"Wir brauchen eine gute Bank"

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Leverkusen - Werder Bremen hat sich von der 0:4-Pleite in der Champions League in Mailand gut erholt. Nach einer überzeugenden kämpferischen Leistung holte Werders "letztes Aufgebot" gegen eine stark aufspielende Elf von Bayer Leverkusen ein respektables 2:2-Unentschieden.

Im Interview wertet Bremens Innenverteidiger Per Mertesacker die Punkteteilung "als einen guten Schritt nach vorne" - und ärgert sich über einen einzigen verlorenen Zweikampf.

Frage: Vor dem Spiel wurde viel über die Verletztensituation bei Werder berichtet. Jetzt hat Werder 2:2 in Leverkusen gespielt. Ärgern Sie sich, dass es nach der 2:1-Führung doch nicht zum Sieg gereicht hat?

Per Mertesacker: Ja, ein bisschen. Aber man muss auch sehen, was nach unserer Führung auf uns zugekommen ist. Wir standen auf relativ wackeligen Beinen und konnten vorher oft in brenzligsten Situationen klären, aber irgendwann wurde der Druck von Leverkusen zu groß. Der Ausgleich war verdient. Leverkusen hat eine gute Mannschaft. Die haben viel investiert. Sie haben dann gewechselt. Dadurch kam ohne Ende frischer Wind hinein. Das können wir im Moment nicht. Damit müssen wir uns abfinden. Deswegen nehmen wir den Punkt mit.

Frage: Sind Sie als Kapitän stolz auf die Mannschaft, wie sie sich zurück gekämpft hat?

Mertesacker: Man hat ja gesehen, dass wir wirklich am Limit spielen. Wir haben viele Verletzte. Damit müssen wir uns schon die ganze Zeit beschäftigen. Wir müssen zusehen, dass wir mit den Spielern, die wir haben, das Beste herausholen. Das war gegen Leverkusen in der Phase, in der wir geführt haben, schon relativ viel. Danach war Leverkusen deutlich zielstrebiger und ein bisschen zweikampfstärker. Wir können auf viele gute Ansätze stolz sein. Jetzt trennen sich erst einmal kurzzeitig unsere Wege. Dann müssen wir mit aller Kraft in den letzten Wochen in der Bundesliga, Champions League und im Pokal an die Aufgaben herangehen.

Frage: Haben Sie nach dem Rückstand befürchtet, dass die Mannschaft wieder wie beim 0:4 in Mailand unter die Räder kommen könnte?

Mertesacker: Nein, diesmal standen wir stabiler. Die Leverkusener hatten nicht so viele Torchancen. Wir haben gegenüber dem Mailand-Spiel klar gesteigert.

Frage: Sie haben im ganzen Spiel nur einen Zweikampf verloren...

Mertesacker: ...und der führte zum Gegentor. Das war entscheidend. In der Situation, die zum 2:2 führt, hat sich jeder auf den Anderen verlassen. Aber insgesamt müssen wir die positiven Dinge mitnehmen und den Punkt.

Frage: Wie sehr ärgert Sie das, dass Sie sich in der Szene zum Ausgleich von Eren Derdiyok haben ausspielen lassen. Haben Sie nach so einer Szene schlaflose Nächte?

Mertesacker: Schlaflose Nächte nicht. Aber es war eine Szene, die einen in der Nachbetrachtung beschäftigt. Wenn man vorher so oft klärt, möchte man das Ding auch sauber über die Runden bringen. Aber der Eren Derdiyok hat das auch sehr gut gemacht. Trotzdem habe ich den Anspruch, das besser zu machen.

Frage: Was hat der Trainer der Mannschaft nach dem Rückstand zur Pause für die 2. Halbzeit auf den Weg gegeben?

Mertesacker: Einfache Ballstafetten. Einfach den Ball zum Mann bringen, häufiger einen Tempowechsel reinbringen. Dieses Spielen und Gehen hat dann viel besser geklappt. Dadurch waren wir vorne flexibler. Deswegen haben wir zwei Tore vorgelegt. Leider hat es nicht zum Sieg gereicht. Nach dem 2:1 haben wir nicht genug gemacht, um auf das dritte Tor zu gehen.

Frage: Sie werden mit dem bisherigen Saisonverlauf sicher nicht zufrieden sein. Was muss bei Werder besser laufen?

Mertesacker: Es gibt viele Ansatzpunkte. Einerseits brauchen wir einen kompletten Kader, damit wir gut bestückt sind und einen guten Konkurrenzkampf haben. Wir brauchen eine gute Bank. Wir haben ja kaum noch Spieler, die uns zur Verfügung stehen. Spielerisch haben wir gute Ansätze gezeigt, die aber noch ausgebaut werden können. Fußballerisch als auch kader-technisch gibt es viele Dinge, die ausbaufähig sind.

Frage: Die Ansprüche sind bei Werder bekanntlich hoch. Acht Punkte nach sieben Spieltagen sind sicherlich nicht die Ausbeute, die sich der Verein vorgestellt hat. Wieviel ist dieser Punkt bei Bayer dann wert?

Mertesacker: Wir brauchen im Moment jeden Punkt. Wir sind schmal besetzt und müssen so viel wie möglich daraus machen. Das war aber erst der Anfang. Es kann normalerweise nicht unser Anspruch sein. Aber ich bin sicher, dass es ein guter Schritt nach vorne war. Den Punkt wollten wir unbedingt mitnehmen.

Frage: Freuen Sie sich auf die Länderspielpause?

Mertesacker: Ich habe nie Pause, davon können Sie ausgehen.

Frage: Wie geht es danach bei Werder weiter?

Mertesacker: Ich hoffe, dass uns bald wieder ein paar Leute zur Verfügung stehen. Und ich muss gesund durch die Länderspiele durchkommen.

Aufgezeichnet von Tobias Gonscherowski