Das große Manko gegen Bremen: Borussia Dortmund, hier Robert Lewandowski, lässt einfach zu viele Chancen liegen
Das große Manko gegen Bremen: Borussia Dortmund, hier Robert Lewandowski, lässt einfach zu viele Chancen liegen

Vollgas-BVB: Nur im Abschluss hakt's

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Dortmund - Es gibt Probleme, mit denen setzt man sich in gewissen Situationen gerne auseinander. Jürgen Klopp hat zurzeit ein solches: Seine Mannschaft spielt gnadenlos offensiv, bringt aber den Ball viel zu selten über die Linie, wie beim . "Die Chancenverwertung ist ein Thema, an dem ich nach diesem Ergebnis gerne mit der Mannschaft arbeite", nimmt es der Trainer mit der Tabellenführung im Rücken ganz gelassen.

32 Dortmunder Torschüsse

Neun Punkte aus drei Spielen - eine Startbilanz, die für Dortmund in der Vergangenheit immer zwingend den Gewinn der Deutschen Meisterschaft zur Folge hatte. 1994/95 war das so, 2001/2002 ebenfalls. Klopp jetzt allerdings auf die Schale anzusprechen, macht nicht wirklich Sinn. Vom Chefcoach dazu ein Statement zu bekommen, ist quasi aussichtslos. Also ungefähr so, als wenn die Dortmunder Gegner zurzeit versuchten, den BVB von ihrem Tor fernzuhalten.



Werder kann das nur allzu gut bestätigen. 32 Mal schossen die Dortmunder auf das Bremer Gehäuse und stellten damit einen neuen Rekord in der Ära Klopp auf. Dabei war der Trainer noch nicht einmal mit den kompletten 90 Minuten zufrieden. "In der zweiten Halbzeit haben wir es richtig durchgezogen. Da war unser Gegenpressing stark, da haben wir Gas gegeben", analysierte Klopp. Schnell und dynamisch habe seine Mannschaft zwar auch in Durchgang eins schon spielen wollen, doch das sei zunächst eher in Hektik ausgeartet. "Und zwischendurch ist uns dann die Galligkeit verloren gegangen."

Das sind Sorgen, die manch anderer Übungsleiter gerne haben möchte. Denn tatsächlich dominierte der BVB das Spiel über die gesamte Spielzeit und präsentierte sich am 3. Spieltag der Saison schon wieder in hervorragender Offensivform. Vieles im schwarz-gelben Kombinationsspiel passt bereits gut zusammen. Aggressives Pressing, der direkte Weg in den gegnerischen Strafraum, schnelle Flügelwechsel, Ideen und Spielwitz - all das erzeugt permanenten Druck auf den Gegner.

Reus brilliert, Mkhitaryan braucht Zeit



Dazu kam gegen Bremen ein Marco Reus in Spiellaune. Der Nationalspieler wieselte durch die gegnerischen Reihen, bereitete sieben Torschüsse vor und zog selbst achtmal ab - Bestwert in diesem Spiel. Bei Henrikh Mkhitaryan ist hingegen nach wie vor Luft nach oben. Gegen Bremen stieß der Neuzugang oft in die Spitze neben Robert Lewandowski vor, grätschte aber auch in der gegnerischen Hälfte hinter den Bällen her. Das hinterlässt Eindruck bei Trainer und Team, doch als Spielgestalter fehlt Mkhitaryan noch die richtige Bindung zum Spiel. Hat er die Laufwege der Mitspieler mehr verinnerlicht, könnte der BVB für noch mehr Offensivspektakel sorgen.

Insgesamt übte der BVB aber gegen das Bremer Abwehrbollwerk viel Druck aus. Es scheint, als habe sich die Mannschaft darauf eingestellt, im heimischen Stadion auf einen streng defensiv ausgerichteten Gegner zu treffen. Das war auch gegen Braunschweig bereits so, doch dieses Mal waren die Aktionen der Borussia schon zwingender und druckvoller. "Es wird öfter vorkommen, dass sich der Gegner hinten reinstellt", ahnt Kapitän Sebastian Kehl. "Wenn wir aber weiter so dominant spielen und zugleich so konsequent verteidigen, wird uns zu Hause nicht viel passieren. Wir könnten solche Spiele allerdings früher ruhiger gestalten, wenn wir unsere Chancen nutzen."

"Hätten in diesem Spiel drei oder vier Tore schießen müssen"



Damit spricht Kehl ein altbekanntes Problem der letzten Jahre an, das in dieser Saison zuvor auch schon in Wilhelmshaven oder gegen Braunschweig sichtbar wurde: Den Angriffen des BVB fehlt es an der entsprechenden Effizienz. Ein Treffer bei 32 Torschüssen ist noch nicht meisterlich. Allerdings gehen die Spiele durchaus selbstkritisch damit um.

"Da müssen wir mehr draus machen, ich hätte ja alleine sechs Tore machen können", meinte Reus. Auch Torschütze Lewandowski legte im Interview den Finger in die Wunde: "Wir müssen im Abschluss konsequenter sein. Wir hätten in diesem Spiel drei oder vier Tore schießen müssen. Manchmal hat der letzte Pass gefehlt oder war zu genau."

Klopp: Nachhilfe in Sachen Effizienz



Natürlich war auch etwas Pech im Spiel wie beim Lattenkracher von Jakub Blaszczykowski oder beim Kopfball von Neven Subotic, den Werder von der Linie kratzte. Aber gerade nach der Führung spielte der BVB seine Konter nicht konsequent zu Ende und machte es so bis zum Schluss unnötig spannend. "Dass wir keinen nachlegen, ist auf jeden Fall ein Kritikpunkt", wollte auch Nuri Sahin nicht verhehlen. Trotzdem sieht er in der Entwicklung der Borussia einen großen Schritt: "Wir sind ruhig geblieben. Wir sind nicht früh in Führung gegangen, früher hätten wir dann den Faden verloren. Aber jetzt sind wir ruhig geblieben, haben weitergemacht und wurden dafür belohnt."

Und genau darum sieht eben auch Jürgen Klopp die Probleme beim Torabschluss noch ganz entspannt. Das Punktekonto stimmt, am Rest lässt sich arbeiten. "Wir werden mal sehen, ob wir den Jungs da in den nächsten Tagen ein bisschen helfen können", hat der Trainer angekündigt. Zeit dazu gibt es durchaus - der BVB ist erst am kommenden Sonntag bei Eintracht Frankfurt wieder gefordert.

Aus Dortmund berichtet Dietmar Nolte