Mit Blick auf die Schalker Nordtribüne trafen sich in der Veltins Arena die Behindertenfanbeauftragten der Bundesliga und 2. Bundesliga
Mit Blick auf die Schalker Nordtribüne trafen sich in der Veltins Arena die Behindertenfanbeauftragten der Bundesliga und 2. Bundesliga

Vollversammlung der Behindertenfanbeauftragten in der Veltins Arena

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Köln - Oft sind es kleine Denkanstöße, die jemanden dazu bringen, einen Sachverhalt einmal aus völlig neuer Perspektive zu betrachten. Als sich am 16. Mai auf Einladung der Deutschen Fußball Liga DFL in der Veltins Arena auf Schalke die Behindertenfanbeauftragten der Bundesliga und 2. Bundesliga zu ihrer Vollversammlung trafen, nahmen Teilnehmer und Referenten nach einem gemeinsamen Tag viele solcher neuen Impulse mit nach Hause.

Mittelfristig sollen verbindliche Standards für alle 36 Clubs geschaffen werden

Das Aufgabenfeld der zumeist ehrenamtlich aktiven Behindertenfanbeauftragten umfasst ein breites Spektrum und ist äußerst anspruchsvoll. Sie sorgen dafür, dass Rollstuhlfahrer, Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose und Menschen mit anderen Behinderungen die Faszination Bundesliga in gleichem Maße erleben können wie der nichtbehinderte Stadionbesucher.

So unterschiedlich wie ihre Besucher sind auch die Arbeitsbedingungen der Behindertenfanbeauftragten. "Wir möchten mittelfristig einen verbindlichen Standard für die Behindertenbetreuung der 36 Clubs der Bundesligen schaffen", erklärt Thomas Schneider, Leiter Fanangelegenheiten der DFL, eines der wichtigsten Ziele für die Zukunft. Ein Baustein wird auch der Aspekt "Sicherheit" sein. Im Glückauf-Club der Veltins Arena erläutert der Schalker Sicherheitsbeauftragte Volker Fürderer den Spieltags-Ablauf und das Sicherheitskonzept der Arena.

Schon zu Beginn seines Vortrages wird deutlich, dass dieser Termin für ihn etwas ganz besonderes ist. "Muss ich langsamer sprechen? Ich habe das noch nie gemacht", fragte er etwas unsicher die beiden Gebärdendolmetscher, die während der gesamten Veranstaltung für die gehörlosen Teilnehmer im Einsatz waren. "Nicht nötig", so die Antwort der professionellen Dolmetscher. Während Fürderer darlegt, wie bei Bundesliga-Spielen die Sicherheit aller Stadionbesucher gewährleistet wird, übersetzen die Gebärdendolmetscher im Stakkato-Takt.

Holger Jegminat legt den Finger in die Wunde

So kann Holger Jegminat, gehörloser Behindertenfanbeauftragter des Hamburger SV, problemlos dem Vortrag folgen. Jegminat legt auch anschließend den Finger in die Wunde und will von Fürderer wissen, wie gehörlose Menschen im Notfall die nötigen Informationen erhalten. Durchsagen über die Lautsprecheranlagen seien da schließlich völlig ungeeignet. "Da werden wir uns Gedanken machen und eine Lösung finden", verspricht Fürderer, dem man anmerkt, dass es ihm ernst damit ist. Aus diesem Blickwinkel hatte er das Thema Sicherheit noch nicht betrachtet. Als er sich verabschiedete, bedankte er sich ausdrücklich bei Holger Jegminat für seine berechtigten Einwände.

Ein weiterer Referent ist Jonas Deister der Berliner "Sozialhelden e.V.". Deister stellt einige Projekte vor, darunter auch das Internetportal Leidmedien.de, das dabei hilft, im Umgang mit behinderten Menschen die richtigen Worte zu finden. Anschaulich und mit viel Witz wird erklärt, warum Sätze wie "trotz ihrer Behinderung lächelt Sie oft" oder "er ist an den Rollstuhl gefesselt" zwar vielleicht gut gemeint, aber nicht gut gewählt sind. Auf der Seite finden sich auch Tipps für Journalisten, wie sie es in Zukunft besser machen können.

In Arbeitsgruppen werden verschiedene Themen detailliert besprochen

Nach dem Mittagessen mit Blick auf das Spielfeld der Veltins Arena teilen sich die Teilnehmer in vier Arbeitsgruppen auf, in denen verschiedene Themen rund um die Behindertenbetreuung in den Bundesligen detailliert besprochen werden. Die Ergebnisse werden anschließend im Plenum vorgestellt und diskutiert. Alle Anwesenden sind leidenschaftlich bei der Sache und die Zeit verfliegt im Handumdrehen. Viele Teilnehmer werden mit neuen Ideen in ihre Heimatclubs zurückkehren.

"Das ist eine tolle Truppe. Ich bin von ihrer Arbeit zu 100 Prozent überzeugt", zieht Thomas Schneider ein positives Fazit. Es soll nicht viel Zeit bis zum nächsten Wiedersehen vergehen. Auch dann werden wieder zwei Dolmetscher im Raum sitzen, die jedes gesprochene Wort blitzschnell in Gebärdensprache übersetzen, damit alle in gleicher Weise dem Seminar folgen können. Holger Jegminat wird dann wieder in der ersten Reihe sitzen und sicherlich auch wieder den einen oder anderen Denkanstoß geben.

Florian Reinecke