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Der Tiefpunkt: Michael Wiesinger (l.) und Armin Reutershahn (M.) müssen die 0:5-Klatsche gegen den HSV von der Bank aus mit ansehen und werden daraufhin entlassen (©Imago)
Der Tiefpunkt: Michael Wiesinger (l.) und Armin Reutershahn (M.) müssen die 0:5-Klatsche gegen den HSV von der Bank aus mit ansehen und werden daraufhin entlassen (©Imago)

Wiesinger scheitert an offensiver Spielidee

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München - daheim gegen den Hamburger SV, 17 Gegentore, Tabellenplatz 16 und nicht ein Pflichtspielsieg in der laufenden Saison: Der 1. FC Nürnberg steckt in der Krise. Erste Konsequenz: Das Trainergespann um Michael Wiesinger und Armin Reutershahn musste seinen Platz räumen - die Folge einer missglückten taktischen Umstellung.

Heimklatsche legt Nürnberger Problemfelder offen

Als sich im Dezember 2012 der damalige Club-Coach Dieter Hecking zu einem Wechsel zum VfL Wolfsburg entschied, verzichtete man bei den Franken auf einen externen Nachfolger und setzte stattdessen auf Personal aus den eigenen Reihen. So wurde der damalige U23-Coach Michael Wiesinger zusammen mit Armin Reutershahn befördert. Der gebürtige Burghauser zahlte das Vertrauen in seine Person rasch zurück. Nürnberg spielte eine gute Halbserie, holte 20 Punkte und schloss die Saison auf dem 10. Tabellenrang ab. Der Club verlängerte mit beiden daraufhin den Vertrag.



Wenige Monate später finden sich die Franken nach acht Spieltagen im Tabellenkeller wieder, fuhren bisher als einziger deutscher Profiverein noch keinen Pflichtspielsieg ein - das war zuletzt in der Saison 1986/87 der Fall. Zuletzt kassierte man gegen den Hamburger SV erstmals seit acht Jahren mehr als vier Gegentore. Die Klatsche war also nicht nur historisch, sondern offenbarte auch auf einen Schlag die Nürnberger Probleme. "Das sind tiefe Wunden", gab sich Sportdirektor Martin Bader geschockt.

Hauptgrund für das Scheitern Wiesingers ist wohl die missglückte Umstellung der taktischen Grundausrichtung: Der entlassene Club-Coach wollte der zuletzt sehr standard-lastigen und defensiven Spielanlange neues Leben einhauchen und ein schnelleres Umschalten in die Spitze entwickeln. "In der Offensive müssen wir variabler und flexibler werden", sagte Wiesinger bei seinem Amtsantritt. Das gelang aber nur teilweise: Zwar schossen die Nürnberger unter ihm in der vergangenen Spielzeit mehr Tore, entscheidenden Anteil daran hatte aber Innenverteidiger Per Nilsson, in der vergangenen Saison mit sechs Treffern bester Torschütze.

Zudem fiel die Hälfte der nur 39 Tore nach Standardsituation. Die offensive Denkweise in dieser Saison nun endgültig zu etablieren, hatte sich Wiesinger auf die Fahnen geschrieben. Aufgegangen ist sein Plan nicht: Insgesamt gab aktuell kein anderer Bundesligist so wenige Torschüsse nach Pässen ab wie der FCN (31) - neun Mal zappelte die Kugel im Netz, nur Schlusslicht Eintracht Braunschweig traf seltener.

Schwerwiegende Abgänge in der Hintermannschaft



An der angedachte Spielidee orientierte sich auch die Personalpolitik. Ein wichtiger Mannschaftsteil, der den FCN in den vergangenen Jahren ausgezeichnet hat, wurde dabei so gut wie nicht berücksichtigt: die Defensive. Mit den Einkäufen von Daniel Ginczek, Josip Drmic und Mariusz Stepinski stärkte die sportliche Führung vor allem die Offensivreihen.

Abgänge von Defensivstützen wie Innenverteidiger Timm Klose oder Abräumer Timmy Simons wurden nicht kompensiert. Die Folge: Der Club kassierte seit zwanzig Jahren nicht mehr so viele Gegentore wie aktuell an den ersten acht Spieltagen (17). Beim Debakel gegen den HSV äußerte sich zwar einmal mehr die Formschwäche einzelner Akteure, jedoch stimmt es insgesamt vor allem in der Abstimmung zwischen Offensive und Defensive nicht - hier drückt der Nürnberger Schuh gewaltig.

Die offensive Spielidee ist nicht aufgegangen



Zuletzt versuchte Wiesinger, mit der Umstellung auf zwei Spitzen und einer Raute im Mittelfeld dem entgegenzuwirken, allerdings wurden die Lücken dadurch nur noch größer - ein echtes FCN-Problem: Seit 16 Spielen blieb der Club nicht mehr ohne Gegentor - ligaweit ist das die längste laufende Serie aller Bundesligisten. Die späte Verpflichtung von Sechser Makato Hasebe, der die komplette Saisonvorbereitung beim FCN verpasste, konnte die Schieflage kurzfristig auch nicht beheben.

"Nach so einem Spiel hast du wenige Argumente als Trainer", ist Wiesinger sich eigener Fehler bewusst und stellt sich seiner Verantwortung: "Es geht nicht um mich, der Club muss in die Spur kommen." Als Interimstrainer betreut zunächst Roger Prinzen die Profis - wieder ein Mann mit Stallgeruch. Dem U23-Trainer trauen sie am Valznerweiher einen echten Neuaufbau aber nicht zu - "ein neuer Cheftrainer wird in Ruhe gesucht", heißt es offiziell.

Yannik Schmidt