Wir haben so hohe Transfereinnahmen wie nie zuvor erzielt. Dadurch haben wir Möglichkeiten, den nächsten Schritt zu gehen. Wir konkurrieren jetzt mit großen Vereinen, wir bieten potenziellen neuen Spielern Möglichkeiten und Perspektiven.

bundesliga.de: Erst einmal müssen Sie aber die Abgänge der drei Leistungsträger Marco Reus, Roman Neustädter und Dante verkraften. Wie wollen Sie das schaffen?

Eberl: Wir waren auf diese Situation vorbereitet. Jetzt wäre es zu spät, um noch zu reagieren. Wir haben uns schon lange nach Alternativen auf den verschiedenen Positionen umgeschaut. Wir wussten seit dem Winter, dass uns Marco Reus und Roman Neustädter verlassen. Dann kam noch der Abgang von Dante dazu. Wir haben entsprechend vorgearbeitet. Das Scouting-Team um Steffen Korrell hat die Detailarbeit gemacht, der Trainer hat dann DVDs bekommen, danach wurden Verhandlungen aufgenommen. Und dann nehmen sich die umworbenen Spieler auch die Zeit, um ihre Entscheidung zu treffen.

bundesliga.de: Sie haben jetzt in dieser Woche mit den Verpflichtungen von Granit Xhaka und Peniel Mlapa zweimal Nägel mit Köpfen gemacht. Was versprechen Sie sich von den beiden Spielern?

Eberl: Wir müssen unserem Weg treu bleiben und Spieler mit Potenzial verpflichten. Granit Xhaka ist erst 19 Jahre alt, hat aber bereits zwei Jahre für den FC Basel in der Schweizer Liga und in der Champions League gespielt und ist bereits Meister und Pokalsieger geworden. Er hat großes Potenzial. Jetzt muss er mit dem nächsten Schritt in der großen Fußballwelt ankommen. In Deutschland werden die Bundesliga und die Champions League anders wahrgenommen. Lucien Favre ist jetzt der richtige Trainer für ihn, um diesen nächsten Schritt zu gehen. Wir setzen große Hoffnungen in Granit und werden ihm auch die nötige Zeit geben. Auch deshalb hat er sich für uns entschieden, obwohl er auch Angebote anderer namhafter Clubs hatte. Niemand sollte ihn an der Transfersumme messen. Er war teuer, aber er hat Qualität. Auch ein Marco Reus hat bei uns einige Zeit gebraucht, um sich durchzusetzen.

bundesliga.de: Und Peniel Mlapa?

Eberl: Er ist ein junger Spieler mit Bundesligaerfahrung und großem Potenzial, der unsere Offensive bereichern wird. Und er passt exakt in unsere Philosophie, unseren Weg mit jungen, hungrigen Talenten weiter zu gehen.

bundesliga.de: Müssen Sie nach der tollen Vorjahressaison die Erwartungen der Fans nun eher dämpfen?

Eberl: Ich glaube, unsere Fans schätzen die Lage realistisch ein. Nach der vorletzten Saison hatten wir eine Mitgliederversammlung, in der es nach dem nur mühsam verhinderten Abstieg viel Kritik gab. Wir haben kontrovers diskutiert und den Mitgliedern offen und transparent gesagt, was Borussia Mönchengladbach als Verein mit einer großen Tradition und mit diesem Stadion leisten kann. Wir wollen über Jahre eine kontinuierliche und stabile Entwicklung nehmen, nicht mehr und nicht weniger.

bundesliga.de: Werden sich die Fans damit zufrieden geben?

Eberl: Wir wollen über Jahre eine Entwicklung nehmen. Die vorletzte Saison war ein Rückschritt, dafür haben wir in der gerade abgelaufenen Spielzeit drei, vier Schritte auf einmal nach vorne gemacht. Wir müssen einen Mittelweg finden. Die Tendenz ist mit Platz 4 sehr positiv. Aber dieser Platz ist nicht der Maßstab. Wir wollen einen einstelligen Tabellenplatz belegen und nachhaltiger an den Top 8 dranbleiben und im weitesten Sinne um die internationalen Plätze spielen. Hannover 96 hat es vorgemacht und ist nach einer starken Saison im Vorjahr erneut mit Platz 7 ins internationale Geschäft eingezogen. Das ist ein großer Erfolg. Für uns kommen ebenfalls in der kommenden Saison "erschwerend" die internationalen Spiele dazu. Aber die Bundesliga genießt die Priorität.

bundesliga.de: Wann kann Max Eberl einmal abschalten?

Eberl: Ich habe ja auch eine Familie und einen Sohn und möchte auch einmal den Kopf freibekommen. Wenn die Kaderplanung weitgehend abgeschlossen ist, werde ich mit der Familie im Sommer auch für zehn Tage Urlaub machen.

Das Gespräch führte Tobias Gonscherowski