Rückhalt Roman Weidenfeller: Der Keeper ist nach da Silva, Kehl und Owomoyela der viertälteste Profi im BVB-Kader
Rückhalt Roman Weidenfeller: Der Keeper ist nach da Silva, Kehl und Owomoyela der viertälteste Profi im BVB-Kader

Weidenfeller: verschmäht, gereift, geliebt

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München - Im besten Torwartalter ist Roman Weidenfeller in der Riege der besten Bundesliga-Keeper aller Zeiten angekommen. Mit 31 Jahren befindet er sich in der erfolgreichsten Phase seiner Karriere - und erfährt nun die Wertschätzung, die im lange verwehrt blieb.

Am kommenden Samstag gegen Mainz steht Weidenfeller zum 250. Mal in der Bundesliga zwischen den Pfosten und kann mit dem BVB einen weiteren Schritt in Richtung Titelverteidigung machen. Über elf Jahre liegt sein Bundesligadebüt zurück.

Aus Gerry Ehrmanns Talentschmiede

Als 20 Jahre altes Talent ersetzte er im November 2000 Stammkeeper Georg Koch im Tor des 1. FC Kaiserslautern.

Die Zuschauer auf dem Betzenberg sahen einen Ersatzmann, den man so nicht anders erwartet hatte: großgewachsen, muskulös, gute Reflexe, stark auf der Linie. Wie hätte er auch anders aussehen sollen, schließlich stammt er aus der Torwart-Schmiede von "Tarzan" Gerry Ehrmann. Die Lauterer siegten glücklich 3:2, der junge Ersatzmann hielt solide und rückte anschließend wieder ins zweite Glied.

Große Stunde im UEFA-Cup

Ins Rampenlicht spielte er sich erst vier Monate später im Viertelfinalhinspiel des UEFA-Cups gegen die PSV Eindhoven. Stammkeeper Koch hatte sich im Abschlusstraining verletzt. Teammanager Andreas Brehme schenkte dem jungen Weidenfeller das Vertrauen.

Mit spektakulären Paraden hielt das Torwart-Talent den FCK im Spiel - und am Ende den knappen 1:0-Sieg fest. FCK-Kapitän Mario Basler meinte "Was der rausgeholt hat, war unglaublich. Da kann ich nur den Hut ziehen." Und Brehme war sich anschließend sicher: "Da wächst ein großer Torhüter heran." Der Durchbruch für Weidenfeller war das aber noch lange nicht. Koch blieb die Nummer eins der Lauterer, Weidenfeller kam in dieser und der Folgesaison auf sechs Partien.

Im Juli 2002 sicherte sich Borussia Dortmund die Dienste des Keeper-Talents. Als Ersatzmann von Jens Lehmann sollte er reifen und langfristig zur Alternative werden. 2003 wechselte Lehmann zu Arsenal London, Weidenfeller bekam unter Trainer Matthias Sammer die Chance als erster Mann im Tor. Doch er nutzte sie nicht, leistete sich in einer verunsicherten Mannschaft zu viele Unsicherheiten. Sammer setzte in der Rückrunde auf den erfahrenen Guillaume Warmuz, der dem Team Halt geben sollte.

Statisisch unter den besten fünf Keepern der Geschichte

Erst 2004/05 unter Bert van Marwijk eroberte Weidenfeller im Lauf der Hinrunde den Platz zwischen Pfosten zurück - und spielte sich dort fest. In der Bundesliga stieg er in die Garde der Toptorhüter auf. Statistisch gesehen gehört Weidenfeller heute zu den besten Bundesliga-Keepern der Geschichte.

Von den Keepern mit über 100 Bundesligaspielen, die nie im Tor des FC Bayern standen, hat Weidenfeller sogar die wenigsten Gegentore zugelassen. Nur 1,11 Gegentreffer pro Spiel kassierte er durchschnittlich.

Den krönenden Höhepunkt seiner BVB-Zeit erlebte er in der vergangenen Saison. Als dunkler Fleck in seiner Vita bleibt die Nationalmannschaftskarriere, die nie begonnen hat. Über Einsätze in den Nachwuchsmannschaften und im Perspektivteam kam er nicht hinaus. Trotz seiner herausragenden Leistungen im Meisterjahr lud ihn Bundestrainer Joachim Löw nicht zur DFB-Elf ein.

Keine Perspektive in der Nationalelf

Auf die Nichtberücksichtigung reagierte Weidenfeller im Sommer mit Sarkasmus. "Vielleicht sollte ich mir einfach die Haare schneiden. Oder vielleicht etwas zierlicher werden, ich weiß es nicht", sagte er: "Natürlich wäre die Nationalmannschaft das i-Tüpfelchen, aber mittlerweile - aus der Ferne betrachtet - kann man schon drüber lächeln."

Für diese deftige Breitseite gegen den Nationaltrainer erntete Weidenfeller Kritik. Doch die damals gerade abgelaufene Fabelsaison mit nur 22 Gegentoren sprach für ihn. Seine Chancen auf eine Berufung ins Nationalteam dürfte er ohnehin weder gesteigert noch verringert haben. Dass er auch unpopuläre Dinge anspricht und gelegentlich das Herz auf der Zunge trägt, dafür schätzen sie ihn in Dortmund.

Sein charmantester verbaler Ausrutscher ging im vergangenen Sommer um die ganze Welt: "I think we have a grandios Saison gespielt", antwortete Weidenfeller auf die Frage eines arabischen TV-Reporters zur feststehenden Meisterschaft. Vielleicht darf er sich im kommenden Mai wieder ähnlich äußern.

Andreas Messmer