Nicht zum Anschauen: Sowohl Bastian Schweinsteiger...
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Von Spinnen und Krawatten

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München - Eine Assoziation zwischen einer Krawatte und einem Spinnennetz herzustellen, fällt gar nicht so leicht - es sei denn man mottet einen Schlips aus dem Speicher aus und muss die klebrigen Fäden mühsam entfernen. An diesem Samstagabend jedoch hatten das gefürchtete Krabbeltierchen und der Halsbinder schlagartig ein verbindendes Element.

Unmittelbar nach der unerwarteten 0:1-Heimniederlage des FC Bayern gegen Borussia Mönchengladbach konnte man den metaphorischen Vergleich aus zwei verschiedenen Ecken vernehmen - und musste ihn anschließend nur noch zusammenfügen: Auf der eine Seite schimpfte Thomas Müller über den Fauxpas der Münchner und hatte dabei nach eigenen Aussagen die besagte "Krawatte" an - er hätte ebenso sagen können, dass ihm die Halsader anschwillt oder der Kragen platzt.

"Darin haben wir uns verfangen"

Nur wenige Meter neben ihm stand sein Trainer Jupp Heynckes und referierte über das Gladbacher "Spinnennetz". "Darin haben wir uns immer wieder verfangen", gestand der frühere Borussen-Coach. "Wir haben nicht den Druck aufbauen können, der nötig gewesen wäre, um die Gladbacher Abwehr zu überwinden. In der zweiten Halbzeit haben wir gedrängt, sind aber auch ein bisschen nervös geworden."

Dabei schienen die Voraussetzungen für einen Saisonstart nach Maß so gut wie lange nicht: Im Gegensatz zum Vorjahr konnten alle Spieler die gesamte Vorbereitung mitmachen und auch Arjen Robben und Franck Ribery waren nach ihren kleineren Verletzungen rechtzeitig an Bord. Zudem kam mit den Gladbachern ein scheinbar dankbarer Gegner, gegen den der FC Bayern nach starken Leistungen in Testspielen und DFB-Pokal doch keinerlei Probleme haben sollte.

Überlegen, uneffektiv

Das erste Bundesligaspiel der Bayern erinnerte dann aber über weite Phasen an die unergiebige Dominanz aus der van-Gaal-Ära. 490 Pässe spielte der Rekordmeister, beinahe doppelt so viele wie die Gäste. Bei der Zweikampfbilanz landete der FCB mit 59,1 Prozent ebensodeutlich vorne wie bei den Toschüssen (17:8). Immer wieder versuchten es die Münchner, den Gladbacher Riegel über die Flügel zu knacken. Während Müller auf der linken Seite immerhin einige Male für Gefahr sorgte, dribbelte sich Robben über Rechts meistens fest.

Dass ausgerechnet Neuzugang Manuel Neuer beim Gegentreffer patzte, gab dem Bayern-Spiel eine weitere betrübliche Note. Zudem verletzte sich auch noch Jerome Boateng am Sprunggelenk und musste in der Schlussphase ausgewechselt werden.

Entsprechend blieb von der Zuversicht, die die Bayern vor dem Saisonstart noch versprühten, nicht mehr viel übrig: "Es ist sehr enttäuschend, wie diese Saison für uns begonnen hat", gestand Mario Gomez, der bei einem Pfostentreffer Pech hatte. Philipp Lahm sprach von einem "Dämpfer, weil wir zuhause gewinnen und einen guten Saisonstart haben wollten". Der Bayern-Kapitän versuchte jedoch auch die Niederlage seiner Mannschaft zu relativieren. "Wir sollten jetzt nicht alles schwarzmalen. Es ist nicht die gleiche Situation wie letztes Jahr, als wir sieben Punkte aus den ersten acht Spielen geholt haben".

"Solche Spiele gibt es"

Deutlicher wurde Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, der seine Enttäuschung nicht verbergen konnte. "Wir sind mit großen Erwartungen in diese Bundesligasaison gestartet und man muss klipp und klar sagen: Das war ein Fehlstart", fasste er nach dem Schlusspfiff die vorangegangenen 90 Minuten zusammen. "Wir müssen leider jetzt schon wieder nach dem ersten Spieltag feststellen, dass wir der Spitze hinterherlaufen müssen. Das ist etwas, was wir vermeiden wollten, aber leider haben wir es nicht geschafft."

Dabei hätte man bei genauem Hinsehen schon vor dem Auftakt mutmaßen können, dass der fest eingeplante "Dreier" gegen die von Lucien Favre hervorragend eingestellten Gladbacher nicht en passant zu holen war. So hatten die Borussen schon im Saison-Endspurt unter anderem mit Siegen gegen den BVB und Hannover den kaum mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt erzwungen und waren als eingespieltes Team in die Allianz Arena gereist.

"Solche Spiele gibt es", bleibt Heynckes gelassen. "Wir müssen weiterarbeiten und das nächste Spiel gewinnen. Wir werden das Spiel jetzt ganz sachlich analysieren." Vielleicht ist es aber auch vor der Champions-Lague-Qualifikation gegen den FC Zürich ein rechtzeitiger Schuss vor den Bug. Damit beim FC Bayern im weiteren Saisonverlauf Spinnen und Krawatten ausgedient haben.

Aus der Allianz Arena berichtet Johannes Fischer